Politik

EZB sieht dauerhafte Erholung der Wirtschaft in Europa

Die EZB sieht die europäische Wirtschaft auf einem Erholungskurs, der von Dauer sein sollte. Interessant: Die EZB wirft zwischen den Zeilen die Frage auf, wie gut die Wirtschaft in der EU erst wäre, wenn sie nicht von den Sanktionen gegen Russland mutwillig geschwächt würde.
03.06.2016 00:20
Lesezeit: 2 min
EZB sieht dauerhafte Erholung der Wirtschaft in Europa
Mario Draghi bei der EZB-Pressekonferenz am Donnerstag in Wien. (Screenshot: EZB)

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die Europäische Zentralbank (EZB) hebt ihre Prognosen für das diesjährige Wachstum und die Inflation der Eurozone an. Die Bank erwarte eine "moderate, aber kontinuierliche" wirtschaftliche Erholung der Euro-Länder, sagte EZB-Chef Mario Draghi am Donnerstag nach einer Sitzung des Zentralbank-Rates in Wien. Den historisch niedrigen Leitzins von 0,0 Prozent ließen die Währungshüter unverändert.

Jüngsten Berechnungen zufolge werde die Wirtschaft im Euroraum 2016 durchschnittlich 1,6 Prozent wachsen und die Teuerungsrate 0,2 Prozent betragen, erläuterte Draghi. Verantwortlich für die gestiegene Wachstumsprognose sei eine generelle Aufhellung der volkswirtschaftlichen Gesamtlage im Euroraum. Besonders der Konsum in den Eurostaaten sorge für erfreuliche Zahlen, wenngleich der Export sich aufgrund schwächelnder Abnehmermärkte eher schleppend entwickle. Damit sind die zweifelsohne die Russland-Sanktionen gemeint, wenngleich die EZB als ganz und gar unpolitisches Gremium solch eine Erkenntnis niemals offen aussprechen würde.

Kommendes Jahr sowie 2018 könne das Wachstum mit 1,7 Prozent nochmal höher ausfallen. Die Inflationsprognose sei nicht zuletzt aufgrund des in den vergangenen Monaten wieder angestiegenen Ölpreises nach oben korrigiert worden, sagte der EZB-Chef in der Wiener Hofburg. Vom EZB-Ziel einer stabilen Teuerungsrate knapp unterhalb von zwei Prozent sind die Euro-Länder aber noch weit entfernt.

Im Jahr 2017 könnte die Inflation laut der Prognose der Zentralbank allerdings bereits auf 1,3 Prozent und ein Jahr später gar auf 1,6 Prozent ansteigen. Draghi bekräftigte seine Haltung, dass die EZB "sämtliche Instrumente" innerhalb ihres Mandats ausnutzen werde, um die Preisentwicklung in der Eurozone dem Zielwert anzunähern.

Auch Folker Hellmeyer von der Bremer Landesbank sieht die Entwicklung positiv - und weist ebenfalls auf die geopolitischen Zwänge hin, unter denen Europa aktuell leidet:

Als nüchterner Analyst könnte man sagen, dass der von Einkommen getriebene Aufschwung der Eurozone (im Gegensatz zu den USA, dort maßgeblich von Kredit getrieben!) zu einem Wachstum im Dunstkreis des definierten Potentialwachstums geführt hat und von daher eine zu laxe Geld- und Zinspolitik unnötige Risiken generieren könnte.

Man muss das aber nicht und wer ist heute schon als Analyst nüchtern? Das führt uns zu der Veröffentlichung der finalen Erfassung des Markit Einkaufsmanagerindex für die Eurozone für den Sektor Produktion per Berichtsmonat Mai. Der vorläufige Wert bei 51,5 Punkten wurde bestätigt. Damit ergibt sich weiter nennenswertes Wachstum in diesem Sektor der Wirtschaft der Eurozone trotz der Probleme, mit denen die Eurozone (Brexitchance, Fliehkräfte in der EU, Flüchtlingsproblematik, Sanktionsfolgen, politische Instabilität) konfrontiert ist. Wir wäre die Konjunkturlage wohl, wenn diese Probleme, die zum Teil durch exogene Kräfte (!) verursacht wurden, nicht belasten würden?

