Politik

Unerwarteter Erfolg für Russland im Streit um Yukos

Im Milliardenstreit um die Zerschlagung des Yukos-Ölkonzerns hat Russland überraschend einen Erfolg erzielt. Demnach muss Russland keine 50 Milliarden Dollar an ehemalige Yukos-Aktionäre zahlen.
20.04.2016 16:04
Lesezeit: 1 min

Ein Gericht in den Niederlanden hat ein Urteil aufgehoben, das Russland zu milliardenschweren Schadenersatzzahlungen an ehemalige Aktionäre des Ölkonzerns Yukos verpflichtete. Der Ständige Schiedsgerichtshof, der das Urteil verhängt hatte, sei in dieser Sache nicht zuständig gewesen, entschied das Haager Bezirksgericht am Mittwoch. Russland müsse deshalb die geforderten 50 Milliarden Dollar (44 Milliarden Euro) nicht zahlen.

Hintergrund des Rechtsstreits ist die Zerschlagung des Yukos-Konzerns im Jahr 2003 nach der Festnahme von Konzernchef Michail Chodorkowski sowie umfangreichen Steuernachforderungen. In einem undurchsichtigen Auktionsverfahren wurden einzelne Yukos-Teile von 2004 bis 2006 an staatliche russische Unternehmen verkauft, angeführt vom Energiekonzern Rosneft.

Der Ständige Schiedsgerichtshof in Den Haag entschied im Jahr 2014, Russland habe Yukos mit übertriebenen Steuernachforderungen in den Bankrott gezwungen und dann an die Staatsfirmen verkauft. Damit seien die Yukos-Anteilseigner enteignet worden. Sie hätten deshalb Anspruch auf 50 Milliarden Dollar Schadenersatz vom russischen Staat.

Der Kreml begrüßte das Urteil. „Russland hat seit Prozessbeginn kritisiert, dass die Entscheidung des Schiedsgerichts die wichtigsten Aspekte des internationalen Rechts nicht berücksichtigt“, sagte der Sprecher von Präsident Wladimir Putin, Dmitri Peskow. Moskau habe in der Tat die Energiecharta nicht ratifiziert. „Wir verstehen aber sehr gut, dass das jetzige Urteil nicht das Ende der Geschichte bedeutet“, sagte Peskow. Russland bereite sich auf die nächste Instanz im Streit vor. Moskau hatte das Urteil dem Zivilgericht zur Prüfung vorgelegt. Allerdings hoffe die Regierung, dass nun auch die Versuche der ehemaligen Yukos-Aktionäre aufhörten, unter Bezugnahme auf das Schiedsgerichts-Urteil russische Besitztümer in verschiedenen Ländern konfiszieren zu lassen.

Die ehemaligen Yukos-Aktionäre kündigten Berufung an. „Wir verweisen weiterhin auf den 2014 einstimmig ergangenen Schiedsspruch zur politisch motivierten Zerschlagung von Yukos“, sagte einer ihrer Vertreter, Tim Osborne. „Wir haben vollstes Vertrauen darin, dass sich letztlich rechtsstaatliche Prinzipien durchsetzen werden.“

Dem Bezirksgericht zufolge hat der Schiedsgerichtshof keine Rechtsprechungskompetenz in Angelegenheiten, die mit dem sogenannten Vertrag über die Energiecharta zusammenhängen. Dieser schützt internationale Investoren in der Energiebranche. Russland hat den Vertrag demnach zwar unterzeichnet, aber nicht ratifiziert. Deshalb sei die Entscheidung des Schiedsgerichtshofs „unvereinbar mit russischem Recht“.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundesbank: Deutsche Exportwirtschaft verliert deutlich an globaler Stärke
14.07.2025

Die deutsche Exportwirtschaft steht laut einer aktuellen Analyse der Bundesbank zunehmend unter Druck. Branchen wie Maschinenbau, Chemie...

DWN
Immobilien
Immobilien Gebäudeenergiegesetz: Milliardenprojekt für 1,4 Billionen Euro – hohe Belastung, unklare Wirkung, politisches Chaos
14.07.2025

Die kommende Gebäudesanierung in Deutschland kostet laut Studie rund 1,4 Billionen Euro. Ziel ist eine Reduktion der CO₂-Emissionen im...

DWN
Politik
Politik EU plant 18. Sanktionspaket gegen Russland: Ölpreisobergrenze im Visier
14.07.2025

Die EU verschärft den Druck auf Moskau – mit einer neuen Preisgrenze für russisches Öl. Doch wirkt die Maßnahme überhaupt? Und was...

DWN
Technologie
Technologie Datenschutzstreit um DeepSeek: Deutschland will China-KI aus App-Stores verbannen
14.07.2025

Die chinesische KI-App DeepSeek steht in Deutschland unter Druck. Wegen schwerwiegender Datenschutzbedenken fordert die...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 unter Druck – Sommerkrise nicht ausgeschlossen
14.07.2025

Donald Trump droht mit neuen Zöllen, Analysten warnen vor einer Sommerkrise – und die Prognosen für den S&P 500 könnten nicht...

DWN
Politik
Politik Wenn der Staat lahmt: Warum die Demokratie leidet
14.07.2025

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnt eindringlich vor den Folgen staatlicher Handlungsunfähigkeit. Ob kaputte Brücken,...

DWN
Politik
Politik Fluchtgrund Gewalt: Neue Angriffe in Syrien verstärken Ruf nach Schutz
14.07.2025

Trotz Versprechen auf nationale Einheit eskaliert in Syrien erneut die Gewalt. Im Süden des Landes kommt es zu schweren Zusammenstößen...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersarmut nach 45 Beitragsjahren: Jeder Vierte bekommt weniger als 1300 Euro Rente
14.07.2025

Auch wer sein Leben lang gearbeitet hat, kann oft nicht von seiner Rente leben. Dabei gibt es enorme regionale Unterschiede und ein starkes...