Politik

Bund und Länder streiten weiter um Finanzierung der Flüchtlinge

Zwischen Bund und Ländern ist es zu keiner Einigung über die Kosten für die Flüchtlinge gekommen. Die Kommunen und Länder fordern mehr Geld vom Bund, weil sie selbst an ihre finanziellen Grenzen stoßen. Sie verweisen darauf, dass sie die Hauptlast für Unterbringung und Integration tragen.
17.06.2016 02:32
Lesezeit: 2 min

Bund und Länder haben die grundsätzlichen Differenzen zur Neuordnung ihrer Finanzbeziehungen auch bei einem Treffen am Donnerstag nicht beilegen können. Die großen Fragen wie der Länderfinanzausgleich und die Höhe der Bundeszuschüsse zur Integration von Flüchtlingen hätten noch nicht gelöst werden können, sagten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), der Bremer Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) und der Ministerpräsident Sachsen-Anhalts, Rainer Haseloff (CDU), nach den Beratungen im Kanzleramt. Allerdings einigten sich Bund und Länder bei kleineren Themen wie der konkreten Umsetzung des Teilhabegesetzes, den Regionalisierungmitteln für die Bahn und den Kosten der Unterkunft für Flüchtlinge. Zur Lösung der zentralen Fragen solle es nun vor dem 8. Juli einen erneuten Anlauf geben, kündigte Merkel an. Daran würden auch Finanzminister Wolfgang Schäuble und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) teilnehmen.

Die Ministerpräsidenten und die Bundesregierung hatten zuvor über fünf Stunden lang im Kanzleramt verhandelt. Zentraler Streitpunkt war bei den Bund-Länder-Finanzen, dass die 16 Länder vom Bund einen jährlichen Zuschuss von 9,6 Milliarden erhalten wollen. Haseloff betonte, dass das Länderpaket nicht mehr aufgeschnürt werden könne, weil es unmöglich sei, ansonsten die sehr unterschiedlichen Interessen wieder unter einen Hut zu bringen. Merkel wies dies jedoch zurück. Der Bund kritisiert, dass die Länder eine Einigung vor allem zu Lasten des Bundes getroffen hätten. Sowohl Sieling als auch Merkel betonten, dass es aber das klare gemeinsame Ziel gebe, die Bund-Länder-Finanzen noch in dieser Legislaturperiode neu zu regeln. Dies setze eine Einigung bis zum Herbst voraus, sagte Sieling.

Bei den Integrationskosten geht es ebenfalls um mehrere Milliarden Euro pro Jahr, die die Länder vom Bund beanspruchen. Zusammen mit den Kosten für die Betreuung von unbegleiteten jugendlichen Flüchtlingen soll dies nun erneut diskutiert werden. Haseloff sagte zu, dass die Länder eine klare Aufschlüsselung vorgelegen wollten, wofür das Geld verwendet werden müsse, etwa die Einstellung zusätzlicher Erzieher oder Lehrer. Offenbar gab es nach Angaben aus Verhandlungskreisen aber zumindest kleine Annäherungen. Ursprünglich hatten die Länder gefordert, dass sich der Bund mit zehn Milliarden Euro und damit zur Hälfte an den vermuteten Länderkosten zur Versorgung und Unterbringung der Flüchtlinge beteiligen solle. Nun könnten die Länder womöglich auch mit neun Milliarden Euro jährlich zufrieden sein - was aus Sicht des Bundes aber immer noch viel zu viel ist.

Bei den Unterbringungskosten akzeptierten die Ländern einen Kompromissvorschlag des Bundes, für drei Jahre die Kosten für die Unterbringung anerkannter Asylbewerber komplett zu übernehmen. Die Kommunen sollten so dieses Jahr um 400 Millionen Euro entlastet werden, 2017 um 900 Millionen Euro und 2018 um 1,3 Milliarden.

Bei den Regionalisierungsmitteln stockt der Bund seine jährlichen Leistungen um 200 Millionen Euro auf. Dies kommt vor allem den ostdeutschen Ländern zugute, die deshalb ihr Angebot an regionalen öffentlichen Personenverkehr nicht einschränken müssten, sagte Haseloff.

Beim Teilhabegesetz hatte der Bund den Kommunen bereits fünf Milliarden Euro zugesagt. Nun einigte man sich auf den genauen Verteilschlüssel. Niedersachsen Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sprach von einem "guten Abend für die Kommunen".

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