Der Crash der FTD könnte zum großen Triumph für das Handelsblatt werden: Nach Informationen der Deutschen Wirtschafts Nachrichten könnte die Traditionszeitung aus Düsseldorf mit der Übernahme des Abonnenten-Stammes der am 7. Dezember zum letzten Mal erscheinenden Zeitung einen echten Coup landen. Beim Handelsblatt wollte man sich zum Vorgang nicht konkret äußern. Eine Sprecherin sagte den Deutschen Wirtschafts Nachrichten, dass "die Verlagsgruppe Handelsblatt an Gesprächen mit Gruner + Jahr nicht beteiligt" sei. Das mag zwar formal richtig sein - es gibt jedoch auch Konstruktionen, bei denen ein Dritter die Daten für das Handelsblatt formal erwirbt. Dann wäre die Verlagsgruppe Handelsblatt tatsächlich nicht beteiligt. Auch die Handelsblatt GmbH könnte der Käufer sein.
Dem Vernehmen nach wird, wenn es zu dem Deal kommt, auch die Internet-Domain ftd.de an das Handelsblatt fallen. Der Kaufpreis für Abonnenten und Domains soll im mittleren einstelligen Millionenbereich liegen. Ob es beim Handelblatt als einzigem Interessenten bleibt, ist noch nicht gewiß: Auch das Wall Street Journal hat Interesse an den Lesern gezeigt: Für Rupert Murdoch würde der Kauf der Reste Sinn machen, weil er damit die Position des WSJ in Europa stärken könnte. Allerdings wird es Gruner+Jahr schwerfallen, die Daten ausgerechnet an den ärgsten Rivalen des einstigen Namensgebers Financial Times weiterzugeben.
Für das Handelsblatt könnte die Übernahme der FTD-Reste von existentieller Bedeutung sein: Selbst wenn nur ein Teil der Abonnenten dem neuen Lieferanten treu bliebe, könnte das Handelsblatt damit einen entscheidenden Schritt aus der Verlustzone machen. Auch online würde das Handelsblatt damit zur gänzlich unangefochtenen Nummer 1 in der Wirtschafts-Tagespresse. Im Grunde wird das Handelblatt durch die Entwicklung wieder das, was es schon vor der Gründung der FTD war: Ein Monopolist bei den Wirtschaftszeitungen. Die Wiederherstellung des Status Quo Ante hat Gruner+Jahr dem Verleger Dieter von Holtzbrinck mit 250 Millionen Euro finanziert.
Für G+J bleibe der schwache Trost, dass der Hamburger Verlag mit dem Kaufpreis einen Teil seiner Abfindungen abdecken könnte. Betriebswirtschaftlich ist die Lösung für den G+J-Vorstand die beste Variante: Die Gesellschafter zahlen den Löwenanteil der Schließung, das Problem ist zügig gelöst – und der Vorstand kann in Gütersloh am Ende doch noch mit einer überraschend kreativen Lösung zur Verlustminimierung beitragen.