Politik

Deutsche-Börse-Chef attackiert französische Regierung

Lesezeit: 2 min
31.05.2016 16:59
Die Deutsche Börse hat den Widerstand Frankreichs gegen die geplante Fusion mit der London Stock Exchange scharf kritisiert. Die französische Regierung lasse sich vom Pariser Börsenbetreiber Euronext instrumentalisieren, wenn sie gegen den Zusammenschluss Stimmung mache. Frankreich fürchtet, dass mit der Fusion ein übermächtiger Börsenkonzern in Europa entsteht.
Deutsche-Börse-Chef attackiert französische Regierung

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

„Der französische Staat ist mit sechs Prozent Aktionär bei Euronext - da ist ein gewisser Konflikt sichtbar“, sagte Vorstandschef Carsten Kengeter am Montagabend im Internationalen Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten (ICFW). Das berichtet Reuters.

Der französische Wirtschaftsminister Emmanuel Macron und Finanzminister Michel Sapin hatten vor der Entstehung eines übermächtigen Börsenkonzerns in Europa gewarnt. „Wir werden uns dafür einsetzen, dass sich die EU-Kommission das ansieht und die Entstehung einer dominanten Marktposition verhindert“, erklärte Sapin. Analysten sind der Ansicht, dass die Euronext durch die Fusion von Deutscher Börse und LSE noch weiter an den Rand gedrängt würde.

Die europäische Mehrländerbörse Euronext schloss sich 2007 mit der New York Stock Exchange (Nyse) zusammen. 2013 schluckte der US-Konkurrent ICE den fusionierten Konzern und spaltete die Euronext anschließend wieder ab. Die ICE gehe bei Zusammenschlüssen anders vor als Deutsche Börse und LSE. Die ICE habe die Nyse Euronext „zerstückelt, die ihres Erachtens werthaltigen Teile einbehalten und die wertlosen ausgespuckt“, sagte Kengeter. Heute sei die Euronext deshalb nur noch 2,5 Milliarden Euro wert und stehe ohne eigenes Abwicklungshaus da. Die Entwicklung von Paris als Börsen-Standort sei alles andere als positiv.

Kengeter will durch die Fusion von Deutscher Börse und LSE eine „Liquiditätsbrücke" zwischen Main und Themse bauen. „Es gibt keinen europäischen Finanzplatz, der London als Umschlagplatz für Kapital das Wasser reichen kann.“ Durch die Anbindung an die britische Finanzmetropole bekomme die Deutsche Börse mehr „Saft auf unsere hochentwickelten Systeme“, besonders bei der Abwicklung von Derivategeschäften und der Verwahrung von Wertpapieren. Auch Frankreich hätte gerne eine solche Verbindung mit London, erklärte Kengeter. „Paris würde triumphieren, wenn unser Projekt scheitert.“

Durch die Anbindung an London hätten es aus Kengeters Sicht auch deutsche Startups leichter, an Geld zu kommen. In der britischen Hauptstadt gebe es mit der AIM seit 25 Jahren ein Börsensegment für alternative Investments aus 40 Sektoren. „Das ist der große Unterschied zum ehemaligen Neuen Markt, der vielleicht über 1,5 Sektoren ging“, sagte Kengeter. „Wenn wir uns einige der Sachen borgen, könnten wir einen europäischen Technologiemarkt kreieren.“ Im Rhein-Main-Gebiet und in London könne ein Gegenstück zur US-Ideenschmiede Silicon Valley aufgebaut werden.

Der Neue Markt wurde 1997 im Technologie-Boom geschaffen, um jungen Unternehmen Zugang zu frischem Kapital zu geben. Bis 2000 schossen die Kurse von Internet- und IT-Firmen in astronomische Höhen, stürzten nach dem Platzen der „Dotcom-Blase“ dann aber ins Bodenlose. Viele Firmen gingen pleite, Betrugsfälle landeten vor Gericht. 2003 stellte die Deutsche Börse den Neuen Markt ein. Forderungen der Politik, ein neues Börsensegment für Startups in Deutschland einzuführen, hat der Konzern zurückgewiesen. Im vergangenen Jahr führte er stattdessen eine Online-Plattform ein, die junge Firmen mit Kapitalbedarf und risikofreudige Investoren zusammenbringt.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Politik
Politik Heimatschutz: Immer mehr Bürger dienen dem Land und leisten „Wehrdienst light"
01.05.2024

Ob Boris Pistorius (SPD) das große Ziel erreicht, die Truppe auf über 200.000 Soldaten aufzustocken bis 2031 ist noch nicht ausgemacht....

DWN
Immobilien
Immobilien Balkonkraftwerk mit Speicher: Solarpaket könnte Boom auslösen - lohnt sich der Einbau?
01.05.2024

Balkonkraftwerke aus Steckersolargeräten werden immer beliebter in Deutschland. Insgesamt gibt es aktuell über 400.000 dieser sogenannten...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Weltweite Aufrüstung verschärft Knappheit im Metallsektor
01.05.2024

Die geopolitischen Risiken sind derzeit so groß wie seit den Hochzeiten des Kalten Krieges nicht mehr. Gewaltige Investitionen fließen in...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Nachhaltigkeit als Schlüsselfaktor für Unternehmenserfolg
01.05.2024

Die Studie „Corporate Sustainability im Mittelstand“ zeigt, dass der Großteil der mittelständischen Unternehmen bereits Maßnahmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Private Pflegezusatzversicherungen: Wichtige Absicherung mit vielen Varianten
01.05.2024

Die gesetzliche Pflegeversicherung reicht oft nicht aus, um die Kosten im Pflegefall zu decken. Welche privaten Zusatzversicherungen bieten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen 22-Prozent unbezahlte Überstunden: Wenn Spitzenkräfte gratis arbeiten
01.05.2024

Arbeitszeit am Limit: Wer leistet in Deutschland die meisten Überstunden – oft ohne finanziellen Ausgleich? Eine Analyse zeigt,...

DWN
Finanzen
Finanzen Die größten Kostenfallen: So sparen Sie bei Fonds, Aktien und Co.
01.05.2024

Viele Anleger unterschätzen die Wirkung von Anlagekosten. Dabei sind Fondsgebühren, Orderkosten und Co. auf lange Sicht enorm...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Konsumstimmung steigt: Die Deutschen shoppen wieder
01.05.2024

Laut aktuellen Erhebungen der GfK steigt die Konsumstimmung in Deutschland für den Mai auf ein Zwei-Jahres-Hoch. Ausschlaggebend sind...