Politik

Monti flieht aus Rom und gönnt sich einen Opern-Besuch

Mitten in der schwersten Regierungskrise seiner Amtszeit hat sich Mario Monti nach Mailand abgesetzt - um der Eröffnung der Saison an der Scala beizuwohnen. Die Italiener ärgern sich, dass Richard Wagner gespielt wird. Staatspräsident Giorgio Napolitano versucht unterdessen in Rom, den Zusammenbruch der Regierung zu verhindern.
08.12.2012 00:43
Lesezeit: 1 min

Italiens Premier Mario Monti beweist Stil: Während die ihm geleitete Koalition wegen der angekündigten Rückkehr von Silvio Berlusconi ums Überleben kämpft, packte Monti seine Koffer, um am Freitag an der Eröffnung der Saison in der Mailänder Scala teilzunehmen. Beide Ereignisse sind in Italien höchst umstritten.

In Rom wundern sich politische Beobachter, dass Monti nicht über das Wochenende in der Stadt bleibt, um die Koalition zu retten. An seiner Stelle vermittelt der greise Staatspräsident Giorgio Napolitano zwischen den streitenden Parteien. Napolitano hatte seine Reise nach Mailand abgesagt, aus institutionellen Gründen, wie es offiziell hieß. Im Klartext: Die Hütte brennt, und wenigstens einer sollte da sein, um einen Löschversuch zu unternehmen. Aus Montis Umfeld verlautete, dass der Premier damit demonstrieren wolle, dass die Zustände in Italien keineswegs ungewöhnlich seien.

Mindestens so kontrovers ist der Spielplan in Mailand: Gegeben wurde am Freitagabend zu Eröffnung Richard Wagners "Lohengrin". Die italienischen Feuilletons sind empört. Denn im kommenden Jahr werden sowohl der 200. Geburtstag von Giuseppe Verdi als auch der seines teutonischen Gegenspielers Richard Wagner gefeiert. Selbst der so besonnen Corriere della Sera fragte, ob es denn vorstellbar sein, dass die Deutschen ihrerseits Verdi den Vorzug gegenüber Wagner gegeben hätten. Es sei eine nationale Schande, protestierten andere Kritiker.

Das Zusammentreffen von Monti und Lohengrin entbehrt indes nicht einer gewissen Ironie. Das Kernthema der Oper ist der Versuch Lohengrins, seine wahre Herkunft zu verbergen. In der berühmten Arie "Nie sollst du mich befragen" beschwört Lohengrin die ihn liebende Elsa, in niemals nach seinen Ursprüngen zu befragen. Die Liebende fragt schließlich doch, erfährt die unpassende Wahrheit, und Lohengrin muss mit seinem Schwan auf Nimmerwiedersehen abziehen.

So weit ist es zwar bei Monti noch nicht. Zumindest ist noch kein Schwarzer Schwan auf der Bühne der italienischen Wirtschaftspolitik erschienen. Seine Vergangenheit als hoher Funktionär bei der Investmentbank Goldman Sachs hat Monti jedoch während seiner Amtszeit einiges an Verdruss eingebracht. Die Liebe des italienischen Volkes und der römischen Parteien zu seinem technokratischen Premier hält sich jedoch, anders als die der Elsa aus Brabant, in engen Grenzen: Zuletzt erreichten seine Glaubwürdigkeitswerte einen historischen Tiefststand (mehr hier).

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