Die Sorgen um einen möglichen EU-Austritt Großbritanniens haben die Währung des Landes am Montag auf Talfahrt geschickt. Am frühen Nachmittag entsprach ein Pfund Sterling 1,4058 Dollar - das war der niedrigste Stand seit März 2009. Später erholte sich die Währung wieder etwas. Am späten Freitagabend hatten für ein Pfund noch 1,4392 Dollar bezahlt werden müssen.
Phasen politischer Unsicherheit sind immer goldene Zeiten für Hedge Fonds: Entweder sie können sich auf politische Insider-Informationen beziehen - dann sind ihre Wetten quasi die Lizenz zum Gelddrucken. Oder aber sie spekulieren und sichern ihre Wetten gleichzeitig ab ("hedging"), dann können sie praktisch bis zum Referendum Kasse machen - je nachdem, welche politische Sau gerade durchs britannische Dorf getrieben wird.
Großbritannien hat Erfahrung mit diesem Spiel: Schon im Jahr 1992 hatte George Soros versucht, das britische Pfund in die Knie zu zwingen - doch die Bank of England hielt dagegen und verteidigte die Währung. Heute sind interessanterweise zwei Investmentbanker an der Spitze der europäischen Zentralbanken: Sowohl Mario Draghi als auch Mark Carney (BoE) kommen von Goldman Sachs und verstehen daher die Mechanismen des Geschäfts.
Formal gibt es für dieses Casino-Verhalten immer scheinbar rationale Erklärungen: So schreibt Reuters, Hintergrund der Entwicklung am Montag seien Äußerungen des Londoner Bürgermeisters Boris Johnson. Der konservative Politiker hatte sich am Sonntag auf die Seite derjenigen geschlagen, die den "Brexit", also das Ausscheiden Großbritanniens aus der EU, befürworten. Die Bürger des Landes sollen im Juni in einem Referendum über diese Frage abstimmen.
Tatsächlich gibt es aber auch einen realen Hintergrund: David Cameron hat im Hinblick auf die City of London ein durchaus "dialektisches Ergebnis" erzielt, wie ein deutscher Banker den Deutschen Wirtschafts Nachrichten erklärt. Die britischen Banken werden in jedem Fall profitieren: Sie bleiben Herr im eigenen Haus und ihrer eigenen Bankplätze, vor allem London, Edinburgh, Birmingham-Manchester. Sie haben weiter: eine eigene Währung, eine eigene Notenbank, eine starke eigene Aufsicht, die schon heute in der EBA das Sagen hat. Es gibt keine Fremdsteuerung des Geschäftes aus Brüssel und vor allem durch die EZB. Der Finanzplatz London kann seine komparativen Geschäftsvorteile wieder ungebremst nutzen. Mit dieser Aussicht lässt es sich faktisch risikolos spekulieren, vorausgesetzt, man hält sich an die Regeln, die man selbst gemacht hat.
Auch der britische Arbeitsminister Ian Smith in gegen den Verbleib in der EU. Sein Argument ist, dass die offenen Grenzen die Sicherheit in Europa gefährden. Dieses Gefühl könnte die Briten in der Tat verunsichern und in der Abstimmung unter Umständen sogar die entscheidende Rolle spielen.