Politik

Flüchtlinge: Wenig Begeisterung in der Türkei über EU-Deal

Der türkische Präsident Erdogan hält wenig von dem EU-Deal zu den Flüchtlingen. Er zeigte seine Geringschätzung für die EU, indem er Europa der Komplizenschaft mit dem Terror bezichtigte. Die wenigen kritischen Medien sehen den Deal nicht als Sieg für die Türkei.
19.03.2016 16:49
Lesezeit: 2 min

Der türkische Präsident Erdogan hält wenig von den Vereinbarungen mit der EU. Er brachte seine Geringschätzung bereits zum Ausdruck, indem er seinen Premier Davutoglu zu den Verhandlungen schickte und selbst fernblieb. Er nahm während des EU-Gipfels an den Feierlichkeiten in Canakkale teil. Er ging nicht direkt auf den Deal ein.

Erdogan sagte in seiner Rede laut Milliyet:

„Heute fand in Brüssel eine Veranstaltung statt. Während die Veranstaltung läuft, erlaubt die belgische Regierung der Terror-Organisation PKK im Garten des Tagungsgebäudes ihre Flagge wehen zu lassen. Das zeigt, dass diese Länder heuchlerisch und unehrlich handeln. Sie haben sich dem Terror ergeben. Doch es gibt keinen Grund, dass die PKK nicht auch in Brüssel oder in Europa Bombenanschläge verübt, so wie sie es in Ankara getan hat. Die EU-Staaten bewegen sich auf einem Minenfeld. Wir wissen nicht, wann sie auf eine Mine treten werden, doch eines ist sicher: Sie werden früher oder später auf eine Mine treten.

Ich richte meine Worte erneut gegen jene Staaten, die den Terror direkt oder indirekt unterstützen. Sie beschützen und füttern eine Schlange, die am Ende auch sie beißen wird. Ihnen mögen die Bomben, die in der Türkei hochgehen, und die sie über das Fernsehen verfolgen, egal sein. Doch wenn eines Tages dieselben Bomben in ihren Städten hochgehen, werden sie bestimmt verstehen, wie wir uns fühlen. Was würden denn sie in unserer Situation tun? Der Kampf gegen den Terrorismus ist in der Türkei wesentlich menschlicher als in England, Frankreich oder den USA. Unsere Methoden sind weitaus vereinbarer mit dem geltenden Recht als ihre Methoden. Auch in der Flüchtlingsfrage haben die Europäer nicht das Recht, uns zu kritisieren. Vielmehr sollten sie sich die unmenschlichen Verhältnisse, in der die Flüchtlinge in Europa zurückgelassen werden, aus dem Weg räumen.“

Die von Erdogan gleichgeschalteten Medien haben wenig Erhellendes zu dem Deal beizutragen. In dem Artikel der regierungsnahen Zeitung Takvim heißt es lediglich, dass das 33. Kapitel der Beitrittsverhandlungen zwischen der EU und der Türkei am 30. Juni eröffnet wird. Innerhalb einer Woche soll geklärt werden, für welche Projekte die drei Milliarden Euro eingesetzt werden sollen. Immerhin jubelt die Zeitung in der Headline und schriebt: "Davutoglu hat die EU in die Knie gezwungen."

Die wenigen kritischen Medien, die es in der Türkei noch gibt, äußern sich skeptisch über den Deal.

Die oppositionelle Zeitung T24 hingegen berichtet, dass die Türkei von der EU regelrecht über den Tisch gezogen werde. Der Türkei werde eine Last aufgetragen, die sie niemals alleine stemmen könne. Nicht die EU, sondern Deutschland stecke hinter dem Deal:

„Die Gelder, die die Türkei von der EU bekommen wird, werden nicht im Staatshaushalt er Türkei landen, sondern werden an jene Organisationen fließen, die von der türkischen Regierung ausgewählt werden. Die Auszahlung ist angebunden an diverse Projekte. Eine Visafreiheit oder etwa einen EU-Beitritt der Türkei wird es nicht geben. Wer das Gegenteil behauptet, der lügt.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Frühere AfD-Chefin: Frauke Petry kündigt Gründung neuer Partei an - Alternative für die FDP?
11.05.2025

Die frühere Vorsitzende der AfD will vom kommenden Jahr an mit einer neuen Partei bei Wahlen antreten. Ziel der Partei soll sein, dass...

DWN
Immobilien
Immobilien Deutschlands Zukunft? Wohnquartiere als soziale Brennpunkte: Armut, Migration und Überalterung
11.05.2025

Armut, Migration, Wohnungsmangel, Überalterung und Einsamkeit: Immer mehr Wohnquartiere in Deutschland sind überfordert. Eine neue Studie...

DWN
Finanzen
Finanzen Ölpreis: OPEC-Konflikt eskaliert – Saudi-Arabien warnt vor Marktchaos
11.05.2025

Ein gefährlicher Riss geht durch die mächtige Allianz der OPEC-Plus-Staaten. Statt mit geschlossener Strategie die Preise zu...

DWN
Politik
Politik Kann Deutschland Europa retten? Der neue Koalitionsvertrag offenbart alte Schwächen
11.05.2025

Zum Europatag 2025 richtet sich der Blick erneut nach Berlin. Die Erwartungen an Deutschland sind hoch – nicht nur innerhalb der Union,...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsenkrisen: Warum Volatilität kein Risiko ist
11.05.2025

Wenn die Börsen Achterbahn fahren, zittern viele Anleger. Doch Panik ist oft der schlechteste Berater – denn was aussieht wie ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Strategien für Krisenzeiten: Wie Sie jetzt Ihre Unternehmensleistung steigern
11.05.2025

Steigende Kosten, Fachkräftemangel, Finanzierungsdruck – viele KMU kämpfen ums Überleben. Doch mit den richtigen Strategien lässt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA vor Energieumbruch: Strom wird zum neuen Öl – und zur nächsten geopolitischen Baustelle
11.05.2025

Ein fundamentaler Wandel zeichnet sich in der US-Wirtschaft ab: Elektrizität verdrängt Öl als Rückgrat der nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bill Gates verschenkt Vermögen – Symbol einer neuen Weltordnung oder letzter Akt der alten Eliten?
11.05.2025

Bill Gates verschenkt sein Vermögen – ein historischer Akt der Großzügigkeit oder ein strategischer Schachzug globaler Machtpolitik?...