Politik

EZB beendet Spekulationen: Kein Helikopter-Geld

Die EZB wird keine Geldgeschenke an die Bürger verteilen, um die Inflation anzuheizen. Mario Draghi hatte Helikopter-Geld vor kurzem „als sehr interessante Idee“ bezeichnet. Danach brach eine Diskussion über solche Geschenke aus.
07.04.2016 17:48
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Führungsmitglieder der EZB stellen sich gegen die Idee einer Verteilung direkter Geldgeschenke an die Bürger zur Anheizung der Inflation. Über ein solches „Helikopter-Geld“ werde noch nicht einmal diskutiert, sagte EZB-Chefvolkswirt Peter Praet am Donnerstag auf einer Notenbank-Konferenz in Frankfurt. Solche Geldgeschenke seien zudem legal schwierig und in der Umsetzung sehr riskant, sagte Italiens Notenbank-Chef Ignazio Visco in Frankfurt. Ähnlich äußerte sich EZB-Vize Vitor Constantio im Europa-Parlament: „Das ist nicht auf dem Tisch in irgendeiner Gestalt oder Form.“

EZB-Präsident Mario Draghi hatte einen solchen Geldregen für die Verbraucher im März „als sehr interessante Idee“ bezeichnet. Danach brach eine rege Diskussion über solche Geschenke aus. Unter Volkswirten gilt Helikoptergeld als letztes Mittel der Geldpolitik - wenn alle anderen konventionellen und unkonventionellen Instrumente ausgereizt sind. Das schwedische Bankhaus Nordea hatte jüngst eine Summe von 1300 Euro ins Gespräch gebracht, die die Notenbank direkt an jeden Bürger der 19 Länder des Euro-Raums ausschütten könne.

Unterdessen erklärte Draghi im EZB-Jahresbericht, auch 2016 werde für die Notenbank ein hartes Jahr sein. Die Aussichten für die Weltwirtschaft seien unsicher, es gebe weiter Druck auf die Inflation. Zudem stellten sich Fragen in Bezug auf die künftige Ausrichtung Europas und der Widerstandsfähigkeit des Kontinents „gegenüber neuen Schocks“. In diesem Umfeld sei die Verpflichtung, für Preisstabilität zu sorgen, „ein Vertrauensanker“.

Praet sagte in Frankfurt, die EZB habe noch genügend Pfeile im Köcher. „Falls es zu weiteren negativen Schocks kommen sollte, könnten wir unsere Maßnahmen erneut anpassen, um der Stärke des Gegenwindes zu begegnen.“ Dabei würden mögliche Nebeneffekte berücksichtigt. Dass die Inflation weiter niedrig sei, liege nicht an einer ineffektiven Geldpolitik, sondern daran, dass die Wirtschaft in der Zwischenzeit von neuen dämpfenden Einflüssen getroffen worden sei. Die EZB strebt eine Inflation von knapp zwei Prozent an. Davon ist sie aber aktuell weit entfernt. Im März waren die Verbraucherpreise sogar um 0,1 Prozent gesunken.

Die Euro-Wächter hatten im März ihre Geldpolitik erneut gelockert, um die weiter schleppende Konjunktur anzuheizen und die aus ihrer Sicht unerwünscht niedrige Inflation zu befeuern. Die EZB weitete unter anderem ihr in Deutschland umstrittenes Anleihenkaufprogramm aus, verschärfte die Strafzinsen für Banken, wenn diese über Nacht Geld bei der Notenbank parken, und senkte die Leitzinsen auf 0,0 Prozent. Wie aus dem Protokoll der Zinssitzung hervorgeht, gab es unter den Notenbankern weitgehend Übereinstimmung, dass starke Schritte erforderlich seien. Bei einzelnen Maßnahmen äußerten manche Ratsmitglieder aber Bedenken. So wurde auf die Gefahr verwiesen, dass eine weitere Verschärfung der Strafzinsen die Gewinne der Banken übermäßig unter Druck setzen könne, was womöglich negative Folgen für die Stabilität des Bankensektors habe.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kursgewinne oder Verluste: Anleger hoffen auf drei entscheidende Auslöser für Börsenrally
18.07.2025

Zölle, Zinsen, Gewinne: Neue Daten zeigen, welche drei Faktoren jetzt über Kursgewinne oder Verluste entscheiden. Und warum viele...