Krisenstimmung schürt Angst vor einem Goldverbot 2025
Kaum steigt der Goldpreis, leuchten Alarmmeldungen auf: „Goldverbot kommt in 2025!“ „Ihre Barren sind in Gefahr - Kaufen Sie JETZT, bevor Sie enteignet werden!“ Düstere YouTube-Videos zeigen abgeriegelte Tresorräume, Newsletter zählen rückwärts zum angeblichen Stichtag. Ein Klick führt direkt zum Shop, der „solange es noch legal ist“ Barren verkauft.
Seit Russlands Überfall auf die Ukraine liegt die Weltwirtschaft im Stressmodus. Inflation, Rezessionsfurcht und geopolitische Spannungen schaffen den perfekten Nährboden für neue Verbotsgerüchte. Angst verkauft, besonders wenn sie sich auf historische Belege stützen lässt.
Alarmisten greifen vor allem zwei Beispiele auf: Roosevelt 1933 und Weimar 1923
Am 5. April 1933 unterzeichnete US-Präsident Franklin D. Roosevelt die Executive Order 6102: Amerikaner mussten Goldbarren und -münzen gegen Papierdollar tauschen, sonst drohten bis zu zehn Jahre Haft oder 10 000 US-Dollar Strafe. Deutschland erlebte 1923 ein ähnliches Dekret: Inmitten der Hyperinflation befahl die Reichsregierung die Ablieferung von Edelmetall. Schwarz- und Kapitalmarkt unterliefen das Dekret jedoch rasch.
Diese Eingriffe geschahen in einer völlig anderen Welt: Tiefe Weltwirtschaftskrise, akuter Staatsbankrott – und vor allem der Goldstandard, der jede Banknote an eine feste Goldmenge kettete. Ohne frisches Metall konnte kein neues Geld ausgegeben werden; also griff der Staat direkt nach dem Edelmetall. Heute existiert diese Zwangslogik nicht mehr. Die damaligen Erlasse sind daher dramatische Beispiele – taugen aber kaum als Beweis, dass morgen ein neues Goldverbot bevorsteht.
Der Blick ins Heute: Was Brüssel und Berlin wirklich beschlossen haben
Wer heute die offiziellen Register von Bundestag und EU-Kommission durchsucht, findet keine Hinweise, dass der private Goldbesitz in Gefahr ist. Tatsächlich existieren lediglich vier einschlägige Beschlüsse:
- EU-Sanktion gegen Russland: Das einzig harte Verbot betrifft Gold aus Russland. Seit 22. Juli 2022 untersagt Artikel 3o der VO (EU) 833/2014 den Import, Kauf oder Verkauf von Gold russischer Herkunft. Alle anderen Herkünfte bleiben frei.
- Europäische Geldwäscheverordnung (AMLR): Rat und Parlament erzielten am 18. Januar 2024 eine politische Einigung. Edelmetall- und Schmuckhändler gelten künftig als „obliged entities“ – also Unternehmen, die strenge Geldwäscheregeln befolgen müssen. Barkäufe über 10 000 Euro erfordern einen Ausweis; verdächtige Transaktionen sind zu melden. Ein Besitz- oder Handelsverbot taucht im Text nicht auf.
- Deutschlands 1.999-Euro-Schwelle: Schon seit 1. Januar 2020 begrenzt § 10 Abs. 6 Geldwäschegesetz anonyme Goldkäufe in bar auf 1 999,99 €. Wer mehr will, zeigt den Ausweis – das war’s. Der Vorgang hat mit Verbot nichts zu tun; er markiert lediglich das Ende anonymer „Tafelgeschäfte“ hoher Beträge.
- Das vielzitierte EU-Vermögensregister: Gedacht als EU-weite Datenbank, die nationale Register zu Immobilien, Depots & Co. zusammenfügt. Die Machbarkeitsstudie ist abgeschlossen; ein Gesetzesvorschlag fehlt. Ob physisches Gold erfasst würde, ist offen, mehrere Mitgliedstaaten haben Vorbehalte angemeldet.
