Politik

Fußball-EM: Polizei mehr auf Terror vorbereitet als auf Hooligans

Lesezeit: 2 min
12.06.2016 15:53
Das groß angekündigte Sicherheits-Konzept der Franzosen scheint bei der Fußball-EM nicht zu greifen. Bei Ausschreitungen gab es 40 Verletzte. Offenbar haben sich die Behörden mehr auf Terroristen konzentriert statt auf die bekannten, gewaltbereiten Hooligans.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Fußball-EM wird zunehmend von Fan-Krawallen überschattet: Am Ende der Partie England gegen Russland im Stadion von Marseille stürmten Personen aus dem russischen Block am Samstagabend einen englischen Fan-Block und gingen auf die Zuschauer los. Sie bewarfen sie mit Leuchtraketen und rissen Flaggen herunter. Es kam zu Schlägereien. Aus Panik kletterten viele der englischen Fans über die Zäune zum Innenraum. Die Uefa kündigte umgehend an, Disziplinarmaßnahmen zu prüfen. Zuvor kam es bereits im Alten Hafen von Marseille zu schweren Ausschreitungen. Insgesamt wurden nach Angaben von Marseilles Polizeichef Laurent Nunez 35 Menschen verletzt. Auch im EM-Austragungsort Nizza eskalierte die Gewalt. Bei Rangeleien zwischen nordirischen Fans und Franzosen wurden sieben Menschen verletzt.

Die Vorfälle im Stadion von Marseille ließen Zweifel am Sicherheitskonzept der Polizei aufkommen. Als die Randale ausbrach, schauten Ordner zunächst tatenlos zu, bevor sie eingriffen, um die gegnerischen Fans voneinander zu trennen. Bilder zeigten unter anderem einen Vater, der versuchte, seinen Sohn zu schützen, während um ihn herum russische maskierte Fans auf Zuschauer einprügelten und eintraten. Die Krawalle könnten Konsequenzen für die russische Mannschaft haben. Bereits bei der EM 2012 war Russland wegen Ausschreitungen seiner Anhänger von der Europäischen Fußball-Union (Uefa) zu einer Geldstrafe und einem Punktentzug verurteilt worden.

Vor dem Anpfiff des Spiels in Marseille, das mit einem 1:1 endete, war es zwischen den Anhängern beider Mannschaften und Sicherheitskräften zu Auseinandersetzungen gekommen. Mehrere hundert Fans bewarfen sich im Alten Hafen mit Flaschen und Stühlen. Unter den Verletzten war ein Mann, der bewusstlos geschlagen wurde. Ein weiterer erlitt einen Herzinfarkt. Die Polizei setzte Wasserwerfer und Tränengas ein. Bereits am Donnerstag und am Freitag hatte es Handgemenge zwischen englischen und russischen Fans in der Stadt gegeben. Insgesamt wurden 15 Menschen in Marseille festgenommen, acht davon bei den Krawallen am Samstag.

In Nizza, wo am Sonntagabend Nordirland auf Polen trifft, lieferten sich nordirische Fans Schlägereien mit Franzosen. In Online-Netzwerken kursierte ein Video, in dem zu sehen war, wie Flaschen und Stühle flogen. Dann schritt die Bereitschaftspolizei ein.

Während des Turniers bis zum 10. Juli sollen rund 90.000 Polizisten und Sicherheitskräfte die Stadien und Fan-Meilen in Frankreich schützen.

Auch gewalttätige Hooligans aus Deutschland stellen nach den Worten von Bundesinnenminister Thomas de Maiziere ein Sicherheitsrisiko dar. „Wir haben mit Frankreich einen Informationsaustausch über die polizeibekannten und gewalttätigen deutschen Hooligans eingerichtet und die Namen und Daten von rund 2500 Personen übermittelt“, sagte der CDU-Politiker der Bild am Sonntag. Deutsche Beamte unterstützten ihre französischen Kollegen bei Kontrollen an den Grenzen.

De Maiziere sagte, es gebe aktuell „keine konkreten Hinweise“ auf einen Terror-Anschlag während der Fußball-EM. Bei den Sicherheitsbehörden ging eine Vielzahl an Hinweisen ein, denen mit größter Sorgfalt nachgegangen werde. Viele von ihnen sollten nur Verunsicherung stiften. Deutsche und französische Sicherheitsbehörden seien gut aufgestellt und arbeiteten eng zusammen.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Rocketman: Putin kündigt Serienproduktion neuer Mittelstreckenwaffe an
23.11.2024

Der Westen verurteilt den Einsatz der neuen russischen Mittelstreckenrakete gegen die Ukraine als neuerliche Eskalation - Moskau feiert...

DWN
Politik
Politik Rentenversicherung vor Engpässen: DRV fordert Maßnahmen zur Stabilisierung
23.11.2024

Die Deutsche Rentenversicherung warnt vor einer möglichen Finanzierungslücke bis 2027. Trotz stabiler Einnahmen erfordert die Rentenkasse...

DWN
Politik
Politik Streit ums liebe Geld: UN-Klimagipfel geht in die Verlängerung
22.11.2024

Milliarden für den Klimaschutz – doch wie weit sind die Staaten wirklich bereit zu gehen? Auf der UN-Klimakonferenz in Baku entbrannte...

DWN
Politik
Politik Netanjahu Haftbefehl: Deutschland und die rechtliche Zwickmühle
22.11.2024

Der Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu erschüttert die internationale Bühne. Deutschland sieht sich in einem schwierigen Spagat:...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bosch kürzt 5.550 Stellen - 3.800 davon in Deutschland
22.11.2024

Bosch steht vor massiven Einschnitten: Bis zu 5.550 Stellen sollen wegfallen, davon allein 3.800 in Deutschland. Die Krise in der...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis-Prognose 2025: Nach Kurskorrektur steigt der Goldpreis aktuell - wohin geht die Reise?
22.11.2024

Der Goldpreis steht derzeit im Fokus von Anlegern und Edelmetallexperten. Gerade in unsicheren Zeiten wollen viele Investoren Gold kaufen,...

DWN
Politik
Politik Iranisches Atomprogramm: Teheran will mehr Uran anreichern
22.11.2024

Droht der Iran dem Westen mit neuen Atomwaffen? Die IAEA warnt, Teheran wehrt sich – und eskaliert die Urananreicherung. Jetzt könnten...

DWN
Politik
Politik Dauerbaustelle Autobahn: Sie stehen hier im Stau, weil sich Verkehrsminister Volker Wissing verrechnet hat
22.11.2024

Wenn man im Sommer entspannt durch Frankreich oder Italien über die Autobahnen gleitet, fragt man sich jedesmal aufs Neue: Warum müssen...