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Die Schweizerische Nationalbank (SNB) bereitet sich dem Ökonomen Nouriel Roubini zufolge auf einen möglichen Austritt Großbritanniens aus der EU („Brexit“) vor. Bis zur Entscheidung Ende Juni dürfte die Zentralbank ihre Geldpolitik allerdings nicht ändern – sie werde demnach bei der nächsten Sitzung am 16. Juni wahrscheinlich nichts Neues bekanntgeben.
Falls Großbritannien die EU tatsächlich verlässt, muss die SNB jedoch schnell und entschieden reagieren, um eine massive Aufwertung des Schweizer Franken abzuwehren. Roubini geht der Handelszeitung zufolge in diesem Fall davon aus, dass der Franken bis zur Parität mit dem Euro oder sogar darüber hinaus aufwertet – weil vormals in Großbritannien engagierte Investoren in den Schweizer Franken flüchten würden. Die von der SNB in den vergangenen Jahren getätigten Devisenkäufe zur Schwächung des Frankenkurses könnten dem Aufwertungsdruck unter diesen Umständen nicht standhalten – die SNB müsste zusätzliche Maßnahmen ergreifen, so der Ökonom.
Roubini geht davon aus, dass die SNB im Fall eines „Brexit“ den negativen Einlagensatz von derzeit minus 0,75 Prozent auf bis zu minus 1,25 Prozent absenken werde. Damit würde die Anlage von Geldern im Frankenraum extrem unattraktiv gestaltet. Er hält es zudem für nicht ausgeschlossen, dass die SNB den Banken das Umsichten ihrer Reserven in Bargeld untersagen würde, was faktisch einer sanften Enteignung gleichkommt.
Befürworter eines Austritts gehen davon aus, dass Großbritannien einen Wirtschaftsvertrag mit der EU aushandeln könnte, der besser wäre als jener, den die Schweiz mit der EU unterhält. „Wir können unser eigenes maßgeschneidertes Modell haben. Ich bin sicher, dass wir einen besseren Vertrag als die Schweiz bekommen würden, was den Finanzsektor anbelangt – wozu das schiere Gewicht der City of London beitragen dürfte“, sagte der Vorsitzende der Austrittskampagne Bloomberg zufolge.
Mehrere britische Befürworter eines Austritts haben die Strategie der Schweiz gegenüber der EU in der Vergangenheit als beispielhaft bezeichnet. Diesem Weg sollte Großbritannien folgen, falls es die EU verlasse. Beobachter bezweifeln allerdings, dass sich das Schweizer Modell einfach wiederholen lasse. Rene Schwok, einem Professor für Politikwissenschaften an der Universität Genf, zufolge dürften sich Neuverhandlungen als schwierig erweisen „in einer Zeit, in der der Staatenbund mit den Beziehungen zur Schweiz unzufrieden ist.“
„Großbritannien müsste sich total umbauen und dann wieder zusammensetzen, aber es wäre wie wenn man ein neues Haus in Tschernobyl bauen wollte“, sagte Schwok zu Bloomberg. Die Schweiz brauchte sechs Jahre, um einen Vertrag mit der EU zu verhandeln. Schwok zufolge erhielt die Eidgenossenschaft von Seiten Europas aber quasi mildernde Umstände, weil die wirtschaftliche Kooperation als ein erster Schritt hin zu einer EU-Vollmitgliedschaft der Schweiz verstanden wurde. Über diesen Bonus würde Großbritannien dann nicht mehr verfügen.
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