Finanzen

EZB sieht Gefahr für deutsche Banken wegen Schiffs-Krediten

Lesezeit: 2 min
22.06.2016 12:47
Die EZB nimmt Banken unter die Lupe, die Kredite an Reeder und Handelsgesellschaften vergeben haben. Offenbar schätzt die Zentralbank viele dieser Papiere als besonders ausfallgefährdet ein. Betroffen sind mit der NordLB, der HSH Nordbank und der Bremer Landesbank gleich drei deutsche Landesbanken. Die Probleme, so ein Manager, könnten nicht länger auf die lange Bank geschoben werden.

Mehr zum Thema:  
Banken >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Banken  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Schiffsbanken müssen sich angesichts der Flaute auf hoher See auf weitere Auflagen der EZB einstellen. Die Notenbank hat von zahlreichen Finanzinstituten umfangreiche Daten über Schiffskredite und Rücklagen für ausfallgefährdete Darlehen angefordert, wie fünf mit dem Vorgang vertraute Personen am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters sagten. Dies sei nur der „erste Schritt“ einer großangelegten Überprüfung von Schiffsportfolien, erklärte die Europäische Zentralbank (EZB) in einer E-Mail, die Ende vergangener Woche bei zahlreichen europäischen Geldhäusern einging, wie ein Insider erklärte. „Es ist eine sehr umfangreiche Anfrage.“

Die Schifffahrtsbranche kämpft seit vielen Jahren mit Überkapazitäten. Zuletzt hat sich die Lage wegen des schwächeren Wachstums der Weltwirtschaft und des daraus folgenden mauen Welthandels noch einmal verschärft. Deutschen Instituten wie der HSH Nordbank, der NordLB und der Commerzbank, die Milliarden an die schwächelnde Branche verliehen haben, macht das schwer zu schaffen. Die NordLB erwartet dieses Jahr zum ersten Mal seit 2009 wieder rote Zahlen. Und bei der Bremer Landesbank schmilzt die Kapitaldecke wegen Verlusten in der Schifffahrt sogar so stark, da sie vom Mehrheitseigner NordLB vermutlich komplett geschluckt werden muss.

Von vielen deutschen Banken hat die EZB bereits 2014 im Rahmen ihres Bilanzchecks höhere Rücklagen für ausfallgefährdete Schiffskredite verlangt. Nun fürchten einige Geldhäuser eine erneute Verschärfung der Vorgaben. Die EZB sehe Handlungsbedarf, weil sich die Lage an den Schifffahrtsmärkten seit Herbst 2015 noch einmal deutlich verschlechtert habe, erklärte ein Insider. Die Notenbank habe von den Banken deshalb eine lange Liste von Daten angefordert – unter anderem zu ihrem Engagement in der Schifffahrt, zum Engagement in bestimmten Schiffsegmenten, zum Buch- und Marktwert von Schiffen sowie zu vorgenommenen Abschreibungen. Die Geldhäuser hätten gut einen Monat Zeit, um die Daten nach Frankfurt zu liefern.

Die Banken rätseln noch darüber, welche Schritte die EZB nach der Erhebung und Auswertung der Daten unternehmen wird. Manche Experten halten es für wahrscheinlich, dass sie weitere Abschreibungen fordert. „Man kann die Probleme nicht weiter vor sich herschieben“, sagte Klaus Stoltenberg, Chef der Schiffsfinanzierung bei der Deutschen Bank, kürzlich bei einer Branchenkonferenz in Athen. „Die Leute müssen sich der Realität stellen“ Geldhäuser müssten in den nächsten ein bis zwei Jahren weiter Rückstellungen für ausfallgefährdete Schiffskredite bilden und die Verluste verdauen können.

