Politik

Dem österreichischen Bundesland Kärnten droht die Insolvenz

Dem österreichischen Bundesland Kärnten droht die Insolvenz. Die Gläubiger haben einen vergleichsweise großzügigen Schuldenschnitt abgelehnt. Es ist denkbar, dass sie hart bleiben, um andere zahlungsunwillige Staaten abzuschrecken.
22.01.2016 01:36
Lesezeit: 2 min
Dem österreichischen Bundesland Kärnten droht die Insolvenz
Kärnten hat viele Schönheiten zu bieten, doch nun muss das Land seine Gläubiger befriedigen. (Foto: Wein in Kärnten)

Im Streit über die österreichische Krisenbank Heta ist keine Einigung zwischen dem Bundesland Kärnten und den Gläubigern in Sicht. Eine große Investorengruppe lehnte am Donnerstag das Angebot Kärntens ab, Heta-Anleihen mit einem Milliarden-Abschlag zurückzukaufen. Wenn die Gruppe und andere Investoren bis Mitte März bei ihrer ablehnenden Haltung bleiben, wird die milliardenschwere Offerte platzen. Sie wird nämlich nur wirksam, wenn zwei Drittel der Gläubiger zustimmen. Kärnten drohe ohne einen Deal in die Insolvenz abzurutschen, sagte der österreichische Finanzminister Hans Jörg Schelling.

In der Kleinen Zeitung analysiert Adolf Winkler, dass man in Kärnten offenbar damit rechnet, dass die Gläubiger an Kärnten ein Exempel statuieren wollen, um zahlungsunwillige Staaten anderswo abzuschrecken.

Bei der Heta handelt es sich um eine der größten Bank-Abwicklungen in Europa. Kärnten haftet für Anleihen der ehemaligen Hypo Alpe Adria in Höhe von elf Milliarden Euro. Das Bundesland sieht sich allerdings nicht in der Lage, das Geld vollständig zurückzuzahlen. Im Rahmen des Rückkaufangebots bietet es Investoren insgesamt 7,8 Milliarden Euro - auf über drei Milliarden Euro sollen die Gläubiger also verzichten.

Die Inhaber der Heta-Anleihen gehen dagegen auf die Barrikaden. Eine Gläubigergruppe, die nach eigenen Angaben zusammen Forderungen von gut fünf Milliarden Euro haben, wies die Offerte zurück. Sie pocht auf eine vollständige Rückzahlung der Schulden, will Kärnten dafür allerdings mehr Zeit einräumen. Zu der Gruppe gehören unter anderem Commerzbank, HSH Nordbank und Deutsche Pfandbriefbank. Am Mittwoch hatten bereits deutsche Versicherungen, die nach eigenen Angaben auf Forderungen von rund 770 Millionen Euro kommen, den Daumen gesenkt.

Kärnten glaubt jedoch weiter, die Investoren umstimmen zu können. "Ich gehe davon aus, dass sich die Gläubiger noch einmal umfassend und eingehend mit dem Angebot auseinandersetzen und am Ende zu einem anderen Schluss kommen", sagte ein Sprecher von Landeshauptmann Peter Kaiser. Mehr als den angebotenen Rückkauf könne das Bundesland nicht leisten.

Österreichs Finanzminister Schelling warnte in einem Interview mit der "Kleinen Zeitung" vor den Folgen, sollte der Rückkauf nicht zustande kommen. "Ich bin kein Insolvenzexperte, aber Kärnten würde nichts anderes übrig bleiben, als den Schritt in die Insolvenz zu setzen", sagte er. Die erste Pleite eines österreichischen Bundeslandes müsse aber unbedingt verhindert werden. Viele Investoren halten die Debatte über eine Insolvenz Kärntens für unverantwortlich. Sie setzen darauf, dass die Republik Österreich ihrem südlichsten Bundesland zur Hilfe eilt.

Sollte der Deal platzen, wäre der nächste Schritt, dass die österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA) laut Schelling einen Schuldenschnitt bei der Heta beschließt. "Der würde die Gläubiger schlechterstellen, da die FMA als Behörde die Maßstäbe noch enger anlegen muss, während ich auch großes Augenmerk auf die Finanzmarktstabilität legen muss." Die Gläubiger würden Kärnten dann jedoch aller Voraussicht nach verklagen. Sollte der Deal platzen, drohten langjährige Prozesse, sagte Kärntens Finanzlandesrätin Gabriele Schaunig-Kandut im ORF.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Panorama
Panorama EU-Reform könnte Fluggastrechte deutlich schwächen
01.06.2025

Von Verspätungen betroffene Fluggäste haben in Zukunft möglicherweise deutlich seltener Anspruch auf Entschädigung. Die EU-Staaten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wettlauf um die Zukunft: Wie die USA ihre technologische Überlegenheit retten wollen
01.06.2025

China wächst schneller, kopiert besser und produziert billiger. Die USA versuchen, ihre Führungsrolle durch Exportverbote und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freelancer: Unverzichtbare Stütze in flexiblen Arbeitswelten
01.06.2025

Trotz Homeoffice-Boom bleibt die Nachfrage nach Freelancern hoch. Warum Unternehmen auf Projektarbeiter setzen, wo die Vorteile liegen –...

DWN
Politik
Politik „Choose Europe“: Brüssel will Gründer mit Kapital halten
31.05.2025

Die EU startet einen neuen Wachstumsfonds, der Start-ups mit Eigenkapital unterstützen und in Europa halten soll. Doch Geld allein wird...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Energiewende umgekehrt: US-Firmen fliehen vor Trumps Klimapolitik – nach Europa
31.05.2025

Während Trump grüne Fördermittel in den USA kürzt, wendet sich die Clean-Tech-Branche von ihrer Heimat ab. Jetzt entstehen in Europa...

DWN
Politik
Politik Ärztepräsident warnt vor „Versorgungsnotstand“
31.05.2025

Ärztepräsident Klaus Reinhardt warnt vor Beeinträchtigungen im medizinischen Netz für Patienten, wenn nicht bald Reformen zu mehr...

DWN
Finanzen
Finanzen Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt, wenn es kein Testament gibt
31.05.2025

Jeder kann selbst bestimmen, wer seine Erben sein sollen. Wer das allerdings nicht durch ein Testament oder einen Erbvertrag regelt und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Datensammeln ohne Richtung: Warum der falsche Analyst Ihrem Unternehmen schadet
31.05.2025

Viele Unternehmen sammeln Daten – doch ohne den richtigen Analysten bleiben sie blind. Wer falsche Experten einsetzt, riskiert...