Politik

Polizei-Gewerkschaft: „Unser Land hat die Kontrolle verloren“

Der Chef der Polizei-Gewerkschaft in NRW sagt: Man habe in der Silvesternacht eine nie dagewesene Respektlosigkeit dem Rechtsstaat gegenüber beobachtet. Die Polizei war nur bedingt einsatzbereit, weil die Bundespolizei durch den Einsatz an der Grenzen anderweitig gebunden gewesen sei.
07.01.2016 19:11
Lesezeit: 2 min
Polizei-Gewerkschaft: „Unser Land hat die Kontrolle verloren“
Erich Rettinghaus. (Foto: Polizeigewerkschaft NRW) Foto: WINDMUELLER

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Bundesinnenminister de Maizière hat der Polizei eine Mitschuld an den Massen-Belästigungen am Kölner Hauptbahnhof gegeben. Was sagen sie dazu?

Erich Rettinghaus: Wir können uns über die Aussagen des Bundesinnenministers nur wundern. Diese Schuldzuweisung ist nicht nachvollziehbar. Wir haben unsere Arbeit getan. Allerdings sind wir das erste Mal mit einer derartigen Situation konfrontiert gewesen.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Was war so besonders an der Situation während der Kölner Silvesternacht?

Erich Rettinghaus: Es haben sich offenbar Hunderte von Personen zu den sexuellen Gewaltaktionen am Hauptbahnhof, Trickdiebstählen und Körperverletzungsdelikten verabredet. Das haben wir in dieser Bündelung noch nie erlebt. In der Nacht gab es Tausende von Polizeieinsätzen, die wir alle bewerkstelligt haben.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Hat Ihnen möglicherweise das Personal gefehlt?

Erich Rettinghaus: Für eine normale Silvesternacht wäre die Polizei in Köln gut aufgestellt gewesen. Leider war ein derartiges massives Auftreten nicht planbar. Es gilt nun herauszufinden, wie sich eine derartig große, kriminelle Menge an Menschen dort gezielt zur Begehung von Straftaten verabreden konnte und davon nichts bekannt war. Die Bundespolizei, die die Zuständigkeit im Bahnhof hat, hat den Großteil ihres Personals in Bayern an der Grenze im Rahmen der Flüchtlingskrise eingesetzt, das Personal fehlte uns natürlich auch in Köln.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Können Sie uns mehr über die Täter sagen?

Erich Rettinghaus: Die Anzeigen richten sich gegen mehrheitlich nordafrikanisch- arabische, männliche Personen. Die Respektlosigkeit und nicht vorhandene Akzeptanz der Polizei und des Rechtsstaats in dieser Nacht war einmalig. Diese Nacht war für die belästigten und vergewaltigten Frauen erniedrigend und nicht tolerierbar. Hier muss sich der Rechtsstaat wehrhaft zeigen und entschieden und hart durchgreifen. Dieses neue Phänomen und die Begehung in einer großen Gruppe ist völlig neu und wie sich herausstellt nun ein bundesweites Problem, kommen doch immer mehr Meldungen aus anderen Städten. Das gilt es nun zu erkennen und massiv gegenzusteuern.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Kann es sein, dass sich auch zahlreiche Kriminelle unter die Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, mischen?

Erich Rettinghaus: Das wissen wir nicht und ich warne davor, dass Flüchtlinge unter Generalverdacht gestellt werden. Es ist unsere rechtliche und menschliche Pflicht, Schutzbedürftigen auch Schutz zu bieten. Was wir im Gegenzug verlangen, ist die Achtung der geltenden Gesetze, unserer Werte und Normen. Wir müssen hier präzise sein und dürfen uns nicht einer Art Stimmungsmache hingeben, doch unser Land hat die Kontrolle verloren. Zahlreiche Personen befinden sich in Deutschland, ohne zuvor registriert worden zu sein. Das wird unser Land nicht mehr lange durchhalten – zumindest wenn es so weiter geht.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Wieviele Anzeigen hat es bezüglich der Silvester-Nacht in Köln gegeben?

Erich Rettinghaus: Mittlerweile sind über hundert Anzeigen eingegangen. Die Anzeigen wurden teilweise über das Internet erstattet. Dazu gehören auch eine Reihe von Anzeigen aus dem Ausland wie aus Belgien und den Niederlanden.

***

Erich Rettinghaus ist Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft in Nordrhein-Westfalen.

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bill Gates verschenkt Vermögen – Symbol einer neuen Weltordnung oder letzter Akt der alten Eliten?
11.05.2025

Bill Gates verschenkt sein Vermögen – ein historischer Akt der Großzügigkeit oder ein strategischer Schachzug globaler Machtpolitik?...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Made in America“ wird zur Hypothek: US-Marken in Europa auf dem Rückzug
11.05.2025

Eine neue Studie der Europäischen Zentralbank legt nahe: Der Handelskrieg zwischen den USA und der EU hat tiefgreifende Spuren im...

DWN
Finanzen
Finanzen Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen
10.05.2025

Schockwellen aus Washington stürzen IPO-Pläne weltweit ins Chaos – Klarna, StubHub und andere Unternehmen treten den Rückzug an.

DWN
Finanzen
Finanzen Warren Buffett: Was wir von seinem Rückzug wirklich lernen müssen
10.05.2025

Nach sechs Jahrzehnten an der Spitze von Berkshire Hathaway verabschiedet sich Warren Buffett aus dem aktiven Management – und mit ihm...

DWN
Finanzen
Finanzen Silber kaufen: Was Sie über Silber als Geldanlage wissen sollten
10.05.2025

Als Sachwert ist Silber nicht beliebig vermehrbar, kann nicht entwertet werden und verfügt über einen realen Gegenwert. Warum Silber als...

DWN
Technologie
Technologie Technologieinvestitionen schützen die Welt vor einer Rezession
10.05.2025

Trotz der weltweiten Handelskonflikte und der anhaltenden geopolitischen Spannungen bleibt die Nachfrage nach Technologieinvestitionen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Starbucks dreht den Spieß um: Mehr Baristas statt mehr Maschinen
10.05.2025

Starbucks gibt auf die Maschinen auf: Statt weiter in teure Technik zu investieren, stellt das Unternehmen 3.000 Baristas ein. Nach...

DWN
Panorama
Panorama EU-Prüfer sehen Schwächen im Corona-Aufbaufonds
10.05.2025

Milliarden flossen aus dem Corona-Topf, um die Staaten der Europäischen Union beim Wiederaufbau nach der Corona-Pandemie zu unterstützen....