Politik

Anschlag mit 50 Toten in Orlando: Trump fordert Rücktritt von Obama

Bei einem Angriff auf einen Schwulen-Club in Orlando sind am Sonntag 50 Menschen getötet worden. In einer ersten Ermittlungen sagt das FBI, dass der Täter bereits mehrfach wegen islamistischer Aktivitäten auffällig geworden sei. Es habe jedoch keine Konsequenzen gegeben. Donald Trump sagte, die US-Regierung sei schwach und verlangte den Rücktritt von Präsident Obama, wenn dieser nicht umgehend das Problem des radikalen Islamismus in den USA adressiere.
13.06.2016 02:07
Lesezeit: 4 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Bei der bisher schlimmsten Bluttat eines Todesschützen in der US-Geschichte sind in einem Schwulenclub in Florida 50 Menschen getötet und 53 verletzt worden. Stunden nach dem Massaker am frühen Sonntagmorgen (Ortszeit) in der Stadt Orlando fokussierte sich die Ermittlung auf die Frage, ob der Täter von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) inspiriert war.

Nach Angaben der Bundespolizei FBI bekannte sich der von den Ermittlern als Omar Mateen identifizierte Mann in einem 911-Notruf bei der Polizei kurz vor der Bluttat zum IS. Die Ermittlungsbehörden legten sich aber zunächst nicht auf ein Motiv fest. Er soll jedoch den Anschlag auf den Boston Marathon genannt haben, berichtet die Washington Post. Es wurde weiter auch in Richtung eines sogenannten Hassverbrechens ermittelt.

Präsident Barack Obama sprach von einem „Akt des Terrorismus und Akt des Hasses“. Er ließ alle Fahnen an US-Bundesgebäuden auf Halbmast setzen.

Die größte Muslimorganisation der USA verurteilte das Massaker aufs Schärfste. Nihad Awad vom CAIR (Council On American-Islamic Relations) sagte in Washington: „Wie kann so jemand glauben, für uns zu sprechen? Er ist das Gegenteil von allem, wofür wir stehen, als Muslime und als Amerikaner.“

Der mutmaßliche Täter Mateen ist ein 29-jähriger US-Bürger mit afghanischen Eltern. Er hatte gegen 2.00 Uhr das Feuer auf Besucher des Nachtclubs „Pulse“ eröffnet. Etwa drei Stunden später wurde der mit einem Sturmgewehr vom Typ AR-15 und einer Handfeuerwaffe ausgerüstete Mann in einem Feuergefecht mit elf Polizisten getötet.

Wie bekannt wurde, arbeitete Mateen für eine Sicherheitsfirma in Florida und erwarb seine Waffen kurz vor der Tat legal. Das konnte er, obwohl das FBI 2013 und 2014 gegen ihn ermittelte. Dabei sei es auch um mögliche Verbindungen zum IS gegangen, sagte ein Vertreter der US-Bundesbehörde vor Journalisten. Mateen habe aber aktuell nicht unter Beobachtung gestanden.

Die Washington Post berichtet, dass Mateen bereits zweimal wegen islamistischer Hassreden vom FBI verhört worden sein soll. Im Jahr 2013 wurden jedoch keine weiteren Ermittlungen eingeleitet, weil sich nicht habe verifizieren lassen, ob der Mann tatsächlich mit Islamisten in Kontakt gestanden habe, wie er zu Kollegen gesagt hatte. Im Jahr 2014 stellte sich heraus, dass Mateen Kontakt zu Moner Mohammad Abusalha gehabt habe, dem ersten US-Bürger, der in Syrien ein Selbstmordattentat verübt habe. Das FBI habe jedoch die Sache nicht weiter verfolgt, weil, so ein anonymer FBI-Mann zur Post, der Kontakt zu Moner Mohammad Abusalha „minimal“ gewesen sei.

Diese durchaus irritierenden Aussagen haben den republikanischen Präsidentschaftsbewerber Donald Trump zu einer Rücktrittsaufforderung an US-Präsident Barack Obama veranlasst: „In seinen heutigen Bemerkungen hat Obama sich schändlicherweise geweigert, die Wörter ,radikaler Islam' zu benutzen“, heißt es in einer Stellungnahme des Trump-Teams: „Allein aus diesem Grund sollte er zurücktreten.“

Ob der Mann aber tatsächlich ein überzeugter Islamist war und welche Motive er hatte, ist völlig unklar. Trump forderte die demokratische Präsidentschaftsbewerberin Hillary Clinton auf, aus dem Rennen um das Weiße Haus auszusteigen, weil auch sie die Wörter „radikaler Islam" nicht verwendet habe.

„Was in Orlando passiert ist, ist erst der Anfang“, schrieb Trump. Auf Twitter schrieb Trump, Obama solle zurücktreten, wenn er jetzt nicht über die Gefahr des radikalen Islamismus in den USA spreche.

Trump warf der US-Regierung vor, schwach zu sein:

Nach Medienberichten wurde Mateen in New York geboren und lebte in Port St. Lucie in Florida. Er fuhr mit einem Mietauto ins rund 170 Kilometer entfernte Orlando.

Obama sprach mit Blick auf die Wahl des Mordziels sichtlich erschüttert von einem „Anschlag auf uns alle und auf die fundamentalen Werte der Gleichheit und Würde, die unser Land definieren“.

