Finanzen

Crash in China: Europas Börsen stürzen ab

Die Turbulenzen am chinesischen Aktienmarkt haben am Donnerstagvormittag zu erheblichen Kursverlusten an den europäischen Börsen geführt. Der deutsche Leitindex DAX verlor in der Spitze fast vier Prozent und sank deutlich unter 10.000 Punkte ab. Inzwischen kündigte China an, die automatische Aussetzung des Handels ab morgen nicht mehr anzuwenden.
07.01.2016 12:39
Lesezeit: 2 min
Crash in China: Europas Börsen stürzen ab
Die Aktie von Daimler reagierte auf die Abbrüche des chinesischen Handels am Montag und am Donnerstag jeweils mit starken Einbrüchen. (Grafik: ariva.de)

Der Abwärtsstrudel der Aktienkurse in China hat den Deutschen Aktienindex (Dax) erneut mitgerissenen. Am Donnerstagvormittag fiel der Leitindex an der Börse in Frankfurt am Main erstmals seit Oktober 2015 wieder unter die Marke von 10.000 Punkten. Von 10.214 Punkten am Vortag sank der Dax bis auf 9810 Punkte und verlor damit in der Spitze fast vier Prozent. Aus dem Handel ging er schließlich mit 9980 Punkten und Verlusten von 2,3 Prozent. Auch andere europäische Handelsplätze verbuchten deutliche Abgaben. Besonders hart traf es die deutschen Autobauer, für die China ein extrem wichtiger Absatzmarkt ist: BMW, Volkswagen und Daimler verloren alle zeitweise um rund fünf Prozent und lagen zu Handelsschluss alle rund 3 Prozent tiefer.

Auch an anderen europäischen Handelsplätzen rauschten die Kurse nach unten: Der britische Leitindex FTSE 100 verlor zeitweise rund 2,8 Prozent und ging schließlich mit einem Minus von knapp 2 Prozent aus dem Handel. Sein französisches Pendant, der CAC 40, verlor im Handelsverlauf bis zu drei Prozent und büßte zuletzt 1,7 Prozent ein. Über drei Prozent gaben auch die Börsen in Mailand und Madrid zwischenzeitlich nach. In Oslo und Helsinki ging es für die wichtigsten Indizes zeitweise um rund vier Prozent abwärts. Zuvor hatte der Nikkei in Japan mit einem Minus von 2,3 Prozent geschlossen und war unter die Marke von 17.800 Punkte gerutscht. Auch die Börsen in der Golfregion gerieten unter Druck. Ihnen machte neben dem chinesischen Kursrutsch  auch der Ölpreis zu schaffen, der am Donnerstagmorgen in New York auf den tiefsten Stand seit zwölf Jahren fiel: Der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Sorte WTI kostete 32,10 Dollar.

Inzwischen gaben die Börsen in Schanghai und Shenzhen bekannt, dass die automatische Aussetzung des Handels bei starken Kursverlusten ab morgigen Freitag ausgesetzt werden soll, wie Reuters meldet. Robert Halver, Leiter der Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank, sieht darin den Versuch der Regierung, Normalität am Aktienmarkt herzustellen beziehungsweise diese zu simulieren. Gegenüber den Deutschen Wirtschafts Nachrichten äußerte er die Vermutung, dass große Banken und Staatsfonds bereitstehen könnten, um morgen einen massiven Abverkauf der Aktionäre durch Käufe zu neutralisieren. Anleger sollten den chinesischen Aktienmarkt nicht meiden, sondern stattdessen die Entwicklung der kommenden Tage abwarten.

Bereits am Montag hatte China seine Währung abgewertet und den Börsenhandel nach massiven Kursverlusten ausgesetzt. Dies löste weltweit Börsenturbulenzen aus. Am Dienstag dann pumpte die chinesische Zentralbank eine Milliarden-Finanzspritze in den Markt, die eigentlich den Kursverfall stoppen sollte. Der Dax war bereits zum Jahresstart am Montag aufgrund der Turbulenzen in China erheblich unter Druck geraten und hatte deutlich mehr als vier Prozent verloren. Am Dienstag erholten sich die Werte der 30 Konzerne wieder etwas, ehe sie am Mittwoch erneut fast ein Prozent nachgaben.