Mehr Substanz gibt es nicht. Kein Gesetzentwurf, keine Verordnung, kein formaler Antrag verfolgt ein pauschales Goldverbot.
Und doch: Das Restrisiko der Extremkrise?
Ganz ausschließen lässt sich staatlicher Zugriff nie. Gerät ein Land in eine existenzielle Finanz- oder Verteidigungskrise, greift die Politik erfahrungsgemäß zu drastischen Mitteln, um Kapitalflucht zu stoppen – so erklärte beispielsweise Indien 2016 über Nacht seine größten Rupie-Scheine für wertlos. Auch wenn der digitale Euro kommt – und zudem strenge Bargeldobergrenzen eingeführt werden – könnte die Versuchung wachsen, andere ‚wertdichte‘ Zufluchtsorte wie Gold stärker zu reglementieren.
Doch solche Eingriffe stoßen rasch an harte Grenzen: Politisch toxisch, schwer zu kontrollieren, vor deutschen und EU-Gerichten anfechtbar – und mit hohen Folgekosten verbunden. So schützt Artikel 14 des Grundgesetzes das Eigentum: Enteignungen sind nur per Gesetz erlaubt und müssen vollständig entschädigt werden. Eine flächendeckende Goldabgabe würde daher Milliarden kosten – Geld, das der Staat erst auftreiben müsste. Zudem weiß niemand genau, wie viel Gold die Bürger überhaupt besitzen.
Zusätzliche EU-Bremsen für ein Goldverbot
Auch die EU setzt Hürden: Der freie Kapitalverkehr verlangt Einstimmigkeit aller 27 Mitgliedstaaten; ohne Einigkeit fliehen Barren schlicht in liberalere Nachbarländer.
Wirtschaftlich überzeugt ein Goldzugriff ebenfalls nicht. Haushaltslöcher stopft die Politik heute schneller mit Vermögens- oder Transaktionssteuern. Dazu kommt die Praxis: Ein 100-Gramm-Barren passt ins Handgepäck, eine Krügerrand in jede Manteltasche. Schon 1933 entzogen sich viele US-Bürger der Kontrolle – im Zeitalter günstiger Flüge und Online-Tauschbörsen wäre ein lückenloser Zugriff erst recht illusorisch.
Immobilien wären ein leichteres Ziel als Gold
In der Praxis stünden eher Immobilien als Gold im Visier. Grundstücke sind lückenlos im Grundbuch vermerkt, unbeweglich und stellen den größten Posten privaten Vermögens dar. Der Staat müsste lediglich auf vorhandene Register zugreifen, statt einzelne Barren aufzuspüren.
Deshalb halten viele Fachleute eine einmalige Zwangshypothek nach dem Vorbild des Lastenausgleichs von 1952 für wahrscheinlicher als eine flächendeckende Goldkonfiskation: Rechtlich genauso heikel, aber immer noch einfacher als der Griff nach den Barren im Tresor.
Warnung vor Goldverbot: Was Anleger jetzt tun sollten
Anleger sollten gelassen bleiben. Goldbesitz ist legal, und kein Gesetzgebungsvorhaben plant derzeit ein Verbot. Wer größere Beträge bar tauscht, zeigt lediglich seinen Ausweis – eine Routine der Geldwäscheprävention, kein Vorgriff auf Enteignung.
Reale Eingriffe zielen auf Russlands Kriegskasse, Geldwäsche und anonyme Bargeldberge – nicht auf Großmutters Schließfach. Die Schlagzeilen sind lauter als die Pläne der Gesetzgeber. Wer Recht, Geschichte und aktuelle Fakten kennt, behält einen kühlen Kopf – und lässt sein Gold dort, wo es hingehört: Im gesicherten Tresor, nicht in hysterischen Verbots-Szenarien.