Ukraine-Krieg: Friedensplan stützt Banken, Bau und Chemie
Aktien von Unternehmen, die im Zusammenhang mit Waffenstillstand und Wiederaufbau in der Ukraine genannt werden, sind bereits deutlich nach oben geschnellt. Über ein Kriegsende in der Ukraine wird seit Beginn der Invasion spekuliert. Doch inzwischen sind dreieinhalb Jahre vergangen, seit Russland in die Ukraine einmarschierte – mit weitreichenden Folgen für die Märkte. Besonders stark zeigte sich dies im Energiesektor, bei der allgemeinen Inflation und zum Teil auch an den Aktienbörsen. Rüstungswerte verzeichneten kräftige Zuwächse, während in der Heimat vor allem die Geschichte von Krka Schlagzeilen machte – ein Unternehmen, das große Teile seines Geschäfts in Russland und der Ukraine tätigt.
Nach dem Wahlsieg von US-Präsident Donald Trump drehte sich vieles auch politisch. Eine seiner zahlreichen kühnen Ankündigungen lautete, den Krieg in der Ukraine zu beenden. Derzeit scheint das Kriegsende näher als je zuvor, die USA arbeiten an einem Ukraine-Friedensplan nach dem Vorbild des Gaza-Friedensplans. Zugleich scheint der Plan nur Russlands Wünsche zu erfüllen und es hat schon mehrfach so ausgesehen, als könnten Friedensinitiativen eine Lösung in absehbarer Zeit erreichen. Es bleibt also fraglich, was tatsächlich geschieht. Das ist die Konstante in der Politik. Auf der Wettplattform Polymarket liegt die Wahrscheinlichkeit für einen Waffenstillstand zwischen Russland und der Ukraine derzeit bei 14 Prozent.
Doch was würde ein Waffenstillstand oder gar ein Ukraine-Frieden für die Märkte überhaupt bedeuten? Entscheidend ist nicht nur, dass er zustande kommt, sondern wie. Ein eingefrorener Konflikt hätte andere Effekte als ein dauerhafter Frieden. Zudem könnten die Verhandlungen noch deutlich länger dauern, als es aktuell erscheint. Details und Nachhaltigkeit eines möglichen Abkommens sind von zentraler Bedeutung. Anleger stehen in den Startlöchern – doch angesichts der Unsicherheit handelt es sich um reine Spekulation. Selbst wenn einzelne Aktien im Falle eines Waffenstillstands Auftrieb erhalten, heißt das nicht, dass sie dieses Niveau halten. Vorsicht ist geboten.
Diese Aktien sollen bei einem Ukraine-Frieden steigen – oder steigen bereits
Die Schweizer Bank UBS hat schon vor einiger Zeit eine Liste veröffentlicht mit Aktien, die von einem Waffenstillstand profitieren dürften, sowie mit Titeln, die im Wiederaufbau Vorteile haben könnten. Der Waffenstillstands-Index (JPMorgan-Ukraine-Waffenstillstand-Korb) legte seit Jahresbeginn um rund 20 Prozent zu, der Wiederaufbau-Index (UBS Ukraine Reconstruction Index), um annähernd 32,1 Prozent. Zum Vergleich: Der europäische Leitindex Eurostoxx 600 stieg um 9,25 Prozent. Wie ftd.de berichtet, stehen auf der Liste für den Waffenstillstand sechs Banktitel, davon vier polnische und zwei österreichische – Raiffeisen und Erste. Eine Öffnung des Luftraums würde die Kosten der Airlines senken, die derzeit wegen Umfliegung der Ukraine und Russlands belastet sind.
Zugleich hoffen Anleger auf sinkende Treibstoffkosten. Im Bauwesen sind der österreichische Ziegel- und Dachziegelhersteller Wienerberger, der deutsche Chemiekonzern BASF sowie der dänische Isolierstoff-Spezialist Rockwool aufgeführt. Ebenfalls genannt werden die deutschen Chemiewerte Lanxess und Evonik Industries. Im Chemiesegment finden sich zudem die finnischen Holz- und Biomaterialunternehmen Stora Enso und UPM-Kymenne. Ein Wiedererstarken des Konsumentenvertrauens könnte auch Aktien von Coca-Cola und des polnischen Modehändlers LPP antreiben. Nach Jahresrendite führen Banken, gefolgt von Airlines. Am Ende steht der schweizerisch-ukrainische Konzern Ferrexpo, drittgrößter Exporteur von Eisenerzpellets weltweit.
Ukraine-Friedensplan: Die Kosten für den Wiederaufbau
Die Weltbank schätzt die Kosten für den Wiederaufbau der Ukraine im nächsten Jahrzehnt auf mehr als 524 Milliarden Dollar – das 2,8-Fache des nominalen ukrainischen BIP im Jahr 2024. Beim Wiederaufbau dürften Baukonzerne im Fokus stehen: Heidelberg Materials, Buzzi, Holcim, Budimex, CRH, Kingspan Group, Geberit sowie Wienerberger und Rockwool. Für Energieausrüstung und Industriegüter stünden Siemens, Schneider, Voestalpine und ArcelorMittal bereit. Kabel- und Industrieausrüstung könnten von Nexans, Rexel, Prysmian und NKT geliefert werden. Für Spezialmaterialien nennt UBS zudem den finnischen Stahlhersteller Outokumpu.
Polnische und österreichische Aktien
Auch auf dieser Liste tauchen polnische und österreichische Banken auf. Grund: Österreich war traditionell Brücke zwischen West- und Osteuropa, seine Banken größte Investoren in Mittel- und Osteuropa. Hinzu kommt, dass Raiffeisen einer der wenigen westlichen Player ist, die noch immer stark in Russland präsent sind.
Großes Potenzial beim Wiederaufbau erwartet Nachbar Polen. Es ist nicht nur eines der größten EU-Länder, sondern auch das Land, das die meisten ukrainischen Flüchtlinge aufgenommen hat. Zudem verbindet beide Nationen eine historische Nähe – Ukrainisch ist dem Polnischen verwandter als dem Russischen. Der polnische Blue-Chip-Index WIG20 legte seit Jahresbeginn um mehr als 33 Prozent zu und gehört damit zu den weltweit stärksten Aktienindizes. Haupttreiber sind erwartete Rüstungsinvestitionen und die Erholung der deutschen Wirtschaft.
Wie nachhaltig ist der Boom der Rüstungsaktien?
Rüstungswerte stiegen seit Kriegsbeginn stark, verstärkt durch den Gaza-Krieg und zuletzt durch die Ankündigung der EU, massiv aufzurüsten. Der europäische Verteidigungshaushalt trieb die Kurse – sie übertrafen sogar die „Magnificent Seven“ und wurden teurer als Tech-Aktien.
Wird ein Frieden die Begeisterung für Rüstung mindern, wenn die Nachfrage auf den Schlachtfeldern nachlässt? Danach sieht es aktuell aus: Die Rheinmetall-Aktie beispielsweise büßte in der abgelaufenen Woche rund 10 Prozent an Wert ein, nachdem die Berichte über den Ukraine-Friedensplan der USA die Runde machten. „Wenn die Kämpfe in der Ukraine aufhören, erwarte ich, dass Verteidigungsaktien etwas nachgeben. Aber ich glaube, dass der fundamentale Treiber weiterbesteht“, sagte Toni Meadows, Investmentdirektor bei BRI Wealth Management, zu Reuters. „Wenn Putin und Trump noch da sind, bleibt Europas Bedarf an hohen Verteidigungsausgaben.“


