Die republikanische Abgeordnete Michele Fiore aus Nevada hat auf Facebook eine Weihnachtskarte verschickt, die ihre ganze Familie unter Waffen zeigt. Zwar ist nicht klar, ob es sich wirklich um ihre eigene Familie handelt, weil sich Karte eher wie ein Auszug aus dem Waffenkatalog liest. Links oben stehen, statt der Legende für die Namen, die Waffen-Typen, die die Familien präsentiert.
Fiore ist eine der energischsten Verfechterin des Rechts der Amerikaner auf privaten Waffengebrauch. In Amerika kann man, wie man bei dem Massaker gesehen hat, auch militärische Schusswaffen legal erwerben. Die Befürworter eines liberalen Waffenrechts vertreten die Position, dass jeder Amerikaner das Recht habe, sich selbst zu verteidigen. Viele von ihnen stehen dem Staat misstrauisch gegenüber und vermuten hinter der leidenschaftlichen Forderung strengerer Waffengesetze den Versuch, die Bürger besser unter Kontrolle zu bringen.
Nach dem Massaker von San Bernardino hat der öffentliche Druck auf die Waffenbesitzer zugenommen. In ihrem ersten Leitartikel auf der Titelseite seit fast 100 Jahren fordert die New York Times nach dem Massaker von San Bernardino eine Verschärfung der US-Waffengesetze. Die Schusswaffen-Epidemie in Amerika müsse beendet werden, heißt es in dem am Samstag veröffentlichten Meinungsbeitrag. Es sei eine "nationale Schande", dass Zivilisten legal Waffen kaufen dürften, die dazu gemacht seien, "Menschen mit brutaler Geschwindigkeit und Effizienz umzubringen". Es müsse verboten werden, dass Zivilisten bestimmte Waffen, wie etwa die Sturmgewehre, die in Kalifornien zum Einsatz gekommen seien, erwerben könnten.
Die New York Times kritisierte, dass gewählte Politiker für die Opfer von Waffengewalt beteten, nur um anschließend die "einfachsten Einschränkungen für Massentötungswaffen" abzulehnen. So hätten sie auch nach dem Vorfall in San Bernardino umgehend ablenkend auf Terrorismus verwiesen. Dabei müsse klar sein: „Diese Amokläufe sind alle, auf ihre eigene Weise, Akte des Terrors.“
Zuletzt hatte die NYT1920 auf Seite eins einen Leitartikel veröffentlicht. Damals äußerte sie sich bestürzt über die Nominierung von Warren G. Harding zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner. Harding gewann noch im selben Jahr die Wahl.
Auch US-Präsident Barack Obama forderte nach dem Attentat erneut eine Verschärfung der Waffengesetze. Die Attentäter in San Bernardino hätten Sturmgewehre wie beim Militär, also "Kriegswaffen" verwendet, "um so viele Menschen wie möglich zu töten", kritisierte der Präsident.
Das Attentat sei also eine weitere "tragische Erinnerung" daran, "dass es hier in Amerika für gefährliche Leute viel zu einfach ist, an Waffen zu kommen", erklärte Obama. Sogar Menschen, die auf einer Flugverbotsliste stünden, könnten einfach "in einen Laden gehen und eine Waffe kaufen". "Das ist wahnsinnig", sagte Obama. "Wenn jemand zu gefährlich ist, um in ein Flugzeug zu steigen, ist er definitionsgemäß auch zu gefährlich, um eine Waffe zu kaufen."
Obama war in der Vergangenheit immer wieder mit Initiativen für schärfere Waffengesetze im Kongress gescheitert, wo vor allem die Republikaner nicht am in der US-Verfassung verankerten Recht auf Waffenbesitz rütteln wollen.
Die konkrete Aufklärung des Massakers verläuft dagegen äußerst seltsam: Am Freitag haben sich Dutzende Journalisten auf eigene Faust die Wohnung der mutmaßlichen Killer von San Bernardino durchwühlt. Das FBI hatte die Wohnung an die Vermieter ohne ausreichende Sicherung zurückgegeben.
Das Bild in der US-Öffentlichkeit, das sich in den vergangenen Tagen verfestigt hat: Es handelt sich bei den Mördern um islamistische Terroristen. Wirklich handfeste Belege für diese Hypothese liegen nicht vor.