Finanzen

Massiver Schaden: Negativzinsen führen zur Kapitalflucht

Die Einführung von Negativzinsen hat negative Auswirkungen auf die betreffenden Volkswirtschaften. Sie führt relativ schnell zu Kapitalflucht und einer Schwächung von Banken und Sparern. Die Kritik gegen die Strafzinsen nimmt in Japan und Europa an Schärfe zu.
17.04.2016 02:40
Lesezeit: 2 min

Die Kritik an den Folgewirkungen negativer Zinsen nimmt zu. Kürzlich machte der oberste Finanzaufseher Japans das außergewöhnliche geldpolitische Instrument für eine Schwächung der Banken verantwortlich, wie Financial Times berichtet. Japan hatte Ende Januar einen negativen Einlagensatz von minus 0,1 Prozent beschlossen – diesen müssen Geschäftsbanken der Zentralbank bezahlen, wenn sie kurzfristig Gelder auf deren Konten parken wollen.

Negativzinsen sollen nach offizieller Lesart unter anderem zu einer Schwächung der Landeswährung und damit zu einer verbesserten Wettbewerbsfähigkeit der Exportindustrie führen – eine Hoffnung, die sich zumindest in Europa und Japan nicht erfüllt hat. Sowohl der Euro als auch der Yen haben im laufenden Jahr aufgewertet.

Für das exportorientierte Japan hatte die Aufwertung schädliche Konsequenzen. Ausländische Investoren sollen seit Jahresbeginn Gelder in Höhe von etwa 46 Milliarden Dollar aus dem Land abgezogen haben, wie Financial Times schreibt. Zudem hat eine von Bank of America Merrill Lynch durchgeführte Umfrage ergeben, dass Fondsmanager zum ersten Mal seit dem Amtsantritt von Präsident Shinzo Abe im Jahr 2012 Aktien japanischer Firmen in ihren Portfolios untergewichtet haben. Der Leitindex Nikkei hat seit Einführung der Negativzinsen rund 1000 Punkte verloren, ebenso wie der breiter gefasste Topix 500-Index, der seit Jahresbeginn rund 14 Prozent einbüßte.

Der Hauptzweck von Negativzinsen besteht darin, die Anlage von Geldern unattraktiv zu machen und Banken so zu einer stärkeren Kreditvergabe zu veranlassen, welche wiederum die Gesamtwirtschaft stimulieren soll. Kritiker argumentieren, dass die Profitabilität der Banken leide und diese die Strafzinsen irgendwann an ihre Kunden weitergeben müssten. Dies führe dazu, dass Sparer verstärkt Bargeld horten, um ihre Ersparnisse vor einem Zugriff zu schützen. Tatsächlich ist sowohl in der Schweiz als auch in Japan ein Anstieg der Bargeldumläufe – und hier insbesondere von Scheinen mit hohem Nennwert – zu beobachten.

Die USA hingegen profitieren von den Negativzinsen, die derzeit weltweit sechs Zentralbanken veranschlagen. Zwar herrscht auch dort noch ein sehr tiefes Zinsniveau, verglichen mit Europa und Japan jedoch bietet es Investoren jedoch attraktivere Bedingungen der Geldanlage. Die Folge ist ein Kapitalstrom nach Amerika, der vor allem von den Schwellenländern ausgeht. In dieser Hinsicht verwundert es nicht, dass sich der amerikanisch dominierte Internationale Währungsfonds für Negativzinsen ausspricht. Ein solcher Schritt könne dabei helfen, einen zusätzlichen monetären Stimulus zu liefern und die Darlehensbedingungen zu erleichtern, erklärte der IWF.

In Deutschland gehört der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) zu den größten Kritikern der Niedrig- und Negativzinsen. „Je länger die Niedrigzinspolitik anhält, desto schwieriger wird es für die Sparer, sich eine eigene Altersvorsorge aufzubauen“, sagt ein Sprecher des DSGV. „Alle einlagenstarken Organisationen wie Banken, Sparkassen, Renten- oder Krankenversicherungen sind davon betroffen. Wir werden auch erleben, dass Stiftungen ihr Engagement zurückfahren.“

 

*** Bestellen Sie den täglichen Newsletter der Deutschen Wirtschafts Nachrichten: Die wichtigsten aktuellen News und die exklusiven Stories bereits am frühen Morgen. Verschaffen Sie sich einen Informations-Vorsprung. Anmeldung zum Gratis-Newsletter hier. ***

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Der deutsche Markt konzentriert sich auf neue Optionen für XRP- und DOGE-Inhaber: Erzielen Sie stabile Renditen aus Krypto-Assets durch Quid Miner!

Für deutsche Anleger mit Ripple (XRP) oder Dogecoin (DOGE) hat die jüngste Volatilität am Kryptowährungsmarkt die Herausforderungen der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Stromsteuersenkung: Wirtschaftsverbände kritisieren Merz für gebrochene Zusage
04.07.2025

Die Entscheidung der Bundesregierung zur Stromsteuersenkung sorgt für Aufruhr. Wirtschaftsverbände fühlen sich übergangen und werfen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China-Zölle auf EU-Weinbrand kommen nun doch – das sind die Folgen
04.07.2025

China erhebt neue Zölle auf EU-Weinbrand – und das mitten im Handelsstreit mit Brüssel. Betroffen sind vor allem französische...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gaspreise steigen wieder: Was das für Verbraucher und Unternehmen bedeutet
04.07.2025

Nach einem deutlichen Preisrückgang ziehen die europäischen Gaspreise wieder an. Was das für Verbraucher und Unternehmen bedeutet –...

DWN
Panorama
Panorama Schwerer Flixbus-Unfall auf der A19 bei Röbel: Was wir wissen und was nicht
04.07.2025

Ein Flixbus kippt mitten in der Nacht auf der A19 bei Röbel um. Dutzende Menschen sind betroffen, ein Mann kämpft ums Überleben. Noch...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Solarausbauziel in Deutschland bis 2030 zur Hälfte erfüllt
04.07.2025

Deutschland hat bereits einen großen Schritt in Richtung Solarenergie gemacht – doch der Weg ist noch weit. Trotz beachtlicher...

DWN
Politik
Politik One Big Beautiful Bill: Das steckt hinter Trumps Steuererleichterungen
04.07.2025

Am amerikanischen Unabhängigkeitstag setzt Donald Trump ein innenpolitisches Zeichen: Mit dem "One Big Beautiful Bill" will er seine...

DWN
Panorama
Panorama Waldbrand Sachsen: Gohrischheide - über 1.000 Einsatzkräfte im Einsatz
04.07.2025

Hitze, Trockenheit und starker Wind: In Sachsen und Thüringen kämpfen Einsatzkräfte gegen massive Waldbrände. Besonders die...

DWN
Politik
Politik Rentenkasse: Neue Mütterrente wohl erst ab 2028 umsetzbar
04.07.2025

Die Ausweitung der Mütterrente sorgt für Diskussionen: Einigkeit herrscht über das Ziel, Uneinigkeit über das Tempo. Millionen Mütter...