Politik

USA und EU beunruhigt über Hinrichtungen in Saudi-Arabien

Lesezeit: 2 min
03.01.2016 01:10
Aus Washington und Brüssel kommen besorgte Kommentare zu den Massen-Hinrichtungen in Saudi-Arabien. Die USA und die EU sind eng mit den Saudis verbündet. Sie fürchten offenbar, dass Saudi-Arabien zerfallen könnte.
USA und EU beunruhigt über Hinrichtungen in Saudi-Arabien
US-Präsident Barack Obama mit dem saudischen König Salman bin Abdul Aziz, Januar 2015 in Riad. (Foto: EPA/SAUDI PRESS AGENCY)

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Werbung+++

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Nach der Hinrichtung eines schiitischen Geistlichen und 46 weiterer Menschen in Saudi-Arabien haben die USA das sunnitische Königshaus in Riad vor einer Verschärfung der Spannungen in der Region gewarnt. Die Hinrichtungen und die Anti-Regierungsproteste als Reaktion auf die Exekutionen könnten die "konfessionellen Spannungen verschärfen", sagte der Sprecher des Außenministeriums in Washington, John Kirby, am Samstag.

Kirby forderte Riad zudem auf, die Menschenrechte "zu achten und zu schützen". Riad müsse friedliche Kritik an der Regierung zulassen und mit allen Anführern gesellschaftlicher Gruppen zusammenarbeiten, um die Spannungen nach den Hinrichtungen anzubauen", sagte Kirby. Im islamistischen Königreich ist allerdings jede Kritik an den herrschenden Zuständen verboten. Die Menschenrechte gelten wegen der theokratischen Verfassung nur sehr eingeschränkt.

Die Einführung der Meinungsfreiheit dürfte auch nicht das Hauptanliegen der US-Regierung sein: Die Amerikaner fürchten vielmehr um die Stabilität beim engsten Verbündeten in der Region. Der frühere irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki sagte den Sturz der Regierung in Saudi-Arabien wegen der Hinrichtung Nimrs voraus. So wie das Verbrechen der Exekution des schiitischen Geistlichen Mohammed Bakir al Sadr das Ende von Saddam Hussein im Irak herbeigeführt habe, werde auch die Hinrichtung von Scheich Nimr den Sturz des Regimes in Saudi-Arabien zur Folge haben, sagte al-Maliki.

Der schiitische Geistliche Scheich Nimr Baker al-Nimr und 46 weitere Menschen waren am Samstag hingerichtet worden. Die Exekution von al-Nimr rief am Samstag heftigen Protest aus Teheran und von Schiiten-Politikern in Bagdad hervor. Auch in Teheran und in Bahrain kam es zu Ausschreitungen.

Der 56-jährige al-Nimr war ein entschiedener Gegner des sunnitischen Königshauses in Riad. Er hatte während der Proteste des Arabischen Frühlings 2011 die Abspaltung der östlichen Regionen Katif und Al-Ihsaa befürwortet, in denen die meisten der rund zwei Millionen Schiiten Saudi-Arabiens leben.

Bereits al-Nimrs Festnahme im Juli 2012 hatte Proteste der Schiiten ausgelöst, bei denen zwei seiner Anhänger getötet worden waren. Im Oktober 2014 wurde al-Nimr wegen Aufwiegelung, Ungehorsams und Waffenbesitzes von einem Sondertribunal zum Tode verurteilt. Ende Oktober 2015 wurde das Todesurteil vom Obersten Gerichtshof Saudi-Arabiens bestätigt.

Die EU-Außenbeauftragte, Federica Mogherini, hat vor den "gefährlichen Konsequenzen" der Hinrichtung eines prominenten schiitischen Geistlichen gewarnt. Die Spannungen zwischen den Religionsgruppen im Nahen Osten könnten weiter angeheizt werden, erklärte Mogherini am Samstag.

Mogherini bekräftigte die ablehnende Haltung der Europäischen Union (EU) zur Todesstrafe generell und erklärte, Nimrs Hinrichtung wecke ernste Bedenken hinsichtlich der Meinungsfreiheit und der Respektierung bürgerlicher und politischer Grundrechte in Saudi-Arabien. Es ist erstaunlich, dass die EU erst nach einer Massenhinrichtung zu der Erkenntnis gelangt, dass man wegen der Menschenrechte in Saudi-Arabien Bedenken haben müsse. Zahlreiche EU-Staaten sind große Waffen-Exporteure: Italien, Frankreich, Großbritannien und Tschechien zählen unter anderem zu den Profiteuren des völkerrechtswidrigen Kriegs der Saudis gegen Jemen. Die EU-Staaten haben sich nach Einschätzung eines von Amnesty und Saferworld bei Matrix Chambers in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten der Menschenrechtsverletzungen schuldig gemacht, weil die von ihnen gelieferten Waffen fortgesetzt auch gegen Zivilisten eingesetzt werden.

Für die Bundesregierung zeigte sich der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Strässer, am Samstag über Twitter "entsetzt durch Berichte über die jüngsten Exekutionen in Saudi-Arabien". Im Auswärtigen Amt hielt man sich eher bedeckt und ließ verlauten, die Hinrichtung Nimrs "verstärkt unsere bestehenden Sorgen über zunehmende Spannungen und sich vertiefende Gräben in der Region".


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Politik
Politik Mindestlohn: Neues Streitthema köchelt seit dem Tag der Arbeit
04.05.2024

Im Oktober 2022 wurde das gesetzliche Lohn-Minimum auf zwölf Euro die Stunde erhöht. Seit Jahresanfang liegt es bei 12,41 Euro, die von...

DWN
Technologie
Technologie Deutsches Start-up startet erfolgreich Rakete
04.05.2024

Ein deutsches Start-up hat eine Rakete von zwölf Metern Länge entwickelt, die kürzlich in Australien getestet wurde. Seit Jahrzehnten...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Robert Habeck sollte endlich die Kehrtwende vollziehen - im Heizungskeller Deutschlands
03.05.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Finanzen
Finanzen Wirtschaftsstandort in der Kritik: Deutsche Ökonomen fordern Reformen
03.05.2024

Deutschlands Wirtschaftskraft schwächelt: Volkswirte geben alarmierend schlechte Noten. Erfahren Sie, welche Reformen jetzt dringend...

DWN
Politik
Politik Rheinmetall-Chef: Deutschland muss Militärausgaben um 30 Milliarden Euro erhöhen
03.05.2024

Armin Papperger, der CEO von Rheinmetall, drängt darauf, dass Deutschland seine Militärausgaben um mindestens 30 Milliarden Euro pro Jahr...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Indische Arbeitskräfte im Fokus: Deutschland öffnet die Türen für Fachkräfte
03.05.2024

Die Bundesregierung strebt an, einen bedeutenden Anteil der indischen Bevölkerung nach Deutschland zu holen, um hier zu arbeiten. Viele...

DWN
Finanzen
Finanzen Wie lege ich mein Geld an – wichtige Tipps für Anfänger
03.05.2024

Die Tipps zur Geldanlage können wirklich spannend sein, besonders wenn es darum geht, die eigenen finanziellen Ziele zu erreichen und eine...

DWN
Politik
Politik Die Bundesregierung macht Russland für den Cyberangriff auf SPD verantwortlich
03.05.2024

Im Januar des Vorjahres wurden die E-Mail-Konten der SPD von Hackern attackiert. Die Bundesregierung gibt nun "eindeutig" Russland die...