Finanzen

Goldman Sachs ruft die Trend-Wende beim Ölpreis aus

Goldman und andere Beobachter erwarten, dass die Erdölpreise in den kommenden Monaten steigen werden.Sie haben gute Argumente. Doch es gibt auch Entwicklungen, die mittelfristig eher auf niedrige Preise hindeuten.
17.05.2016 00:50
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Beobachter rechnen damit, dass sich der Markt für Erdöl in der zweiten Jahreshälfte stabilisieren könnte. Das aktuell hohe Überangebot werde demzufolge schrittweise zurückgehen, bis sich fast ein Gleichgewicht aus Angebot und Nachfrage gebildet habe.

Zu den Vertretern dieser Theorie gehört die Großbank Goldman Sachs. In einem kürzlich erschienenen Report schreibt sie, dass die globale Nachfrage das Angebot im Mai sogar überstiegen habe – ein Quartal früher als erwartet. „Die Entwicklung hin zu einem physischen Gleichgewicht hat endlich begonnen“, heißt es in dem Report. Die Prognose für Öl der Sorte WTI hat die Bank für das laufende Jahr von 38,40 Dollar auf 44,60 Dollar pro Barrel (159 Liter) angehoben, wie Bloomberg schreibt.

Zurückzuführen sei der globale Angebotsrückgang vornehmlich auf Produktionsausfälle und auf eine insgesamt gestiegene Nachfrage aus den Schwellenländern. Aufgrund von Anschlägen und Sabotageakten sei allein die Produktion in Nigeria um mindestens 30 Prozent zurückgegangen, schreibt Bloomberg. Dabei seien dem Informationsportal oilprice.com zufolge täglich etwa 500.000 Barrel Erdöl weniger produziert worden als unter normalen Bedingungen.

Kanada habe aufgrund der Waldbrände derzeit Einbußen von über einer Million Barrel Erdöl pro Tag zu verkraften, während Venezuela im Vergleich zum Vorjahr täglich rund 100.000 Barrel Öl weniger produziere, schreibt oilprice.com. Zu bedenken ist, dass sowohl Nigeria als auch Venezuela in der energiepolitischen Strategie der USA Schlüsselrollen zukommen.

Unterstützt wird die Stabilisierung von Angebot und Nachfrage von den Produktionsrückgängen in der amerikanischen Fracking-Industrie. Viele ihrer Unternehmen mussten die Förderung in den zurückliegenden Monaten einfrieren oder sogar einstellen. Anfang Mai sei die gesamte amerikanische Produktion auf rund 8,8 Millionen Barrel Öl täglich gefallen – was verglichen mit April 2015 ein Rückgang von rund 900.000 Barrel bedeute, meldet oilprice.com.

Diese Faktoren führen der Internationalen Energie-Agentur (IEA) zufolge dazu, dass sich das globale Überangebot von derzeit täglich 1,3 Millionen Barrel im dritten und vierten Quartal des laufenden Jahres auf rund 0,2 Millionen Barrel verringern werde. Die OPEC hatte jüngst bekannt gegeben, dass im gesamten vergangenen Jahr weltweit nur etwa 3 Milliarden Barrel an neuen Ölvorkommen entdeckt wurden – so wenig wie seit 60 Jahren nicht mehr, wie oilprice.com berichtet.

Einige Faktoren sprechen jedoch auch weiterhin für tiefe Preisniveaus. Dazu gehört die im April gemachte Ankündigung Saudi-Arabiens, die Förderung kurzfristig um bis zu einer Million Barrel täglich hochfahren zu können. Da es zu den geopolitischen Zielen des Königreichs gehört, Mitbewerber durch dauerhaft tiefe Preise zu schädigen beziehungsweise so viel Öl wie möglich zu verkaufen, ist diese Option durchaus möglich.

Dazu kommen die exorbitant hohen weltweiten Lagerbestände, die sich inzwischen auf ungefähr 540 Millionen Barrel summiert haben. Selbst wenn sich Angebot und Nachfrage einpendeln sollten, müssten diese Reserven erst abgebaut werden, um dauerhaft höhere Preise zu ermöglichen.

Jacob Hess von Oilprice.com sieht noch ein weiteres, gravierendes Problem: Die rückläufige Nachfrage aus China könnte seiner Ansicht nach den Kampf um den Ölpreis weiter anheizen. Verschärft könnte diese Entwicklung werden, weil China die Zeiten der niedrigen Preise genützt hat, um seine Lager zu füllen. China ist also selbst bei einer stabilen Nachfrage nicht gezwungen, als Käufer neue Impulse zu setzen.

*** Bestellen Sie den täglichen Newsletter der Deutschen Wirtschafts Nachrichten: Die wichtigsten aktuellen News und die exklusiven Stories bereits am frühen Morgen. Verschaffen Sie sich einen Informations-Vorsprung. Anmeldung zum Gratis-Newsletter hier. ***

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Strategien für Krisenzeiten: Wie Sie jetzt Ihre Unternehmensleistung steigern
11.05.2025

Steigende Kosten, Fachkräftemangel, Finanzierungsdruck – viele KMU kämpfen ums Überleben. Doch mit den richtigen Strategien lässt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA vor Energieumbruch: Strom wird zum neuen Öl – und zur nächsten geopolitischen Baustelle
11.05.2025

Ein fundamentaler Wandel zeichnet sich in der US-Wirtschaft ab: Elektrizität verdrängt Öl als Rückgrat der nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bill Gates verschenkt Vermögen – Symbol einer neuen Weltordnung oder letzter Akt der alten Eliten?
11.05.2025

Bill Gates verschenkt sein Vermögen – ein historischer Akt der Großzügigkeit oder ein strategischer Schachzug globaler Machtpolitik?...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Made in America“ wird zur Hypothek: US-Marken in Europa auf dem Rückzug
11.05.2025

Eine neue Studie der Europäischen Zentralbank legt nahe: Der Handelskrieg zwischen den USA und der EU hat tiefgreifende Spuren im...

DWN
Finanzen
Finanzen Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen
10.05.2025

Schockwellen aus Washington stürzen IPO-Pläne weltweit ins Chaos – Klarna, StubHub und andere Unternehmen treten den Rückzug an.

DWN
Finanzen
Finanzen Warren Buffett: Was wir von seinem Rückzug wirklich lernen müssen
10.05.2025

Nach sechs Jahrzehnten an der Spitze von Berkshire Hathaway verabschiedet sich Warren Buffett aus dem aktiven Management – und mit ihm...

DWN
Finanzen
Finanzen Silber kaufen: Was Sie über Silber als Geldanlage wissen sollten
10.05.2025

Als Sachwert ist Silber nicht beliebig vermehrbar, kann nicht entwertet werden und verfügt über einen realen Gegenwert. Warum Silber als...

DWN
Technologie
Technologie Technologieinvestitionen schützen die Welt vor einer Rezession
10.05.2025

Trotz der weltweiten Handelskonflikte und der anhaltenden geopolitischen Spannungen bleibt die Nachfrage nach Technologieinvestitionen...