Politik

Internationale Medien zollen Putin wegen Einsatz gegen IS Respekt

Lesezeit: 3 min
20.11.2015 00:21
Die internationalen Zeitungen zollen dem russischen Einsatz gegen die Terror-Miliz IS durchweg Respekt. Sogar die deutschen Medien, die Wladimir Putin bisher vor allem kritisiert hatten, signalisieren eine gewisse Neubewertung.
Internationale Medien zollen Putin wegen Einsatz gegen IS Respekt

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

«Magyar Nemzet» (Budapest):

«Auf durchdachte, besonnene, zugleich aber auch an Ressourcen nicht sparende und entschlossene Weise muss jetzt überall in Syrien, im Irak und Libyen gegen die vom IS okkupierten Gebiete und Hochburgen vorgegangen werden. Der amöbenartigen Terrormiliz darf kein Hinterland gelassen werden (...) Europa darf dabei nur solche Akteure unterstützen, die das Potenzial haben, (auf den betreffenden Gebieten) eine akzeptable Staatlichkeit wiederherzustellen. Der Gedanke, dass man mit irgendwelchen fälschlicherweise als "gemäßigt" bezeichneten extremistischen Gruppen eine Demokratie schaffen könnte, ist zu verwerfen. Die Illusion, dass nur die USA, die diese Gruppen protegieren, und ihre regionalen Vasallen nützliche Partner sein können, ist zu begraben. Vielmehr muss man - und jetzt bitte tief durchatmen! - die Türkei, den Iran und Russland als Partner zu gewinnen suchen.»

«Moskowski Komsomolez» (Moskau):

«Schon seit zwei Jahrzehnten ist der Terror praktisch ein Bestandteil des alltäglichen Lebens. Und er hat beweisen, dass er den Lauf der Geschichte ändern kann. Längst ist klar, dass die Behauptung, dass Extremisten leicht zu besiegen seien, ein Selbstbetrug ist. Jetzt ist die Zeit gekommen, mit diesen Märchen Schluss zu machen und ernsthaft darüber nachzudenken, wie die Welt vor diesem Wahnsinn besser geschützt werden kann - ohne die eigene Freiheit aufzugeben. Auch wenn die Versuchung aus verständlichen Gründen groß ist, Verluste zu dramatisieren und jeden Angriff als historische Wende darzustellen: Der Kampf gegen den Terror braucht vor allem Rationalität.»

«Nowaja Gaseta» (Moskau):

«Wenn es die Tragödie von Paris nicht gegeben hätte, hätten uns die Behörden wahrscheinlich noch länger an der Nase herumgeführt. Jetzt war die Situation günstig, einen Terroranschlag einzugestehen, weil niemand mehr den Absturz des Flugzeugs mit dem Vorgehen russischer Streitkräfte in Syrien und deren Folgen verbindet. Auch im Kontext der G20-Agenda macht die verspätete Einstufung als Terroropfer Russland automatisch zu einem der westlichen, zivilisierten Länder und Mitstreiter, die in gemeinsamer Front gegen die neue Barbarei vorgehen. Wer wird es noch wagen, unsere Außenpolitik zu kritisieren, wenn wir doch gegen den Islamischen Staat kämpfen?»

«Le Monde» (Paris):

«Mit Russland gegen den Islamischen Staat (IS) vorzugehen, bietet Frankreich bessere Chancen auf einen wirksamen Kampf gegen diesen Feind, der jetzt klar als Priorität identifiziert wurde. (Präsident) François Hollande hat auf die Vernunft und die Argumente derjenigen gehört, die für diese Wende plädiert haben – und das sind nicht nur französische Bewunderer des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Das Schicksal des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad, das Russen und Westler spaltet, wird Thema dieser "großen Koalition" sein, sollte sie jemals zustande kommen. Dabei sollte der Westen als Gegenleistung für russische Unterstützung gegen (die Terrormiliz) IS keinesfalls seine Grundsätze opfern, die seine Unterstützung für die Ukraine begründet haben.»

«Nordwest-Zeitung» (Oldenburg):

Frankreichs Präsident François Hollande braucht in Syrien militärische Hilfe. Bei den EU-Partnern wie bei den USA ist die Bereitschaft dazu begrenzt. Russland hingegen ist bereits mit vollem Einsatz in den glühenden Hexenkessel Syrien gesprungen. Es ist daher nur logisch, dass die Generalstäbe in Moskau und Paris engeren Kontakt suchen. Zu hoffen steht, dass nun auch andere Mächte zur Realpolitik zurückkehren, denn ohne Moskau wird es schlicht keine Lösungen für Syrien geben. Dabei ist das «Wie» eine Frage von Verhandlungen und Preisen. Wladimir Putin pflegt nämlich keine Liebesbeziehung mit dem syrischen Präsidenten Assad. Im Zweifel, wenn der Preis stimmt, wird er ihn eiskalt fallen lassen.

