Politik

Steigende Stahl-Preise in China belasten Europas Produzenten

Eine hohe Nachfrage an den chinesischen Warentermin-Börsen hat zu steigenden Stahlpreisen geführt. Die Entwicklung dürfte dem von der Regierung geforderten Abbau der Überkapazität im Bereich Stahl und Kohle zuwiderlaufen. Für die europäische Branche bedeutet dies ebenfalls nichts Gutes, weil dadurch noch mehr billige Erzeugnisse aus Fernost auf die Weltmärkte gelangen könnten.
04.05.2016 01:44
Lesezeit: 2 min

Die Preise für Stahl sind in China zuletzt deutlich angestiegen. Zum ersten Mal seit dem Jahr 2014 kostete eine Tonne chinesischen Baustahls vergangene Woche wieder mehr als 3000 Renminbi (rund 400 Euro), wie Financial Times berichtet. Der Preisanstieg führte zu einem erhöhten Aufkommen im spekulativen Handel, insbesondere bei Termingeschäften für Stahl und Eisenerz. Die Regierung dürfe die Entwicklung mit einiger Skepsis verfolgen.

Sie möchte Spekulationen mit Rohstoffen eindämmen, um die Bildung einer Blase auf den Terminmärkten zu verhindern. Davon betroffen sind insbesondere die Märkte für Baumwolle und Bergbauerzeugnisse wie Kohle, Koks, Eiseinerz und Stahl. Vergangenen Freitag warnten staatliche Regulatoren die Händler in der ostchinesischen Provinz Henan mit einer Textbotschaft vor Spekulationen mit Rohstoffen, falls diese über keine Erlaubnis der Aufsichtsbehörden verfügten, wie Financial Times berichtet.

Hinzu kommt, dass der Preisanstieg dem staatlich verordneten Abbau der Überkapazitäten auf dem Stahlmarkt zuwiderläuft. Produzenten könnten aufgrund der gestiegenen Gewinnchancen einen Wiedereinstieg in den Markt oder eine Intensivierung der Produktion prüfen, so die Vermutung. Financial Times zufolge könnte beispielsweise die 2014 Bankrott gegangene Fabrik von Highsee Steel unter dem Management der Jianlong-Gruppe die Produktion ab Mai wiederaufnehmen. Die Regierung plant, die heimische Stahl-Produktion in den kommenden fünf Jahren um 100 bis 150 Millionen Tonnen zu reduzieren. Im Zuge des Abbaus der Überkapazitäten sollen rund 1,8 Millionen Arbeiter entlassen werden.

Überdies sollen der Regierung zufolge in den kommenden zwei bis drei Jahren fünf bis sechs Millionen Arbeitsplätze bei sogenannten „Zombie-Firmen“ gestrichen werden, die seit Jahren Verluste schreiben und in der Regel hoch verschuldet sind. Insgesamt hätten diese „Zombie-Firmen“ Unternehmensschulden in Höhe von 3,3 Billionen Renminbi angesammelt, so Financial Times. Die wachsende Verschuldung chinesischer Unternehmen macht den Aufsichtsbehörden seit einiger Zeit zu schaffen. Bleiben die Stahlpreise hoch, dürften sich viele dieser Firmen weiter über Wasser halten  und eine natürliche Konsolidierung des Marktes verhindern.

Europas Stahlbranche gehört zu den größten Leittragenden einer verstärkten Aktivität in China. Hiesigen Unternehmen fällt es schwer, mit den großen Mengen billigen Stahls zu konkurrieren, die ihre chinesischen Konkurrenten auf den Markt werfen. Dem wachsenden Druck hatte sich die Europäische Kommission vor einigen Wochen gebeugt und Importzölle auf verschieden chinesische Erzeugnisse erhoben. Kritiker gehen allerdings davon aus, dass dies bei weitem nicht ausreichen wird, um die Branche langfristig zu stützen. Das indische Unternehmen Tata Steel hatte sich kürzlich mit Verweis auf die Flutung der Märkte mit subventioniertem chinesischen Stahl aus Großbritannien zurückgezogen.

*** Bestellen Sie den täglichen Newsletter der Deutschen Wirtschafts Nachrichten: Die wichtigsten aktuellen News und die exklusiven Stories bereits am frühen Morgen. Verschaffen Sie sich einen Informations-Vorsprung. Anmeldung zum Gratis-Newsletter hier. ***

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Migration: Nancy Faeser sieht eigene Migrationspolitik als Erfolg
01.04.2025

Während SPD und Union über eine mögliche Koalition verhandeln: Die geschäftsführende Innenministerin Faeser präsentierte heute...

DWN
Politik
Politik Handelskonflikt eskaliert: EU prüft bislang ungenutztes Instrument
01.04.2025

Die Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA stehen kurz vor einer Eskalation. US-Präsident Trump plant neue Zölle auf eine...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Trumps Zölle - Warum Hyundai jetzt auf Milliarden-Investitionen in den USA setzt
01.04.2025

Geht sein Plan auf? Trumps Zollerhöhungen erzwingen bereits drastische Reaktionen. Hyundai investiert 21 Milliarden US-Dollar in die USA,...

DWN
Politik
Politik AfD holt in Umfrage auf: Union büßt nach Bundestagswahl stark ein
01.04.2025

Nach der Bundestagswahl verliert die Union in den Umfragen, während die AfD kräftig zulegt. Auch SPD und Grüne verzeichnen Rückgänge,...

DWN
Politik
Politik Bamf-Chef Sommer will radikale Asyl-Wende - Rücktritt gefordert
01.04.2025

Bamf-Chef Hans-Eckhard Sommer fordert eine radikale Wende in der deutschen Asylpolitik. Statt individueller Anträge plädiert er für eine...

DWN
Finanzen
Finanzen Europa-ETF-Vergleich: Wie Sie mit Europa-fokussierten ETFs Geld verdienen - und welche Europa-ETF sinnvoll sind
01.04.2025

Da die Trump-Administration die Unterstützung für die Ukraine zurückfährt, protektionistische Zölle erlässt und sich von der...

DWN
Politik
Politik Reform Arbeitszeitgesetz: 8-Stunden-Tag nicht mehr zeitgemäß?
01.04.2025

Union und SPD schlagen vor, aus der täglichen eine wöchentliche Höchstarbeitszeit zu machen. Von der Wirtschaft gibt es Zuspruch, die...

DWN
Politik
Politik Stephan Weil: Niedersachsens Ministerpräsident (SPD) zieht sich aus Politik zurück
01.04.2025

Stephan Weil beendet nach mehr als zwölf Jahren als Ministerpräsident von Niedersachsen seine politische Karriere. Mit einem klaren Kurs...