In Deutschland stehen wegen der Schiffskrise besonders die HSH Nordbank und die NordLB unter Druck, wie ein hochrangiger Bankenaufseher Reuters sagte. Die Commerzbank leide ebenfalls, könne die Belastungen aber besser abfedern, da sie in anderen Geschäftsbereichen deutlich mehr Kredite vergeben habe als die zwei Landesbanken. Alle drei Geldhäuser und dieEZB wollten sich zur neuen Prüfung nicht äußern.

Wie hart die EZB beim Thema Schiffskredite durchgreifen kann, hat Stephan-Andreas Kaulvers kürzlich in einem Gespräch mit Radio Bremen anschaulich beschrieben. Er und seine Management-Kollegen seien Ende März nach Frankfurt bestellt worden, sagte der Chef der Bremer Landesbank. „Die EZB hat uns klargemacht, dass sie erwartet, dass die Parameter zur Schiffsbewertung deutlich verschärft werden.“ Mündlich und in einem dreiseitigen Papier habe die Bankenaufsicht die Bremer aufgefordert, zusätzliche Wertberichtigungen von 700 Millionen Euro vorzunehmen. „Das kam für uns wie ein Blitz aus dem berühmten blauen Himmel.“ Wegen der EZB-Vorgabe erwartet die Bremer Landesbank im laufenden Jahr nun einen Verlust von 350 bis 400 Millionen Euro - und ist deshalb wohl gezwungen, unter das Dach des Mehrheitseigners NordLB zu schlüpfen.


Mehr zum Thema:  
Banken >

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Wirtschaft: Deutsche Bürokratie und EU-Vorgaben kosten 146 Milliarden und mehr als ein Fünftel der Arbeitszeit
04.12.2024

Deutsche Bürokratie und neue EU-Verordnungen bremsen Arbeits- und Wirtschaftsleistung aus: Angestellte von Unternehmen in Deutschland...

DWN
Unternehmen
Unternehmen VW-Chef verteidigt Sparkurs - 'Buh'-Rufe bei Betriebsversammlung
04.12.2024

Auf der VW-Betriebsversammlung machten Mitarbeiter ihrem Unmut Luft. Konzernchef Blume verteidigte den Sparkurs - und wurde dafür...

DWN
Politik
Politik Regierungsbefragung: Scholz warnt vor Stillstand bis zur Wahl
04.12.2024

Zwei Wochen vor der Abstimmung über seine Vertrauensfrage im Bundestag stellt der Kanzler sich den Fragen der Abgeordneten. Dabei richtet...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Baywa-Aktie: Baywa-Konzern beschließt Stellenabbau - 1.300 Stellen fallen weg
04.12.2024

40 Prozent der Stellen in der Verwaltung fallen weg. Bei Baywa gibt es jetzt Klarheit, wie das Unternehmen saniert werden soll. So werden...

DWN
Panorama
Panorama Russische Schiffsbesatzung schießt bei Bundeswehr-Einsatz
04.12.2024

In der Ostsee ist es zu einem Zwischenfall zwischen einem Hubschrauber der Bundeswehr und einem russischen Schiff gekommen. Die Besatzung...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft OECD sieht Deutschland 2025 als Schlusslicht bei Wachstum unter Industrieländern, mehr positive Prognosen für 2026
04.12.2024

Die Weltwirtschaft zeigt sich trotz Kriegen und Krisen robust. Deutschland hinkt im neuen Konjunkturausblick der...

DWN
Immobilien
Immobilien Energetisch sanieren: Kosten und Förderprogramme in Deutschland
04.12.2024

Die hohen Kosten für Energiesanierungen führen derzeit dazu, dass zahlreiche unsanierte Immobilien auf den Markt drängen. Dabei wäre...

DWN
Panorama
Panorama IGeL-Leistungen: Fragwürdige Untersuchungen beim Arzt kosten Deutschland 2,4 Milliarden Euro
04.12.2024

Eine neue Studie stellt die Sinnhaftigkeit von IGeL-Leistungen beim Arzt infrage. Laut einer Umfrage des Medizinischen Dienstes (MD) geben...