Im August soll die Sommerolympiade in der brasilianischen Großstadt Rio de Janeiro stattfinden. Mittlerweile werden jedoch vermehrt Zweifel laut, ob sich das Vorhaben überhaupt wie geplant umsetzen lassen wird. Der Rücktritt des Sportministers vom Donnerstag dürfte dabei keine entscheidende Rolle spielen, steht aber symbolisch für ein Land, dass ins Chaos abzudriften droht.
Die Wirtschaft befindet sich seit Monaten in einer schweren Krise. Die offizielle Inflationsrate stieg im vergangenen Jahr über die Zehn-Prozent-Marke, während die Notenbank versucht, mit höheren Zinsen die Teuerung zu dämpfen. Fast zehn Millionen Brasilianer waren Ende Januar arbeitslos – eine Zunahme von fast 50 Prozent binnen eines Jahres.
Der Internationale Währungsfonds hatte seine Schätzung zum Bruttoinlandsprodukt kürzlich um rund zweieinhalb Prozentpunkte für dieses und das kommende Jahr reduziert. Inzwischen rechnet der Fonds im laufenden Jahr mit einem Schrumpfen der Wirtschaftsleistung um 3,5 Prozent, fast so viel wie im Vorjahr mit 3,8 Prozent. Zudem belastet ein Defizit von fast acht Prozent den Haushalt, welches vor allem auf hohe Steuerausfälle durch die gestiegene Arbeitslosigkeit zurückzuführen ist. Dem Gouverneur von Rio de Janeiro zufolge bedürfe es „einer großen Kraftanstrengung des Staates, alle seine Verpflichtungen zu erfüllen. Man halte nach Krediten und anderen Finanzhilfen Ausschau, um die zurückgehenden Einnahmen abzufedern“, so der Finanzblog Zerohedge.
Auch politisch steht das Land vor einer Zerreisprobe. Gegen Staatspräsidentin Dilma Rousseff könnte schon im April ein Amtsenthebungsverfahren angestrengt werden, das von der Opposition und hunderttausenden Demonstranten gefordert wird. Dabei geht es vordergründig um Bestechungsvorwürfe im Umfeld des staatlichen Petrobras-Konzerns, in Wahrheit jedoch wahrscheinlich darum, Rousseff beseitigen zu können.
Der Koalitionspartner von der neoliberalen Partei PMDB hatte am Dienstag seinen Rücktritt aus der Koalition bekanntgegeben. Sondierungen über eine Neuaufstellung der Regierung laufen, ihr Ausgang ist jedoch sehr ungewiss. Es könnte sein, dass die in fünf Monaten beginnende olympische Eröffnungszeremonie ohne die amtierende Präsidentin durchgeführt wird – wenn es überhaupt eine geben wird.
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