Der Vater des mutmaßlichen Täters sagte dem Sender MSNBC, er glaube nicht an ein religiöses Motiv. Stattdessen deutete er an, dass sein Sohn starke Antipathien gegen Schwule gehegt habe. Omar sei einmal extrem ärgerlich geworden, als sich zwei Männer in der Öffentlichkeit geküsst hätten. „Sie tun das, und mein Sohn sieht zu“, habe er gesagt.

Mateens 2011 von ihm geschiedene Ex-Frau sagte, ihr Mann sei gewalttätig und unberechenbar gewesen. Sie bezeichnete ihn als nicht sehr religiös.

In Orlando und dem Bezirk Orange wurde der Ausnahmezustand erklärt. Damit können schneller Bundesmittel für die Ermittlungen in die Stadt gelangen. Floridas Senator Marco Rubio und Behördenvertreter riefen zu Blutspenden auf. Schon kurz darauf bildeten sich an mehreren Orten der Stadt lange Schlangen Tausender spendenbereiter Bürger.

Der Polizei zufolge hatte der Mann im Club „Pulse“ im Herzen Orlandos kurz vor Schließung zu schießen begonnen. Zunächst habe sich ein einzelner Polizist mit ihm ein Feuergefecht geliefert, dann seien zwei weitere Beamte hinzugekommen. Einer von ihnen sei verletzt worden. Der Schütze habe dann Geiseln genommen.

Die Polizei habe sich nach ungefähr drei Stunden zu einer gewaltsamen Befreiung entschieden. Die Beamten verschafften sich eigenen Angaben zufolge unter anderem mit Hilfe eines Sprengsatzes Zugang zum Club. Dieser ist laut Medienberichten keine große Halle, sondern ein verzweigtes Gebäude mit vielen Räumen.

Der Täter sei in der Nähe einer Eingangstür gewesen und in einem Feuergefecht getötet worden. „Mindestens 30 Geiseln konnten durch die Aktion gerettet werden“, sagte der örtliche Polizeichef John Mina. Der Täter sei „sehr gut organisiert und vorbereitet gewesen“.

Der Club war Mina zufolge mit mehr als 300 Menschen gut besucht. Laut Medienberichten stand eine „Latin Night“ auf dem Programm, eine Nacht mit lateinamerikanischer Musik. Nach Augenzeugenberichten fielen die Schüsse, als viele Menschen tanzten.

Augenzeugen berichteten von Dutzenden Schüssen in schneller Folge – mindestens 40 seien es gewesen, sagte Christopher Hansen dem Sender CNN. „Ich dachte zuerst, es war Musik. Dann warfen sich die Menschen auf den Boden, und ich auch.“

Viele flohen aus dem Gebäude. Das Fernsehen zeigte Opfer, die von Clubbesuchern aus dem Gebäude gebracht und auf die Ladeflächen von Kleinlastern gelegt wurden. Manche hatten Blut auf ihrer Kleidung.

In mehreren Städten, so in Washington, wurden die Sicherheitsvorkehrungen für am Sonntag geplante Schwulen-Paraden im Zuge des „Gay Pride Month“ Juni verschärft. In Kalifornien nahm die Polizei im Vorfeld eines Festumzuges in Los Angeles einen Mann mit einem Waffenarsenal in seinem Auto fest. Es gebe aber keine Verbindung zu dem Massaker in Orlando, wurde betont.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Ölpreis: OPEC-Konflikt eskaliert – Saudi-Arabien warnt vor Marktchaos
11.05.2025

Ein gefährlicher Riss geht durch die mächtige Allianz der OPEC-Plus-Staaten. Statt mit geschlossener Strategie die Preise zu...

DWN
Politik
Politik Kann Deutschland Europa retten? Der neue Koalitionsvertrag offenbart alte Schwächen
11.05.2025

Zum Europatag 2025 richtet sich der Blick erneut nach Berlin. Die Erwartungen an Deutschland sind hoch – nicht nur innerhalb der Union,...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsenkrisen: Warum Volatilität kein Risiko ist
11.05.2025

Wenn die Börsen Achterbahn fahren, zittern viele Anleger. Doch Panik ist oft der schlechteste Berater – denn was aussieht wie ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Strategien für Krisenzeiten: Wie Sie jetzt Ihre Unternehmensleistung steigern
11.05.2025

Steigende Kosten, Fachkräftemangel, Finanzierungsdruck – viele KMU kämpfen ums Überleben. Doch mit den richtigen Strategien lässt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA vor Energieumbruch: Strom wird zum neuen Öl – und zur nächsten geopolitischen Baustelle
11.05.2025

Ein fundamentaler Wandel zeichnet sich in der US-Wirtschaft ab: Elektrizität verdrängt Öl als Rückgrat der nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bill Gates verschenkt Vermögen – Symbol einer neuen Weltordnung oder letzter Akt der alten Eliten?
11.05.2025

Bill Gates verschenkt sein Vermögen – ein historischer Akt der Großzügigkeit oder ein strategischer Schachzug globaler Machtpolitik?...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Made in America“ wird zur Hypothek: US-Marken in Europa auf dem Rückzug
11.05.2025

Eine neue Studie der Europäischen Zentralbank legt nahe: Der Handelskrieg zwischen den USA und der EU hat tiefgreifende Spuren im...

DWN
Finanzen
Finanzen Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen
10.05.2025

Schockwellen aus Washington stürzen IPO-Pläne weltweit ins Chaos – Klarna, StubHub und andere Unternehmen treten den Rückzug an.