Finanzen

Ölpreis-Verfall: Saudi-Arabien wird zum Kredit-Nehmer

Lesezeit: 1 min
22.04.2016 18:37
Zum ersten Mal seit 1991 muss Saudi-Arabien Geld am internationalen Kapitalmarkt aufnehmen. Der Kredit beträgt insgesamt rund 10 Milliarden Euro und soll die durch den Ölpreis-Verfall hervorgerufene Haushaltskrise lindern. Der Schritt könnte den langfristigen Wandel des Landes von einer Geber- hin zu einer Nehmernation symbolisieren.
Ölpreis-Verfall: Saudi-Arabien wird zum Kredit-Nehmer

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Saudi-Arabien hat sich Medienberichten zufolge erstmals seit mehr als 25 Jahren eine große Summe im Ausland geliehen. Das Königreich hat sich einen Kredit über rund zehn Milliarden Dollar für einen Zeitraum von fünf Jahren am Kapitalmarkt besorgt, sagten mit der Angelegenheit vertraute Personen am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. Ursprünglich habe das Finanzministerium nur mit sechs bis acht Milliarden Dollar geplant, doch sei das Angebot so groß gewesen, dass der Betrag aufgestockt worden sei. „Der Handel ist sehr erfolgreich, es gab einen immensen Appetit am Markt“, sagte ein von Financial Times zitierter Repräsentant der Bank of Tokyo-Mitsubishi.

Die Geldgeber stammen demnach aus den USA, Europa und Japan – darunter seien JP Morgan, HSBC und Bank of Tokyo-Mitsubishi, die alle jeweils rund 1,3 Milliarden Dollar ausliehen. Saudi-Arabien zahle für den Kredit einen Aufschlag, der um 1,2 Prozentpunkte über dem Referenzzinssatz Libor liege, sagten zwei Insider. Interessierte Banken mussten mindestens 500 Millionen Dollar bieten, um am Kredit beteiligt zu werden.

Dem Königreich macht der stark gefallene Ölpreis zu schaffen, der ein Loch in die Haushaltskasse gerissen hat. Seit Ende 2014 musste Saudi-Arabien Dollar-Devisenbestände in Höhe von rund 150 Milliarden Dollar verkaufen. Das Haushaltsdefizit wird im laufenden Jahr nach Angaben von Financial Times rund 19 Prozent betragen. Zudem herrschen im saudischen Finanzsystem große Spannungen, weil die Banken heimische Unternehmen stützen und der Regierung Anleihen abkaufen müssen.

Der Schritt markiert einen vorläufigen Wendepunkt in den Finanzbeziehungen des Königreichs zum Ausland. Bislang war Riad meistens als Geldgeber statt als Nehmer aufgetreten. „Mit dem Kredit testet Saudi-Arabien das Marktumfeld und baut sich ein Profil eines Kreditnehmers auf. Dies führt zu einem Wandel von einer Gebernation hin zu einer Nehmernation. Es ist ein wichtiger Moment des Wandels in den Kapitalmärkten“, sagte ein Repräsentant des amerikanischen Vermögensverwalters BlockRock.

Saudi-Arabien könnte außerdem bald noch eine Anleihe begeben, um an frisches Geld zu kommen. Weder das Finanzministerium noch die Zentralbank und die Geldhäuser wollten sich auf Nachfrage zu dem Geschäft äußern. Der aktuelle Kredit wird am Markt als ein vorbereitendes Element einer künftigen Anleihe betrachtet.

Auch Katar und der Oman mussten sich aufgrund der niedrigen Preise für Rohöl in diesem Jahr schon Geld in Milliardenhöhe leihen. Das Emirat Abu Dhabi bereitet derzeit mit Bank of America Merrill Lynch, JPMorgan und Citigroup seine dritte internationale Anleihe vor.

*** Bestellen Sie den täglichen Newsletter der Deutschen Wirtschafts Nachrichten: Die wichtigsten aktuellen News und die exklusiven Stories bereits am frühen Morgen. Verschaffen Sie sich einen Informations-Vorsprung. Anmeldung zum Gratis-Newsletter hier. ***


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft OWZE-Prognose 2024: Minimales Wirtschaftswachstum für Deutschland erwartet
02.05.2024

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OWZE) geht von einem minimalen Wirtschaftswachstum für Deutschland...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschland im Investitionstief: Rückgang setzt Wirtschaft unter Druck
02.05.2024

Deutschlands Attraktivität für ausländische Investitionen schwindet weiter: 2023 markiert den niedrigsten Stand seit 2013. Manche...

DWN
Politik
Politik 1.-Mai-Demonstrationen: Gewerkschaften fordern dringend Gerechtigkeit
02.05.2024

Am Tag der Arbeit kämpfen Gewerkschaften für bessere Arbeitsbedingungen. Ihre Spitzenvertreter betonten die Notwendigkeit von...

DWN
Politik
Politik Militärhistoriker Lothar Schröter im DWN-Interview: Die Folgen des Massenmords von Odessa 2014
02.05.2024

Der Militärhistoriker Lothar Schröter ordnet im DWN-Interview den Massenmord in Odessa vom 2. Mai 2014 ein. Dabei geht er auch auf die...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview: Ukraine-Krieg - Zehn Jahre nach dem Massenmord von Odessa
02.05.2024

Am 2. Mai 2014 ist es in der ukrainischen Stadt Odessa zu einem Massenmord gekommen, bei dem fast fünfzig Menschen qualvoll ums Leben...

DWN
Technologie
Technologie Infineon vor herausforderndem Quartal: Augenmerk auf Zukunftsaussichten
02.05.2024

Der Chiphersteller Infineon sieht schwieriges Quartal voraus, mit moderaten Rückgängen und angespanntem Automobilmarkt. Wie geht es...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin als Geldanlage: „Das ist gleichzusetzen mit einem Besuch im Casino“
02.05.2024

Bitcoin entzweit trotz neuer Kursrekorde die Anlegergemeinschaft. Die einen halten große Stücke auf den Coin, die anderen sind kritisch....

DWN
Immobilien
Immobilien Balkonkraftwerk mit Speicher: Solarpaket könnte Boom auslösen - lohnt sich der Einbau?
01.05.2024

Balkonkraftwerke aus Steckersolargeräten werden immer beliebter in Deutschland. Insgesamt gibt es aktuell über 400.000 dieser sogenannten...