Politik

Erdogan fordert von der EU Überweisung von drei Milliarden Euro

Lesezeit: 2 min
12.05.2016 02:17
Der türkische Präsident Erdogan zeigt sich zunehmend ungehalten über die Tatsache, dass die EU die versprochenen drei Milliarden Euro für die Flüchtlinge noch nicht überwiesen hat. Die EU will das Geld jedoch nicht direkt an die Türkei überweisen, sondern Hilfsorganisationen einschalten - um sicherzugehen, dass das Geld auch wirklich für die Flüchtlinge verwendet wird.
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Die FT berichtet von einer Rede des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan am Dienstag. Darin beklagte sich Erdogan, dass die EU ihrem Zahlungsversprechen von drei Milliarden Euro noch nicht nachgekommen sei. Erdogan: "Diese Land kümmert sich um drei Millionen Flüchtlinge. Was haben sie gesagt? Wir geben Dir drei Milliarden Euro. Und - haben sie uns schon irgendetwas von dem Geld gegeben? Nein. Sie spielen den Ball noch immer irgendwo im Mittelfeld herum. Wenn Ihr uns Geld geben wollten, so gebt es uns doch einfach." Erdogan weiter: "Diese Verwalter kommen her zu uns, fahren in die Lager und fragen gleichzeitig nach mehr Projekten. Wollt ihr uns veräppeln? Welche Projekte? Wir betreiben 25 Lager. Ihr habt sie gesehen. Es gibt keine Projekte. Wir haben sie schon implementiert.

Hintergrund des Zögerns der EU ist die Unsicherheit, was mit dem Geld genau geschieht. So kursieren derzeit verschiedene Vorschläge, das Geld über Hilfsorganisationen zu den Flüchtlingen zu bringen. Doch dies lehnt die Türkei ab. Die FT zitiert den Flüchtlingsbeauftragten der Türkei, Fuat Oktay, mit den Worten, die Türkei wisse am besten, was die Flüchtlinge brauchen - und lehnt Vermittler strikt ab. Oktay sagte, die EU kümmere sich um "Bürokratie, Regeln und Prozeduren". Dies sei zu überwinden. Die FT sieht in dem Dissens ein neues, erhebliches Problem für den Deal, den Angela Merkel mit der Türkei vorgeschlagen hat. Das größte Problem in diesem Zusammenhang dürfte der Rücktritt von Premier Davutoglu sein, der die Details des Deals mit Merkel verhandelt hatte.

Der Streit um eine Visafreiheit für türkische Bürger gefährdet den Deal ohnehin schon massiv. Die gesamte Vereinbarung befinde sich in einem "sehr gefährlichen Moment", sagte der türkische Europaminister Volkan Bozkir am Mittwoch nach einem Gespräch mit dem Präsidenten des Europaparlaments, Martin Schulz (SPD), in Straßburg. Zugleich lehnte er die von der EU geforderte Änderung des türkischen Anti-Terror-Gesetzes erneut ab.

Das geplante Abkommen zur Visabefreiung wird derzeit vom Europaparlament blockiert, weil Schulz die Vorlage nicht an den zuständigen Rechtsausschuss verwiesen hat. Solange die Türkei nicht alle Kriterien erfüllt habe, könnten die Beratungen nicht aufgenommen werden, erläuterte der SPD-Politiker. Das Gespräch mit Bozkir sei "offen und konstruktiv" gewesen. "Aber es gibt noch keine Lösung", fügte Schulz hinzu.

Die Reform des Anti-Terror-Gesetzes gehört zu den 72 Kriterien, welche die EU für die von der Türkei angestrebte Visabefreiung fordert. Derzeit erlaubt das Gesetz ein Vorgehen etwa gegen Journalisten und Akademiker, auch wenn keine konkreten Verdachtsmomente vorliegen. Dies ist für Brüssel nicht hinnehmbar.

In der Türkei seien 450 Sicherheitskräfte von Anhängern der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) getötet worden, viele Menschen seien bei Selbstmordanschlägen getötet worden, sagte Bozkir. Unter diesen Umständen sei eine Änderung der Anti-Terror-Gesetze "völlig unmöglich."

Ankara droht, ohne die Visabefreiung den Pakt zur Rücknahme syrischer Flüchtlinge aus Griechenland platzen zu lassen. Sollte das Europaparlament das Abkommen weiter blockieren, "schicken wir die Flüchtlinge los", drohte ein Berater des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.

Ursprünglich hatte die EU der Türkei die Befreiung von der Visapflicht bis Ende Juni in Aussicht gestellt. Dieser Zeitplan ist nach Einschätzung von Parlamentspräsident Schulz aufgrund des Streits um das Anti-Terror-Gesetze aber kaum noch zu halten.

Sei Erdogan nicht bereit, die Kriterien zu erfüllen, "dann wird es keine Visafreiheit geben", sagte auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) laut einem Bericht der "Bild"-Zeitung bei einer Sitzung der Unionsfraktion.

Der Flüchtlingspakt sieht vor, dass die Türkei syrische Flüchtlinge zurücknimmt, die irregulär nach Griechenland gelangt sind. Im Gegenzug verpflichtet sich die EU, syrische Flüchtlinge, die sich bereits zuvor in der Türkei aufhielten, aufzunehmen. Auch wurden Ankara milliardenschwere Beträge zur Betreuung von Flüchtlingen zugesagt.

Das Europaparlament hat bei Abkommen mit Drittstaaten ein Miteinscheidungsrecht. Die geplante Übereinkunft zur Visabefreiung muss daher im Rechtsausschuss beraten und vom Plenum verabschiedet werden, damit sie in Kraft treten kann.


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