Unternehmen

Wie der Daimler-Konzern einen Mittelständler wegen Kritik an der Mercedes Benz-Bank in die Ecke treibt

Lesezeit: 2 min
13.12.2012 23:21
Der brandenburgische Automobilbetrieb Weilbacher hat jahrelang zu viel Zinsen an die Mercedes Benz-Bank gezahlt. Als der Mittelständler sein Geld wiederhaben will, kündigt Daimler, der Mutterkonzern der Bank, die Verträge mit Weilbacher. Auch ein Gerichtsurteil kann den Rachefeldzug der Stuttgarter nicht stoppen.
Wie der Daimler-Konzern einen Mittelständler wegen Kritik an der Mercedes Benz-Bank in die Ecke treibt

Mehr zum Thema:  
Auto >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Auto  

Die brandenburgische Automobilgesellschaft Weilbacher kämpft ums Überleben. Der Grund: Das Unternehmen führt seit mehreren Jahren eine erbitterte gerichtliche Auseinandersetzungen mit dem Daimler-Konzern. Eigentlich haben Weilbacher und Daimler lange gut zusammengearbeitet. So gut, dass der Mittelständler sogar die Mercedes-Benz Bank in Anspruch nahm. Mit ihr begannen jedoch die Probleme.

Bei einer Überprüfung der Zinsberechnungen fanden die Controller von Weilbacher heraus, dass die zum Daimler-Konzern gehörende Bank den Brandenburgern zu hohe Zinsen berechnete. Weilbacher beauftragte Ralph Brendel vom Finanzgutachter Zinspruef, die Unstimmigkeiten zu überprüfen. Und tatsächlich: Die Bank habe mit zu hohen Zinssätzen gerechnet, was sich über die Jahre auf sechsstellige Eurobeträge addiert habe, sagt Brendel den Deutschen Wirtschafts Nachrichten. Die Falschabrechnungen sind von der Mercedes-Benz Bank zum Teil eingeräumt worden.

Update (Freitag, 14.12., 17:20 Uhr): Der Daimler-Konzern bestreitet, jemals Falschabrechnungen eingeräumt zu haben und teilt den Deutschen Wirtschafts Nachrichten mit: „Wir bestreiten, dass die Mercedes-Benz Bank überhöhte Zinsen in Rechnung gestellt hat. Unsere Zinsen für die Finanzierung der Händlerbestände sind und waren immer attraktiv, wettbewerbsfähig und in angemessener Weise am Markt ausgerichtet. Die Mercedes-Benz Bank hat in einem von Weilbacher angestrengten Verfahren vor dem Landgericht Stuttgart wegen angeblich zu hoch berechneter Zinsen gewonnen. Das Urteil ist rechtskräftig.“ (Ende Update)

Falsche Berechnungen bei Zinsen sind ein beliebtes Mittel vieler Banken, um unauffällig gute Profite auf Kosten der Kunden einzufahren. Oft rechnen die Unternehmen nicht nach, weil es sich meist um kleine Beträge handelt. Und viele Unternehmen wollen es sich mit der Bank nicht verscherzen - schon gar nicht, wenn diese einem wichtigen Geschäftspartner gehört. Weilbacher sah das anders, forderte sein Geld zurück und hoffte, dass der Fall damit erledigt sei.

Wer nun erwartet hätte, dass die Bank das auch so sah, sich entschuldigt und eine gütliche Lösung sucht, irrte sich. Der Mutterkonzern Daimler fand es gar nicht lustig, dass sich jemand wehrt, wenn er über den Tisch gzogen wurde. Daimler ging zum Gegenangriff über und drohte unter anderem damit, das Unternehmen nicht mehr mit den überlebensnotwendigen Original-Teilen zu beliefern. Das Landgericht Stuttgart untersagte Daimler den Rachefeldzug. Doch auch von einem Gerichtsurteil zeigte sich Daimler wenig beeindruckt: Am 1. Dezember widersetzte sich die Daimler AG der Entscheidung des Landgerichts Stuttgart und stellte die Lieferung von Ersatzteilen an Weilbacher ein. Der Konzern kündigte zugleich an, keine Bestellungen mehr von diesem Unternehmen anzunehmen.

