Finanzen

Bundesbank: Bargeld ist nicht schuld an Geldwäsche und Kriminalität

Die Bundesbank bricht eine überraschend deutliche Lanze für das Bargeld. Die gegen das Bargeld ins Treffen geführten Argumente seien nicht plausibel. Länder mit Bargeld-Obergrenzen hätten genauso Kriminalität und Geldwäsche – weil es genügend Ausweichmöglichkeiten gäbe.
14.04.2016 02:34
Lesezeit: 2 min

Die Bundesbank hat sich deutlich für den uneingeschränkten Erhalt von Bargeld positioniert. Ihr Vorstandsmitglied Carl-Ludwig Thiele sprach sich am Mittwoch bei einem Anlass in Berlin dezidiert gegen die Abschaffung und Kriminalisierung des Bargelds aus. Die Bürger sollten weiterhin selbst entscheiden, wie und in welcher Form sie ihr Geld verwenden möchten. Die in jüngster Vergangenheit gegen das Bargeld vorgebrachten Argumente bezeichnete Thiele als nicht überzeugend.

Thieles wichtigste Argumente aus der Rede:

  • Jeder Bürger hat das Recht, mit seinem Geld so zu verfahren, wie er möchte. Wenn an dieser Stelle in das Freiheitsrecht des Bürgers eingegriffen wird, muss dies gut begründet sein. Und deshalb stellt sich die Frage: Wie hat eine Bargeldobergrenze in anderen Ländern Kriminalität eingeschränkt? Mir ist nicht bekannt, dass in Ländern mit einer Bargeldobergrenze, etwa in Italien oder Frankreich, die Kriminalität entsprechend geringer wäre als in Ländern ohne Obergrenze.
  • Die Argumente, die gegen Bargeld und Barzahlungen vorgebracht werden, sind wenig überzeugend. Doch was spricht ganz konkret dafür, weiterhin mit Banknoten und Münzen bezahlen zu wollen? Eine ganze Menge – und diese Gründe werden oftmals vernachlässigt: Zum einen schützen Barzahlungen die Privatsphäre der Bevölkerung. Dass davon auch weniger rechtschaffene Personen profitieren, ist kein Grund, die ehrlichen Bürgerinnen und Bürger immer gläserner werden zu lassen. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und Achtung des Privatlebens ist ein hohes Gut, welches nicht aufgeweicht oder preisgegeben werden sollte. „Bargeld ist geprägte Freiheit“ – dieses abgewandelte Dostojewski-Zitat hat nichts von seiner Gültigkeit eingebüßt.
  • Wenn man sich auf eine inhaltliche Diskussion über die angeblichen Nachteile des Bargelds einlässt, findet sich wenig Stichhaltiges. Das Argument der Bekämpfung von Schwarzarbeit, Steuerhinterziehung, Geldwäsche oder Kriminalität greift nicht. Einerseits könnten die handelnden Personen auf Fremdwährungen zurückgreifen – sofern das Bargeld nicht weltweit abgeschafft wird – oder alternative Tauschmittel nutzen. (...) Und schließlich muss man auch nicht auf Banknoten und Münzen verzichten, damit die Geldpolitik wirkt. Das derzeitige Niedrigzinsniveau ist ein Symptom, das auf tieferliegende Ursachen – im Kern eine Wachstumsschwäche – zurückzuführen ist. Diese Wachstumsschwäche gilt es zu überwinden. Eine Bargeldabschaffung geht an dieser Problemstellung vorbei.

Das Engagement der Bundesbank zeigt, dass es offenbar eine große Verunsicherung in der Bevölkerung beim Thema Bargeld gibt. Diese gründet auf einer auffallenden Zunahme der bargeldkritischen Vorstöße (Abschaffung des 500-Euro-Scheins, Einführung einer Obergrenze) auf deutscher und EU-Ebene. Damit, so die Vermutung von Beobachtern, sollen Ausweichmöglichkeiten gegen die von der EZB eingeführten Strafzinsen erschwert werden.

Realpolitisch sind die Möglichkeiten der Bundesbank, gegen ein Verbot oder eine Eingrenzung vorzugehen, beschränkt. Denn Entscheidungen über den Euro werden auf europäischer Ebene vor allem von der EZB getroffen. Die Aussagen der Bundesbank haben deshalb den Charakter einer juristisch nichtbindenden Feststellung. Tatsächlich läuft in der EU der Harmonisierungsprozess weiter. Laut EZB-Präsident Mario Draghi gibt es technische Vorbereitungen für eine Abschaffung des 500-Euro-Scheins. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters wird der Rat der EZB Anfang Mai über dessen Abschaffung entscheiden.

Die Bundesregierung erwägt außerdem die Einführung einer Bargeld-Obergrenze im Inland. Das Bundesfinanzministerium unter Wolfgang Schäuble peilt eine Deckelung bei 5000 Euro an. In anderen europäischen Ländern existiert bereits eine solche Begrenzung – in Italien gelten beispielsweise 3000 Euro als Obergrenze. Auch hiergegen hat sich die Bundesbank in der Vergangenheit ausgesprochen.

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