Politik

Fluchtursache: Bevölkerung in Syrien leidet unter Sanktionen des Westens

Die westlichen Sanktionen gegen Syrien haben sich verheerend auf die syrische Zivilbevölkerung ausgewirkt. Menschen mangelt es an Nahrung und Kleidung. Krankenhäuser sind zerstört oder funktionieren wegen des Mangels nicht mehr. Diese Sanktionen endlich aufzuheben, wäre die wichtigste Maßnahme, um die sogenannten Fluchtursachen zu bekämpfen.
15.05.2016 03:31
Lesezeit: 2 min

Die Sanktionen des Westens gegen Syrien wirken sich vor allem verheerend auf die syrische Zivilbevölkerung aus. Bouthania Shaaban, politische Beraterin des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad, sagte im Interview mit dem australischen Sender ABC: „Das erste, was der Westen im Kampf gegen den Terrorismus tun muss, ist, die Sanktionen gegen das syrische Volk aufzuheben. Die Sanktionen helfen den Terroristen gegen das syrische Volk. Das syrische Volk leidet in doppelter Hinsicht, nämlich sowohl durch die westlichen Maßnahmen als auch durch die Terroristen.

Der kanadische Autor und Menschenrechtsaktivist Stephen Gowans schrieb vor kurzem über die US-Regierung, dass der Sturz der syrischen Regierung seit langem geplant war. Die Sanktionen seien ein Teil dieses Plans: „Dokumente, die vom US-Kongress bereits im Jahr 2005 erstellt wurden, ergeben, dass die US-Regierung einen Regime-Change in Syrien aktiv erwog (…). Als eine Alternative zur direkten Militärintervention, um die syrische Regierung zu stürzen, entschieden sich die USA dafür, Druck auf Damaskus durch Sanktionen auszuüben und die syrische Opposition im Inland zu unterstützen.“

Die Webseite „End The Sanctions on Syria“ berichtet: „Ähnliche Sanktionen gegen den Irak in den 1990er Jahren haben zum Tod von mehr als einer halben Million irakischer Kinder geführt.“

Die Seite berichtet weiter: „701 von 1.921 syrischen Gesundheitszentren wurden durch Terroranschläge komplett zerstört. Der Wiederaufbau dieser Zentren wurde durch die Sanktionen der EU und der USA verzögert. Die Sanktionen hatten ohnehin ,tiefe Spuren im Gesundheitssystem‘ hinterlassen (…) Das beinhaltet die Blockade des Zugangs zu Arzneimitteln, medizinischen Geräten und zum Verkehr und zur Kommunikation.“

The Lancet berichtet am 27. Mai 2015: „Die Kosten für Grundnahrungsmittel sind seit 2010 um das Sechsfache gestiegen, obwohl es Abweichungen in den einzelnen Regionen gibt. Mit Ausnahme von Arzneimitteln für Krebs und Diabetes, war Syrien vor dem Krieg  in Bezug auf die Medizinproduktion 95 Prozent autark. Dies ist praktisch wie alle Krankenhäuser und primären Gesundheitszentren zusammengebrochen.

Die wirtschaftlichen Sanktionen haben nicht zum Sturz des Präsidenten geführt: (…) Ausschließlich Zivilisten sind in der Schusslinie, wie sich am desolaten Zustand der Haushalts- und Makro-Volkswirtschaften erkennen lässt. Die Sanktionen gehören zu den Hauptursachen des Leids der Menschen im Syrien-Konflikt.“

Die Assad-Beraterin Shaaban übt zudem scharfe Kritik an den Widersprüchlichkeiten der westlichen Außenpolitik: „Die widersprüchlichen Aussagen aus dem Westen sind gelinde gesagt rätselhaft. Selbst wenn er (US-Außenminister John Kerry) sagt, dass die USA keinen Regimewechsel suchen, sagt die amerikanische UN-Botschafterin (Samantha Powers), das Präsident Assad gehen muss. Kerry gab eine Erklärung im Sicherheitsrat ab, wonach er sich mit Russland darauf geeinigt habe, dass das syrische Volk über sein Schicksal und seine Regierung entscheiden soll. Doch dann kommt Obama und sagt: ,Nein! Präsident Assad muss gehen‘.“

Von 2011 bis Mai 2014 haben Russland sowie China viermal Vetos gegen anti-syrische Resolutionen des UN-Sicherheitsrats eingelegt.

