Politik

Österreich: Obergrenze wirkt, Flüchtlinge reisen nach Deutschland weiter

Nach Einrichtung der Obergrenze haben von 400 Personen nur ein Dutzend in Österreich um Asyl angesucht. Alle anderen sind nach Deutschland weiter gereist, das seine Grenzen als einziges Land in Europa offen hält.
20.02.2016 16:34
Lesezeit: 2 min

Nach Inkrafttreten der Quotenregelung in Österreich trafen am Samstag die ersten 400 Flüchtlinge per Bahn an der slowenisch-österreichischen Grenze ein. Davon suchten nach Polizeiangaben nur ein Dutzend Schutz in Österreich, die anderen wollten mit Bussen nach Deutschland weiter, berichtete die dpa. «Die Lage ist sehr sehr ruhig und entspannt», sagte Polizeisprecherin Madeleine Heinrich am Grenzübergang Spielfeld. Weitere 400 Flüchtlinge würden am Sonntag erwartet.

Am Freitag hatte die Polizei zu ihrer eigenen Überraschung keinen einzigen Grenzübertritt registriert.

Österreich hat seit Januar rund 11 000 Asylbewerber aufgenommen, nach 90 000 im vergangenen Jahr. Die Regierung in Wien hat für 2016 eine Obergrenze von 37 500 ausgegeben. Österreich lässt an ihrer Südgrenze nur noch 80 Asylbewerber pro Tag ins Land. Richtung Deutschland dürfen täglich 3200 durchreisen. Von der EU wurde das Vorgehen eher formal kritisiert. Die Kommission hat den Österreichern einen Brief geschrieben, die österreichische Innenministerin sagte am Samstag, der Brief sei an die falsche Adresse geschickt worden - Österreich sei eines jener Länder, die am meisten Solidarität gezeigt hätten. Das ist zutreffend. Österreich hat neben Schweden und Deutschland die meisten Flüchtlinge und Einwanderer aufgenommen.

Ein Merkel-Sprecher sagte am Samstag folgerichtig, die Europäische Union befinde sich bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise auf einem guten Weg. Beim Gipfeltreffen in Brüssel seien alle 28 Mitgliedstaaten davon überzeugt gewesen, dass es wichtig sei, zunächst Gespräche mit der Türkei zu führen, sagte Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) sieht im Deutschlandfunk. Außerdem hätten sich die Staats- und Regierungschefs für die Einrichtung von Schutzzonen in Syrien ausgesprochen.

Wenn viele Menschen das Bürgerkriegsland Syrien gar nicht erst verlassen müssten, sei das die beste Lösung, sagte der CDU-Politiker, der auch Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung ist. Die EU-Staaten seien sich zudem einig, dass "Flüchtlinge nicht durchgewunken werden sollen". Er erwarte nun von allen, dass sie sich an diese Beschlüsse hielten, sagte Altmaier mit Blick auf Österreich und die Länder auf der Balkanroute. Die aktuelle Situation an der Grenze kommentierte Altmaier nicht.

Die EU bereitet die Schließung de Außengrenzen per März vor, weshalb auch auf dem Gipfel mit der Türkei nicht mehr über die Verteilung von Flüchtlingen per Quote oder Kontingent gesprochen wird. Angela Merkel hatte vor dem Gipfel eingeräumt, in diesem Punkt gescheitert zu sein.

Bei dem geplanten Sondergipfel Anfang März gehe es ausschließlich um die Zusammenarbeit mit der Türkei und um die Frage, "wie können wir erreichen, dass weniger Menschen nach Europa und Deutschland kommen". Vorrangig sei, dass die Türkei die "illegale Migration bekämpft und die Zahlen der illegalen Zugänge nach Europa deutlich reduziert". Es habe daher keinen Sinn, "mit den Flüchtlingskontingenten zu beginnen". Altmaier verwies zugleich darauf, dass "freiwillige Flüchtlingskontingente sehr wohl" in dem Abschlussdokument des EU-Gipfels erwähnt seien.

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