Politik

UNHCR: Bootsflüchtlinge berichten von Katastrophe im Mittelmeer

Das UNHCR berichtet, es habe im Mittelmeer eine Katastrophe mit möglicherweise bis zu 500 Toten gegeben. Flüchtlinge und Migranten sollen von Schleppern gezwungen worden sein, von einem kleinen Boot auf ein größeres zu wechseln. Bei diesem Manöver soll das Boot gekentert sein.
21.04.2016 01:29
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Aus dem Mittelmeer gerettete Flüchtlinge haben nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR Berichte über einen Schiffsuntergang mit hunderten Toten bestätigt. Die Überlebenden hätten nach ihrer Ankunft im griechischen Kalamata von dem Unglück berichtet, bei dem bis zu 500 Flüchtlinge ums Leben gekommen sein könnten, erklärte die für Südeuropa zuständige Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks, Carlotta Sami, in Rom.

Es wäre eine der schlimmsten Tragödien seit Beginn der Flüchtlingskrise in Europa. Die 41 Überlebenden stammen nach eigenen Angaben aus Somalia, Äthiopien und dem Sudan. Zu ihnen zählten 37 Männer, drei Frauen und ein dreijähriges Kind, das mit seiner Familie unterwegs war. Sie wurden am Samstag von einem Handelsschiff aus dem Meer gerettet und trafen am Sonntag in Kalamata ein.

Die überlebenden Migranten waren demnach vergangene Woche unweit der ostlibyschen Hafenstadt Tobruk mit einem 30 Meter langen fahruntüchtigen Boot zur Überfahrt nach Europa aufgebrochen. An Bord waren zwischen 100 und 200 Menschen. Mitten auf dem Meer wollten Menschenschmuggler sie dann zwingen, auf ein größeres Schiff umzusteigen. Dieses sei jedoch mit mehreren hunderten Menschen bereits hoffnungslos überfüllt gewesen, erklärte das UNHCR weiter.

Die heftige Bewegung und die zusätzliche Last brachten das große Boot den Angaben zufolge zum Kentern. Ein Teil der Überlebenden sei noch nicht an Bord des größeren Schiffs gewesen, den anderen sei es gelungen, zu dem kleineren Boot zurückzuschwimmen, mit dem sie dann hilflos auf dem Meer getrieben seien, erklärte die UNHCR-Sprecherin weiter.

Offenbar trieben die Migranten bis zu drei Tage lang hilflos auf dem offenen Wasser, bevor sie von einem Frachter unter philippinischer Flagge gerettet wurden. Dieser brachte die Menschen nach Kalamata auf der griechischen Halbinsel Peloponnes, wo sie vorerst in einem Stadion untergebracht wurden.

Laut der griechischen Hafenpolizei wurden die Flüchtlinge vor Pylos aus dem Meer geborgen. In ihrer Unterkunft hätten die Menschen zunächst nichts von dem Schiffsuntergang berichtet, hieß es. Eine UNHCR-Sprecherin sagte der Nachrichtenagentur AFP jedoch, die Aussagen der Überlebenden seien stimmig. Ein Mitarbeiter der Organisation habe mithilfe eines Dolmetschers mit den Menschen gesprochen. Einige hätten berichtet, dass sie bei der Katastrophe Angehörige verloren hätten.

Eine Vertreterin der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in Athen sagte, die betroffenen Flüchtlinge hätten je nach Herkunftsland eine Aufenthaltserlaubnis zwischen zunächst einem und sechs Monaten erhalten. Berichte über die neue Flüchtlingskatastrophe kursierten bereits seit Montag.

Bei der vermutlich schlimmsten Flüchtlingstragödie im Mittelmeer waren Mitte April 2015 bis zu 800 Menschen vor der Küste Libyens ums Leben gekommen. Im September 2014 ertranken bis zu 500 Flüchtlinge vor der Küste Maltas - sie hatten sich geweigert, in ein kleineres Boot umzusteigen, woraufhin die Schlepper ihr Schiff rammten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Ölpreis: OPEC-Konflikt eskaliert – Saudi-Arabien warnt vor Marktchaos
11.05.2025

Ein gefährlicher Riss geht durch die mächtige Allianz der OPEC-Plus-Staaten. Statt mit geschlossener Strategie die Preise zu...

DWN
Politik
Politik Kann Deutschland Europa retten? Der neue Koalitionsvertrag offenbart alte Schwächen
11.05.2025

Zum Europatag 2025 richtet sich der Blick erneut nach Berlin. Die Erwartungen an Deutschland sind hoch – nicht nur innerhalb der Union,...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsenkrisen: Warum Volatilität kein Risiko ist
11.05.2025

Wenn die Börsen Achterbahn fahren, zittern viele Anleger. Doch Panik ist oft der schlechteste Berater – denn was aussieht wie ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Strategien für Krisenzeiten: Wie Sie jetzt Ihre Unternehmensleistung steigern
11.05.2025

Steigende Kosten, Fachkräftemangel, Finanzierungsdruck – viele KMU kämpfen ums Überleben. Doch mit den richtigen Strategien lässt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA vor Energieumbruch: Strom wird zum neuen Öl – und zur nächsten geopolitischen Baustelle
11.05.2025

Ein fundamentaler Wandel zeichnet sich in der US-Wirtschaft ab: Elektrizität verdrängt Öl als Rückgrat der nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bill Gates verschenkt Vermögen – Symbol einer neuen Weltordnung oder letzter Akt der alten Eliten?
11.05.2025

Bill Gates verschenkt sein Vermögen – ein historischer Akt der Großzügigkeit oder ein strategischer Schachzug globaler Machtpolitik?...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Made in America“ wird zur Hypothek: US-Marken in Europa auf dem Rückzug
11.05.2025

Eine neue Studie der Europäischen Zentralbank legt nahe: Der Handelskrieg zwischen den USA und der EU hat tiefgreifende Spuren im...

DWN
Finanzen
Finanzen Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen
10.05.2025

Schockwellen aus Washington stürzen IPO-Pläne weltweit ins Chaos – Klarna, StubHub und andere Unternehmen treten den Rückzug an.