Nach den Anschlägen von Paris hat Frankreichs Ministerpräsident Manuel Valls an Europa appelliert, umgehend den Aufnahme-Stopp von Flüchtlingen aus dem Nahen Osten einzuleiten. „Wir können nicht noch mehr Flüchtlinge in Europa aufnehmen – das ist nicht möglich,“ sagte der sozialistische Politiker in einem Gespräch mit mehreren ausländischen Zeitungen laut Reuters. Die Kontrolle von Europas Grenzen entscheide über das Schicksal der Europäischen Union: „Wenn wir das nicht tun, dann werden die Völker sagen: Schluss mit Europa!“
Valls bezog sich mit seinen Äußerungen auf Erkenntnisse der Ermittler, dass mindestens zwei der Attentäter vom 13. November getarnt als Flüchtlinge über Griechenland und Serbien nach Westeuropa gereist waren. Statt weiterhin Tausende von Migranten unkontrolliert nach Europa zu lassen, müsse Europa mit Syriens Nachbarstaaten Türkei, Libanon und Jordanien Lösungen finden, dort mehr Flüchtlinge aufzunehmen und zu erfassen. „Sonst stellt Europa seine Fähigkeit in Frage, seine Grenzen wirksam zu kontrollieren“, sagte Valls.
Zuletzt hatte Bayern festgestellt, dass ein Pariser Terrorist in Bayern als Flüchtling registriert worden war. Auch Bayern fordert von Merkel seit Monaten eine bessere Kontrolle der Flüchtlinge und eine Obergrenze, allerdings bisher vergeblich. Auf dem CSU-Parteitag kam es deshalb sogar zu einem offenen Eklat.
Andere Länder reagieren dagegen, und zwar ebenfalls wegen Sicherheitsbedenken: Kanada will die versprochenen 25.000 syrischen Flüchtlinge später als geplant aufnehmen. Der Aufnahme-Stopp solle nun statt am 1. Januar erst Ende Februar sein, sagte Einwanderungsminister John McCallum am Dienstag (Ortszeit). Aus Logistik- und Sicherheitsgründen sei es nötig, sich mehr Zeit zu nehmen. Bis Ende Dezember sollen demnach die ersten 10.000 syrischen Flüchtlinge aus Lagern in Jordanien, dem Libanon und der Türkei abgeholt werden. Nach den Anschlägen in Paris mit 130 Toten, zu denen sich die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) bekannt hatte, war die Kritik an der Entscheidung der Regierung in Ottawa lauter geworden.
Jüngsten Umfragen zufolge sind 54 Prozent der Kanadier für eine Sicherheitsüberprüfung der Flüchtlinge, bevor sie aufgenommen werden. Kanada will vor allem Familien aufnehmen – alleinreisende Männer nur dann, wenn sie als Schwule einen besonderen Schutz benötigen.
Kanadas neuer Regierungschef Justin Trudeau hatte die Aufnahme der 25.000 Flüchtlinge im Wahlkampf versprochen. Bei der Parlamentswahl am 19. Oktober hatten seine Liberalen die absolute Mehrheit erzielt, Trudeaus konservativer Vorgänger Stephen Harper wurde nach neun Jahren abgewählt. Im Wahlkampf hatte Trudeau auch den Abzug der Kampfjets aus Syrien und dem Irak zugesagt, die Kanada zur Unterstützung der Luftangriffe einer US-geführten Militärallianz gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) entsandt hatte.