Politik

Euro-Krise: USA verdrängen Frankreich als Handels-Partner Deutschlands

Die USA haben von der Schwäche Frankreichs in der Euro-Krise profitiert und sind nun wichtigster Handelspartner Deutschlands. Doch diese Abhängigkeit ist gefährlich, wie das Beispiel Volkswagen zeigt: Der Autobauer meldet heftige Einbrüche auf dem US-Markt.
02.03.2016 08:54
Lesezeit: 2 min

Erstmals seit vier Jahrzehnten haben die USA Frankreich als wichtigsten Handels-Partner Deutschlands abgelöst. 2015 seien Waren im Wert von 173,2 Milliarden Euro zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten gehandelt worden, zwischen Deutschland und Frankreich in Höhe von 170,1 Milliarden Euro, teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mit Verweis auf vorläufige Ergebnisse am Mittwoch mit. Frankreich war den Angaben zufolge seit 1975 bei Exporten und Importen der wichtigste Handelspartner Deutschlands.

Wichtigstes Exportland der deutschen Wirtschaft war Frankreich den Statistikern zufolge gar seit 1961. Auch hier wurde das Nachbarland im vergangenen Jahr von den USA überholt. Deutschland exportierte demnach Güter im Wert von 113,9 Milliarden Euro in die Vereinigten Staaten. Nach Frankreich wurden Waren im Wert von 103,0 Milliarden Euro ausgeführt.

Doch wie gefährlich diese Abhängigkeit ist, zeigt die Entwicklung auf dem Automobilmarkt: Der Absatzschwund der von einem Abgasskandal gebeutelten Wolfsburger setzte sich im abgelaufenen Monat fort. Während die Branche im Schnitt etwa acht Prozent mehr Fahrzeuge verkaufte als vor Jahresfrist und den besten Februar-Wert seit 15 Jahren erzielte, muss Volkswagen of America einen Einbruch von 13 Prozent auf gut 22.231 Fahrzeuge verkraften. Die Konzerntochter führte dies am Dienstag auf saisonale Effekte zurück.

Nach dem Rekordjahr 2015 auf dem US-Markt und deutlichen Zuwächsen im Januar waren viele Analysten davon ausgegangen, dass der Höhepunkt allmählich erreicht sei. Doch eine Abkühlung zeichnet sich bislang nicht ab. Die Rahmenbedingungen sind anhaltend günstig: Benzin und Kredite kosten wenig, der Arbeitsmarkt floriert und die Löhne steigen. „Die Verbraucher sind zwar weiter insgesamt vorsichtig, aber immerhin zuversichtlich genug, sich ein Auto leisten zu können“, erläuterte Analyst Sam Bullard von der Bank Wells Fargo.

Rund zehnmal so viele Wagen wie VW verkaufte Marktführer General Motors (GM), der allerdings einen Rückgang von 1,5 Prozent verbuchte. Hintergrund seien deutlich geringere Auslieferungen an Autovermietungsfirmen. Ansonsten gab es überwiegend kräftige Zuwächse. Der US-Branchenzweite Ford schaffte ein Plus von 20 Prozent, Toyota vier Prozent und Fiat Chrysler knapp zwölf Prozent. Sowohl bei Chrysler als auch bei Ford waren vor allem Geländewagen und Pickup-Trucks gefragt. Auch VW konnte mit einem SUV punkten. Der Tiguan wurde über 3000 Mal verkauft, ein Plus von 78 Prozent.

Auch die anderen deutschen Hersteller konnten bis auf die Luxus-Marken nicht profitieren. Die Marke BMW setzte fast elf Prozent weniger ab. Mercedes-Benz fuhr ein Minus von 0,5 Prozent ein. Dagegen erzielte die Volkswagen-Tochter Audi ein Wachstum von gut zwei Prozent, Porsche von elf Prozent.

Interessant ist die Entwicklung bei den Importen: Nach Deutschland importiert wurden die meisten Waren aus China. Sie erreichten einen Wert von 91,5 Milliarden Euro. Es folgen die Niederlande (88,1 Milliarden Euro) und Frankreich (67,0 Milliarden Euro). Deutschland importierte für 20,3 Milliarden Euro mehr Waren aus China als dorthin geliefert wurden.

Daran kann man erkennen, dass Deutschland in der globalen Weltwirtschaft eine Doppelrolle spielt: Es ist eine Art veredelnde Werkbank.

Weil die deutsche Binnenkonjunktur weiter schwach ist, spielt Deutschland die Rolle, wie sie früher die Kolonien gespielt haben: Auch dort war die Binnennachfrage schwach, produziert wurde ausschließlich für den Export. Der schwache Euro verstärkt diesen Trend: Amerikaner können Waren aus Europa billiger importieren. Mit dem starken Dollar steigen dagegen die Vermögen in den USA. In Deutschland ist die Situation umgekehrt: Der schwache Euro nützt zwar den Exporteuren, nicht jedoch den Vermögen: Wer zum Beispiel eine Immobilie in den USA kaufen will, muss mehr drauflegen. Umgekehrt werden Assets in Deutschland für Amerikaner billiger.

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