Nun droht das Stuttgarter Landgericht dem Automobilkonzern mittels einstweiliger Verfügung, Ordnungsgelder in Höhe von 250.000 Euro zu vollstrecken, falls Daimler die vertraglich zugesicherte Belieferung von Weilbacher nicht umgehend fortsetze. Die Einstellung der Belieferung würde das Unternehmen „existentiell gefährden“, so die Begründung des Gerichts.

Zu seinem ungewöhnlich harten Vorgehen gegen den Vertragspartner will sich der Daimler-Konzern mit Hinweis auf laufende Gerichtsverfahren nicht äußern. Zur Einstweiligen Verfügung sagte ein Sprecher den Deutschen Wirtschafts Nachrichten: „Selbstverständlich werden wir dem Beschluss des Landgerichts Stuttgart im aktuellen einstweiligen Verfügungsverfahren Rechnung tragen“. Dennoch habe er Rechtsmittel gegen die Gerichtsentscheidung eingelegt. „Wir sind von der Rechtmäßigkeit unserer Kündigungen überzeugt“, so Daimler.

Weilbacher hat mittlerweile den Handel mit Neuwagen der Marke Mercedes-Benz eingestellt und konzentriert sich voll auf den Werkstattbetrieb. Dazu ist allerdings eine weitere Belieferung mit Originalteilen unersetzlich. Weilbacher beschäftigt an vier Standorten mehr als 130 Mitarbeiter. Sollte der Konflikt mit Daimler nicht entschärft werden können, bleibt dem Unternehmen nur die Pleite - oder der Verkauf an einen Betreiber, der mit Daimler zu den Konditionen des Weltkonzerns arbeitet.

 


Mehr zum Thema:  
Auto >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Menge sichergestellten Kokains im Hamburger Hafen verdreifacht
06.05.2024

Im Hamburger Hafen werden alle nur erdenklichen Waren umgeschlagen - auch Drogen. Immer mehr Kokain findet durch das Tor zur Welt seinen...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Der internationale Handel und Kriege im Fokus bei Xi-Besuch in Frankreich
06.05.2024

Auf gute Stimmung machen in Europa: Chinas Staatspräsident Xi besucht seit fünf Jahren mal wieder Frankreich und lächelt, als ihn...

DWN
Politik
Politik Neues Gesicht in der CDU: Helmut Kohl-Enkel will in Bundesvorstand gewählt werden
06.05.2024

Die Kinder von Helmut Kohl haben auf eine Karriere in der Politik verzichtet. Jetzt versucht der Enkel des früheren Bundeskanzlers,...

DWN
Politik
Politik Friedrich Merz bleibt Parteichef: CDU zur sofortigen Regierungsübernahme bereit
06.05.2024

Die CDU trifft sich zum dreitägigen Bundesparteitag in Berlin. Es geht um die Verabschiedung des neuen Parteiprogramms der Union und auch...

DWN
Politik
Politik Scholz zu Besuch in Litauen: „Jeden Zentimeter ihres Territoriums verteidigen"
06.05.2024

Mit der anlaufenden Stationierung einer gefechtsbereiten Brigade an der Nato-Ostflanke geht Deutschland im Bündnis voran. Der...

DWN
Politik
Politik Über Fidschi nach Down under: Annalena Baerbock an der Frontlinie der Klimakrise
06.05.2024

Sie zählen zu den kleinsten Klimasündern, haben aber am stärksten unter den Folgen der Erderwärmung zu leiden. Baerbock ist um die...

DWN
Technologie
Technologie Sprunginnovation: In der Lausitz wird das größte Höhenwindrad der Welt errichtet
06.05.2024

Die Sache klingt zunächst irgendwie tragisch. Die Bundesagentur für Sprunginnovationen versucht, in der Lausitz in 365 Metern Höhenwinde...

DWN
Politik
Politik Verstöße gegen EU-Werte: Kommission will Verfahren gegen Polen beenden
06.05.2024

Die EU-Kommission will das Artikel-7-Verfahren gegen Polen beenden. Es war wegen etwaiger Verstöße gegen die Werte der Europäischen...