Wartungszentrum an der NATO-Ostflanke geplant
Das Unternehmen hat eine Tochtergesellschaft in Vilnius gegründet: „Quantum-Systems“, eingetragen am 31. Oktober, wie aus den Daten des litauischen Unternehmensregisters hervorgeht. Der Geschäftsführer der litauischen Einheit, Donatas Sirgedas, erklärte, dass Quantum Systems plane, sich gemeinsam mit der Verteidigungs- und Hightech-Industrie der NATO-Ostflanke zu entwickeln und vor Ort Wartungs-, Reparatur- und Supportleistungen anzubieten, so das litauische Portal Verslo Zinios.
„Die Präsenz an der Ostflanke ist ein strategisches Bekenntnis. Wir sehen hier große Chancen für die Integration fortschrittlicher Lösungen. Ein entscheidender Faktor ist die deutsche Brigade, da die Bundeswehr unsere Systeme nutzt und die Brigade dieselben Systeme haben wird wie in Deutschland. Sie benötigen Wartung und Support vor Ort. Ein komplettes SSTLC-Paket, also Service, Support, Training und Logistik“, erläuterte Sirgedas. Produktion in Litauen sei kurzfristig nicht geplant, könne aber künftig abhängig vom Bedarf und den Auftragsvolumina geprüft werden.
Kooperationen mit baltischen Hightech-Firmen und einzigartige Kampferfahrung
Quantum Systems zeigt starkes Interesse an Kooperationen mit Unternehmen der NATO-Ostflanke. Aktuell produziert das Unternehmen allein in der Ukraine 40-80 Drohnen pro Monat. „Wir interessieren uns für neue Lösungen und Kapazitäten der regionalen Industrie. Für unsere Produktionsmengen benötigen wir Partner“, so Sirgedas.
Bereits im Mai unterzeichnete Quantum Systems ein Memorandum of Understanding mit dem litauischen Lasertechnikunternehmen Aktyvus Photonics, bei dem Sirgedas früher tätig war. Am 25. November soll ein weiteres Abkommen mit der Drohnenkomponentenfirma ADV Defense folgen. Das ist ein Unternehmen, das laut Registerdaten der Familie Paukštis (AGP Investments, 20 Prozent) und dem früheren litauischen Militärchef Valdemaras Rupšys und seinem Sohn (je 40 Prozent) gehört.
Das Kernprodukt von Quantum Systems ist der mittelreichweitige militärische UAV „Vector“, der in der Ukraine hergestellt und umfassend auf dem Schlachtfeld getestet wurde. „Wir testen unsere Systeme in der Ukraine, erhalten Nutzerfeedback direkt von der Front und können die Weiterentwicklung entsprechend beschleunigen. Ohne echte Kampfdatensätze wäre man auf Simulationen angewiesen. Wir haben reale Daten zu Störsignalen, zum Betrieb ohne Verbindung, zum Einsatz von KI. KI ohne Daten ist wertlos“, betont Sirgedas.
Parallel entwickelt das Unternehmen die Mission-Control-Software „Mosaic UXS“, die den gemeinsamen Einsatz von Luft-, Boden- und maritimen Drohnensystemen ermöglicht. Auch zivile Produkte wie der Kartografie-UAV Trinity gehören zum Portfolio, spielen aber angesichts des Rüstungsbooms nur noch eine untergeordnete Rolle.
Quantum Systems beschäftigt weltweit rund 900 Mitarbeiter und erwartet 2025 einen Anstieg auf über 1.000. Der Umsatz lag 2024 bei 120 Millionen Euro, für 2025 erwartet das Unternehmen über 200 Millionen Euro. Laut einem Bericht des Manager Magazin, auf den sich Reuters beruft, steht Quantum Systems kurz vor dem Abschluss einer 150-Millionen-Euro-Investitionsrunde, die den Unternehmenswert auf rund 3 Milliarden Euro verdreifachen könnte. Das Unternehmen ist im Großraum München ansässig und betreibt Werke in Deutschland, den USA, der Ukraine und Australien.
Litauen als Rüstungsstandort: Bedeutung für Deutschland
Für Deutschland ist die Expansion von Quantum Systems nach Litauen hochrelevant:
- Die stationierte Bundeswehr-Brigade erhält direkten technischen Support
- Die Drohnenlogistik rückt näher an den neuralgischen Punkt der NATO-Ostflanke
- Deutschland stärkt seine Rolle als führender Anbieter militärischer Drohnentechnologie in Europa
Zudem zeigt der Schritt, wie deutsche Unternehmen verstärkt auf dezentrale Produktions- und Supportstrukturen setzen, um flexibler auf sicherheitspolitische Entwicklungen reagieren zu können.
Quantum Systems’ Expansion nach Litauen zeigt, wie eng industrielle Modernisierung, NATO-Strategie und Kampferfahrung aus der Ukraine miteinander verflochten sind. Der Schritt stärkt sowohl die operative Einsatzfähigkeit der Bundeswehr als auch die technologische Präsenz Deutschlands an der Ostflanke. Litauen wird dadurch zu einem zentralen Standort der europäischen Drohnen- und Sicherheitsindustrie. Dies ist ein Signal, dass Europas Verteidigungssektor nicht nur wächst, sondern sich neu organisiert, vernetzt und strategisch ausrichtet.


