Politik

Prozess gegen türkische Journalisten findet hinter verschlossenen Türen statt

Lesezeit: 1 min
25.03.2016 15:57
Der Prozess gegen zwei türkische Journalisten findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die zwei Männer wurden festgenommen, weil sie Berichte über Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes an Rebellen in Syrien veröffentlicht hatten. Erdogan stellte persönlich Strafanzeige.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Türkei  

Ihr Fall gilt vielen als Beleg für die Einschränkung der Pressefreiheit in der Türkei: Zwei regierungskritische Journalisten müssen sich seit Freitag vor einem Gericht in Istanbul verantworten. Der Chefredakteur der Zeitung Cumhuriyet, Can Dündar, und sein Kollege Erdem Gül sind unter anderem wegen Spionage und der Vorbereitung eines Staatsstreichs angeklagt. Die Öffentlichkeit wurde kurz nach Beginn von dem Prozess ausgeschlossen.

"Wir werden den Journalismus verteidigen und das Recht der Öffentlichkeit, die Wahrheit zu erfahren", sagte der 54-jährige Dündar bei seiner Ankunft am Gerichtsgebäude. "Journalismus ist kein Verbrechen", sagte Gül, der Cumhuriyet-Büroleiter in Ankara. Etwa 200 Demonstranten applaudierten den beiden Angeklagten, denen auch die Preisgabe von Staatsgeheimnissen und Beihilfe zur Bildung einer terroristischen Vereinigung zur Last gelegt werden.

Die Richter gaben zum Prozessauftakt einem Antrag der Staatsanwaltschaft statt, das Verfahren hinter verschlossenen Türen fortzuführen. Die Anklagebehörde hatte ihre Forderung mit Verweis auf die "nationale Sicherheit" begründet. Die Unterstützer der beiden Angeklagten im Gerichtssaal reagierten empört auf den Ausschluss der Öffentlichkeit.

Dündar und Gül wurden Ende November festgenommen, weil sie Berichte über Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes an islamistische Rebellen in Syrien veröffentlicht hatten. Staatschef Recep Tayyip Erdogan stellte persönlich Strafanzeige. Nach drei Monaten in Untersuchungshaft kamen die Journalisten auf Anordnung des Verfassungsgerichts Ende Februar vorläufig frei. Ihnen droht eine lebenslange Haftstrafe.

In einem offenen Brief an den türkischen Regierungschef Ahmet Davutoglu forderten mehr als hundert Autoren, unter ihnen Literatur-Nobelpreisträger Mario Vargas Llosa, die Vorwürfe gegen die beiden Journalisten fallenzulassen.

Auch der Europarat und mehrere internationale Journalistenverbände hatten die Inhaftierungen Dündars und Güls kritisiert. "Der Prozess gegen Dündar und Gül ist ein Test für die Rechtsstaatlichkeit in der Türkei", erklärte die Organisation Reporter ohne Grenzen am Freitag. "Sie sind Journalisten, keine gefährlichen Terroristen."

Kritiker werfen der türkischen Regierung ein zunehmend repressives Vorgehen gegen oppositionelle Medien vor. Auf einer Rangliste zum Stand der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen liegt die Türkei auf Platz 149 von 180 Staaten. Dutzende weitere Journalisten sind in dem Land inhaftiert.

Anfang März wurde die regierungskritische Zeitung Zaman unter Zwangsverwaltung gestellt. Der bisherige Chefredakteur Abdulhamit Bilici wurde gefeuert. Hintergrund waren Ermittlungen wegen Geldwäsche und Verschwörung.


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Verträge: Nach dem KaDeWe sind auch Oberpollinger und Alsterhaus gerettet
26.07.2024

Die berühmten Flaggschiffe der deutschen Warenhäuser scheinen nach der Pleite des Immobilien-Hasardeurs René Benko endlich gerettet zu...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Hilfsgelder von Russland: EU gibt Erträge aus dem eingefrorenen Vermögen frei
26.07.2024

Die Europäische Union hat jetzt die ersten Zinserträge aus dem im Westen eingefrorenem russischen Staatsvermögen freigegeben. Die...

DWN
Politik
Politik Der Chefredakteur kommentiert: Islamisches Zentrum Hamburg - ein längst überfälliges Verbot, Frau Faeser!
26.07.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Bundeskanzler Scholz zu irregulärer Migration: „Die Zahlen müssen runter“
26.07.2024

Erwerbsmigration nach Deutschland sei erwünscht, meint der Kanzler. Problematisch findet er unerlaubte Einreisen. Eine Innenexpertin der...

DWN
Panorama
Panorama ADAC warnt: Es droht schlimmstes Stau-Wochenende der Saison
26.07.2024

Wer nun in den Urlaub fährt, sollte etwas mehr Zeit einplanen und mitunter starke Nerven haben. Der ADAC rechnet mit vielen Staus. Lassen...

DWN
Politik
Politik Außenministerin Baerbock: Seegerichtshof in Hamburg wird an Bedeutung gewinnen
26.07.2024

In Hamburg informiert sich die Außenministerin bei ihrer Sommerreise über die Arbeit des Internationalen Seegerichtshofs. Anschließend...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB nach Stresstest: Banken haben Verbesserungsbedarf bei Cyber-Angriffen
26.07.2024

Seit der Finanzkrise 2008 wird genauer hingeschaut bei den Banken. Im Euroraum müssen sich die Institute nach Einschätzung der...

DWN
Politik
Politik Verfassungsschutz weist auf russische Sabotageversuche hin
26.07.2024

Der deutsche Inlandsgeheimdienst beobachtet schon länger verstärkte russische Geheimdienstaktivitäten. Neue Hinweise veranlassen ihn...