«Sächsische Zeitung» (Dresden):

Wladimir Putin darf sicher sein, leistet er seinen Teil in Syrien, wird man ihn auch aus der Isolation entlassen. Ukraine hin oder her. Putins Versteher im Westen stehen schon in Klatschpose bereit. Am Ende wird ihm noch die Rettung der abendländischen Zivilisation gutgeschrieben, was bislang nur die Putin-Schmeichlerchöre im Kreml wagten. Dies bedeutet jedoch, Russland wird über Assad nicht mehr verhandeln.

«Stuttgarter Zeitung»:

Russland scheint bereit, andere Risiken einzugehen. Die Anzeichen dafür, dass der Kreml auch Bodentruppen nach Syrien schickt, nehmen zu. Das ist militärisch riskant und politisch gefährlich. Wenn sich Putin gleichwohl dazu entschließt, dann macht er das sicher nicht, um für den Westen die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Der Verbleib des Verbündeten Assad im Präsidentenamt ist auch kein ausreichender Grund, im Vergleich mit dem Risiko, dass Bilder mit den Särgen gefallener Soldaten in Russland gesendet werden. Wenn Putin dieses Risiko eingeht, dann wird er dafür eine Gegenleistung verlangen - das Ende der Sanktionen. Der neue Bündnispartner Frankreich gehört zu den europäischen Ländern, die diesem Ansinnen am Offensten gegenüberstehen.

«Frankfurter Allgemeine Zeitung»:

Es sind in den vergangenen Tagen viele Appelle ergangen, international die Reihen im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus zu schließen. Das ist im Prinzip nicht unmöglich, schließlich sind die Bürger vieler Länder Opfer dieser Gewalt geworden. Aber diese gemeinsame Erfahrung reicht offenbar noch nicht, sich gegen geopolitische Interessen und politische Überzeugungen durchzusetzen. Frankreich und Russland nähern sich zwar einander an und koordinieren schon ihre Militäreinsätze gegen den IS. Aber der militärischen Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten und Russland steht vor allem der Diktator Assad im Wege (...). Eine Zukunft mit Assad kann es für Syrien nicht geben. Ein Syrien, in dem der Tumor des IS wuchert, dessen Metastasen bis nach Europa reichen, hat allerdings auch keine.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Trotz Exportbeschränkungen: Deutsche Exporte in den Iran gestiegen
19.04.2024

Deutsche Exporte in den Iran trotzen geopolitischen Spannungen: Anstieg trotz EU- und US-Sanktionen. Welche Kritikpunkte gibt es in diesem...

DWN
Immobilien
Immobilien Wie viel Immobilie kann ich mir 2024 leisten?
18.04.2024

Wie günstig ist die aktuelle Marktsituation für den Erwerb einer Immobilie? Auf welche Haupt-Faktoren sollten Kaufinteressenten momentan...

DWN
Politik
Politik G7-Gipfel auf Capri: Militärische Signale für Ukraine und Nahost
18.04.2024

Inmitten eskalierender Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten kommen die G7-Außenminister auf Capri zusammen, um gemeinsam Strategien...

DWN
Politik
Politik Russische Agenten in Bayern festgenommen: Sabotagepläne aufgedeckt
18.04.2024

Zwei Russland-Deutsche sollen für einen russischen Geheimdienst spioniert haben. Einer der beiden soll sich auch zur Durchführung von...

DWN
Politik
Politik Kampf am Himmel: Ukrainische Verteidiger unter Druck
18.04.2024

Die militärische Lage der Ukraine verschlechtert sich weiter. Es fehlen Mittel, Soldaten und Luftabwehrsysteme, um sich gegen neue...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Halving: Die nächste Evolutionsstufe im digitalen Geldsystem
18.04.2024

Am 20. April 2024 ist es wieder soweit: Das nächste Halving steht vor der Tür. Doch um was geht es bei diesem Event, auf das die...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Wirtschaftsstandort Deutschland: 7 Maßnahmen, die den Wohlstand sichern
18.04.2024

Kein Wirtschaftswachstum, Fachkräftemangel, Bürokratie und hohe Energiekosten: Die deutsche Wirtschaft hat viele Baustellen. Im aktuellen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bosch verhandelt über Stellenabbau: Fokus auf Alternativen und Standortsicherung
18.04.2024

Bosch will massiv Stellen streichen, um im internationalen Wettbewerb nicht ins Hintertreffen zu geraten. Dagegen gingen zuletzt Tausende...