Hintergrund des Kursrutsches in China sind Zweifel an der Entwicklung der chinesischen Volkswirtschaft. Zudem werden die Anleger dadurch verunsichert, dass bestimmte Stützungsmaßnahmen für den chinesischen Aktienmarkt bald auslaufen sollen. Seit Juli ist es Anteilseignern, die mehr als fünf Prozent eines Unternehmens besitzen, verboten, ihre Aktien zu verkaufen. Dieses Verbot sollte am Freitag enden, wurde aber in geänderte Form verlängert. Die kurz nacheinander erfolgten Schritte, mit denen die chinesische Zentralbank den Yuan abwertete, geben Anlegern inzwischen Anlaß zu Spekulationen: „Die Frage drängt sich auf, warum sie es damit so eilig hat“, sagte Jochen Stanzl, Analyst des Online-Brokers CMC Markets. „Die Regierung könnte etwas wissen,

Die chinesische Börsenaufsicht gab am Donnerstag neuen Regeln bekannt: Großaktionäre dürfen künftig nur alle drei Monate maximal ein Prozent ihrer Anteile an einem Unternehmen verkaufen. Die Verkäufe müssen sie zudem 14 Tage im Voraus ankündigen. Die Börsenaufsicht will damit eine mögliche Verkaufswelle im Keim ersticken, die erneut zu einem Börsenabsturz führen könnte, und die Märkte beruhigen. Inzwischen gaben die Börsen in Schanghai und Shenzhen bekannt, dass die automatische Aussetzung des Handels bei starken Kursverlusten ab morgigen Freitag ausgesetzt werden solle, wie Reuters meldete.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Schuldenbremse oder Schuldenlockerung? Wege aus der deutschen Haushaltskrise
19.01.2025

Die Schuldenbremse sorgt für hitzige Debatten in Deutschland. Mit 2,5 Billionen Euro Schulden und wachsenden finanziellen...

DWN
Panorama
Panorama Klima-Aktivisten „Letzte Generation“: Freispruch nach Farbattacke auf das Brandenburger Tor
19.01.2025

Im Fall der Farbattacke auf das Brandenburger Tor im November 2023 wurden zwei Aktivistinnen der Klimaschutzgruppe „Letzte Generation“...

DWN
Finanzen
Finanzen Bürgergeld: Warum die Kosten trotz Reform weiter explodieren
19.01.2025

Das Bürgergeld sollte mehr soziale Gerechtigkeit schaffen, doch zwei Jahre nach der Einführung steigen die Kosten und Empfängerzahlen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ausbildung in Deutschland: Unbesetzte Plätze und verpasste Chancen für Jugendliche
19.01.2025

Eine Studie zeigt, dass viele Jugendliche eine Ausbildung in Deutschland beginnen könnten, wenn sie mehr individuelle Unterstützung...

DWN
Panorama
Panorama Biodeutsch: Unwort des Jahres 2024 als Symbol für Alltagsrassismus
19.01.2025

Der Begriff "biodeutsch" wurde zum "Unwort des Jahres 2024" gekürt. Die Jury kritisierte die diskriminierende Verwendung des Begriffs, der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen CO2-Preis und steigende Personalkosten: So belasten sie deutsche Unternehmen im Jahr 2025
19.01.2025

Für viele Unternehmen wird 2025 zum Jahr der finanziellen Zerreißprobe – steigende Abgaben, höhere Energiekosten und neue gesetzliche...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Dunkelflaute Deutschland: Kein Wind, keine Sonne - kein Strom
18.01.2025

Dunkelflaute 2024: Am 6. November 2024 standen die Windräder still, nur wenige Sonnenstrahlen fanden ihren Weg durch den Nebel auf die...

DWN
Panorama
Panorama Tempolimit-Debatte: Emotionen sind nicht hilfreich - hier gibt's die Fakten!
18.01.2025

Deutschland ist das letzte große Autoland, in dem auf vielen Autobahnabschnitten noch freie Fahrt für freie Bürger gilt - ein besonderes...