Zur möglichen Rückkehr Griechenlands als regulärer Kreditnehmer der Zentralbank sagte Draghi, das Land habe nach wie vor nicht alle vereinbarten Reformen umgesetzt. Die EZB erkenne die bisherigen Anstrengungen der Regierung zwar an, dennoch befinde sich Griechenland mit seinen Geldgebern in "anhaltenden Gesprächen" über die Umsetzung der Sparmaßnahmen. Seien diese abgeschlossen, werde die EZB über eine Wiederaufnahme Athens entscheiden.

Als Risiko für die wirtschaftliche Erholung nannte das Draghi das bevorstehende Referendum in Großbritannien über den Verbleib in der EU. Die Zentralbank sei dabei auf "alle Eventualitäten" vorbereitet. Die Notenbanker hofften zwar auf ein positives Votum der Briten, da "das Vereinigte Königreich und die Eurozone davon profitieren". Dennoch sei die Bank für "jeden Ausgang" des Brexit-Referendums am 23. Juni gewappnet.

Für den nach oben korrigierten Ausblick auf die Konjunktur- und Preisentwicklung machte Draghi auch die im März verkündete Nullzins-Politik der EZB verantwortlich. "Wir glauben, unsere Maßnahmen waren sehr effektiv", sagte er. Dabei sei ein Teil der Vorhaben, wie der nächste Woche startende Ankauf von Unternehmensanleihen, nicht einmal angelaufen.

Die Zentralbank lasse daher den Leitzins weiter auf dem Rekord-Tiefstand, behalte den Strafzins von 0,4 Prozent auf Einlagen bei und werde auch die bei 0,25 Prozent liegende Rate für kurzfristige Kredite nicht antasten. Zugleich rief er Europas Regierungen auf, ihrerseits "wesentlich entschlossener" zur Erholung der Eurozone beizutragen. Ein denkbares Mittel sei eine "wachstumsfreundliche" Steuerpolitik - aber selbstverständlich nur unter Einhaltung der EU-Haushaltsvorgaben.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmen
Unternehmen Daimler-Sparprogramm: Was plant Daimler Truck in Deutschland?
09.05.2025

Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck strebt an, seine Wettbewerbsfähigkeit in Europa zu erhöhen und hat sich mit dem...

DWN
Panorama
Panorama Endlos-Hitze droht im Sommer: Wetterextreme betreffen jüngere Generationen erheblich stärker
09.05.2025

Endlos-Hitze droht im Sommer - diese Schlagzeile geistert an diesem Freitag durch die Medien. Klar ist, dass die Folgen der globalen...

DWN
Technologie
Technologie Datenfalle USA: Warum viele Unternehmen in Gefahr sind - ohne es zu merken
09.05.2025

Viele Unternehmen übertragen täglich Daten in die USA – und merken nicht, dass sie damit in eine rechtliche Falle tappen könnten. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Exporte überraschen - Fokus auf die USA
09.05.2025

Trotz des anhaltenden Handelskonflikts mit den Vereinigten Staaten sind Chinas Exporte überraschend robust geblieben. Der Außenhandel mit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Reiche fordert den Ausbau von Gaskraftwerken in Deutschland
09.05.2025

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche setzt auf einen schnellen Ausbau von Gaskraftwerken in Deutschland. Die Gründe dafür...

DWN
Politik
Politik Putins Parade: Moskau feiert "Tag des Sieges" – Europas Spaltung auf dem Roten Platz sichtbar
09.05.2025

Während Putin mit Pomp den „Tag des Sieges“ feiert, marschieren zwei europäische Regierungschefs an seiner Seite – trotz Warnungen...

DWN
Panorama
Panorama Der stille Anti-Trump? Internationale Reaktionen auf Papst Leo XIV.
09.05.2025

Mit der Wahl von Robert Francis Prevost zum neuen Oberhaupt der katholischen Kirche übernimmt erstmals ein Amerikaner das Papstamt. Welche...

DWN
Finanzen
Finanzen Allianz-Aktie nach Dividendenabschlag im Minus – Chance für Anleger?
09.05.2025

Die Allianz-Aktie zählt 2025 zu den Top-Performern im DAX – doch am Freitagmorgen sorgt ein deutlicher Kursrückgang für Stirnrunzeln...