Shaaban: „Niemand spricht über die Granaten, die unsere Städte und Zivilisten treffen. Diese Raketen treffen unsere Schulen, unsere Krankenhäuser und Menschen auf der Straße. Sie zielen nicht auf die Armee. Viele Länder besitzen die Technologie, die diese Granaten und Raketen aufspüren und Menschenleben retten könnten.  Doch aufgrund der Sanktionen gegen Syrien wird uns niemand diese Technologie geben.“

Im Jahr 2011 verhängten die USA und die EU harte Sanktionen gegen Syrien. „Innerhalb eines Zeitraums von weniger als einem Jahr kulminierte diese Strategie dann allerdings in einer an Umfang und Vielfältigkeit kaum je dagewesenen Sanktionierung eines Landes“, berichtet die Bundeszentrale für politische Bildung (Bpb). Nahezu alle Bildungs-, Gesundheits- und sozialen Einrichtungen des Landes sind mittlerweile zerstört oder nicht mehr nutzbar. Die BpB berichtet, dass der Erfolg der Sanktionen ausgeblieben ist. Besonders fatal für die syrische Zivilbevölkerung soll der Umstand gewesen sein, dass viele der Sanktionssender „über die Sanktionen hinaus andere, militärische und/oder finanzielle Mittel“ einsetzten, um ihre Interessen in Syrien durchzusetzen.

*** Bestellen Sie den täglichen Newsletter der Deutschen Wirtschafts Nachrichten: Die wichtigsten aktuellen News und die exklusiven Stories bereits am frühen Morgen. Verschaffen Sie sich einen Informations-Vorsprung. Anmeldung zum Gratis-Newsletter hier. ***

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ökonomen der größten US-Banken sehen hohes Rezessionsrisiko in den USA
07.04.2025

Die von US-Präsident Donald Trump verhängten neuen Zölle haben weltweit zu dramatischen Einbrüchen an den Aktienmärkten geführt....

DWN
Finanzen
Finanzen DAX mit hohen Verlusten: Börsencrash 2025 weitet sich aus - DAX-Kurs zeitweise im freien Fall
07.04.2025

Börsencrash zum Wochenstart: Der DAX-Kurs hat am Montagmorgen drastisch an Wert verloren und sackte zum Handelsbeginn um rund zehn Prozent...

DWN
Politik
Politik Asylanträge: Deutschland nicht mehr Asyl-Spitzenreiter in Europa
07.04.2025

Im Februar wurde Deutschland bei der Zahl der Asylanträge in Europa erstmals von Frankreich übertroffen. Wie aus der in Nürnberg...

DWN
Politik
Politik Rohstoff-Deal: Ukraine sendet Delegation in die USA
07.04.2025

Die Ukraine wird bald ein Team nach Washington schicken, um über einen neuen Vertrag zu verhandeln, der den USA Zugang zu wichtigen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kommt eine Rückkehr ausländischer Firmen nach Russland?
07.04.2025

Nach der jüngsten Annäherung zwischen Kreml und Washington ist in Russland bereits von einem neuen Interesse westlicher Investoren die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU bietet den USA Deal für Freihandel mit Industriegütern an
07.04.2025

Die EU hat den USA einen neuen EU-Deal vorgeschlagen, der die vollständige Aufhebung der Zölle auf Industriegüter vorsieht. Trotz der...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Gibt es ein politisches Argument, jetzt fallende Aktien zu kaufen?
07.04.2025

Die von Donald Trump angekündigten Handelszölle rufen bei Investoren Erinnerungen an die Pandemiezeiten wach, da die Aktien so stark...

DWN
Finanzen
Finanzen Tesla-Aktienkurs stürzt ab: Ein riskantes Spiel – warum Anleger jetzt besonders vorsichtig sein sollten
07.04.2025

Die Tesla-Aktie steht derzeit im Fokus der Börsenwelt, aber nicht aus den besten Gründen. Der Aktienkurs des Elektroautobauers hat in den...