Politik

Brasilien: Olympische Spiele wegen Staats-Chaos in Gefahr

Wegen des Chaos in Brasilien gerät die Austragung der Olympischen Spiele in Gefahr. Es ist unklar, ob das Land seinen finanziellen Verpflichtungen nachkommen kann. Die sozialen Spannungen haben erhebliche Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit von Staat und Wirtschaft in Brasilien.
03.04.2016 01:15
Lesezeit: 1 min

Im August soll die Sommerolympiade in der brasilianischen Großstadt Rio de Janeiro stattfinden. Mittlerweile werden jedoch vermehrt Zweifel laut, ob sich das Vorhaben überhaupt wie geplant umsetzen lassen wird. Der Rücktritt des Sportministers vom Donnerstag dürfte dabei keine entscheidende Rolle spielen, steht aber symbolisch für ein Land, dass ins Chaos abzudriften droht.

Die Wirtschaft befindet sich seit Monaten in einer schweren Krise. Die offizielle Inflationsrate stieg im vergangenen Jahr über die Zehn-Prozent-Marke, während die Notenbank versucht, mit höheren Zinsen die Teuerung zu dämpfen. Fast zehn Millionen Brasilianer waren Ende Januar arbeitslos – eine Zunahme von fast 50 Prozent binnen eines Jahres.

Der Internationale Währungsfonds hatte seine Schätzung zum Bruttoinlandsprodukt kürzlich um rund zweieinhalb Prozentpunkte für dieses und das kommende Jahr reduziert. Inzwischen rechnet der Fonds im laufenden Jahr mit einem Schrumpfen der Wirtschaftsleistung um 3,5 Prozent, fast so viel wie im Vorjahr mit 3,8 Prozent. Zudem belastet ein Defizit von fast acht Prozent den Haushalt, welches vor allem auf hohe Steuerausfälle durch die gestiegene Arbeitslosigkeit zurückzuführen ist. Dem Gouverneur von Rio de Janeiro zufolge bedürfe es „einer großen Kraftanstrengung des Staates, alle seine Verpflichtungen zu erfüllen. Man halte nach Krediten und anderen Finanzhilfen Ausschau, um die zurückgehenden Einnahmen abzufedern“, so der Finanzblog Zerohedge.

Auch politisch steht das Land vor einer Zerreisprobe. Gegen Staatspräsidentin Dilma Rousseff könnte schon im April ein Amtsenthebungsverfahren angestrengt werden, das von der Opposition und hunderttausenden Demonstranten gefordert wird. Dabei geht es vordergründig um Bestechungsvorwürfe im Umfeld des staatlichen Petrobras-Konzerns, in Wahrheit jedoch wahrscheinlich darum, Rousseff beseitigen zu können.

Der Koalitionspartner von der neoliberalen Partei PMDB hatte am Dienstag seinen Rücktritt aus der Koalition bekanntgegeben. Sondierungen über eine Neuaufstellung der Regierung laufen, ihr Ausgang ist jedoch sehr ungewiss. Es könnte sein, dass die in fünf Monaten beginnende olympische Eröffnungszeremonie ohne die amtierende Präsidentin durchgeführt wird – wenn es überhaupt eine geben wird.

*** Bestellen Sie den täglichen Newsletter der Deutschen Wirtschafts Nachrichten: Die wichtigsten aktuellen News und die exklusiven Stories bereits am frühen Morgen. Verschaffen Sie sich einen Informations-Vorsprung. Anmeldung zum Gratis-Newsletter hier. ***

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Seltene Erden: China kontrolliert deutsche Industrie
03.07.2025

Die deutsche Industrie gerät zunehmend in die Abhängigkeit Chinas, weil Peking bei seltenen Erden den Weltmarkt kontrolliert....

DWN
Politik
Politik Keine Stromsteuersenkung für Verbraucher: "Fatales Signal"
03.07.2025

Die Strompreise bleiben hoch, die Entlastung fällt kleiner aus als versprochen. Die Bundesregierung gerät unter Druck, denn viele Bürger...

DWN
Panorama
Panorama Spritpreis: Wie der Rakete-und-Feder-Effekt Verbraucher belastet
03.07.2025

Die Spritpreise steigen wie eine Rakete, fallen aber nur langsam wie eine Feder. Das Bundeskartellamt nimmt dieses Muster ins Visier und...

DWN
Finanzen
Finanzen Vetternwirtschaft und Machtspiele: So scheitert der NATO-Innovationsplan
03.07.2025

Milliarden für die NATO-Innovation, doch hinter den Kulissen regiert das Chaos: Interessenkonflikte, Rücktritte und Streit gefährden...

DWN
Politik
Politik Trump dreht den Geldhahn zu: Kiew kämpft ohne Washington
02.07.2025

Donald Trump kappt Waffenhilfe für die Ukraine, Europa zögert, Moskau rückt vor. Doch Kiew sucht nach eigenen Wegen – und die Rechnung...

DWN
Panorama
Panorama Köln schafft den Begriff "Spielplatz" ab
02.07.2025

Köln verabschiedet sich vom traditionellen Begriff "Spielplatz" und ersetzt ihn durch "Spiel- und Aktionsfläche". Mit neuen Schildern und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Tusk zieht die Grenze dicht – Spediteure schlagen Alarm
02.07.2025

Grenzkontrollen sollen Sicherheit bringen – doch für Spediteure und Industrie drohen Staus, teurere Transporte und Milliardenverluste....

DWN
Panorama
Panorama EU-Klimapolitik: Soviel Spielraum lässt das 90-Prozent-Ziel
02.07.2025

Die EU-Kommission hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis 2040 sollen die Emissionen massiv sinken, ein großer Schritt Richtung...