Politik

Putin: Russland ist wegen Nato zur Aufrüstung gezwungen

Lesezeit: 2 min
23.06.2016 01:09
Russlands Präsident Putin sieht sich nach der Aufrüstung der Nato in Osteuropa zu einer militärischen Antwort gezwungen. Putin bezichtigte die Nato der Aggression an den Grenzen Russlands. Die Nato dagegen sagt, sie könne einen Angriff Russlands auf das Baltikum derzeit nicht verhindern.
Putin: Russland ist wegen Nato zur Aufrüstung gezwungen

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Angesichts anhaltender Spannungen zwischen Russland und dem Westen hat Präsident Wladimir Putin der Nato eine zunehmend aggressive Gangart vorgeworfen. Russland sei daher gezwungen, seine Militärkapazitäten zu erhöhen, sagte Putin am Mittwoch in einer Rede vor der Duma. Nach Ansicht des Befehlshabers der US-Landstreitkräfte in Europa, Ben Hodges, könnte die Nato die baltischen Staaten vor einem möglichen Angriff der russischen Streitkräfte nicht schützen.

Putin äußerte sich am 75. Jahrestag des Überfalls von Nazi-Deutschland auf die Sowjetunion und zog dabei Parallelen zur Geschichte, um die heutige Lage zu beschreiben. Heute erhöhe die Nato ihre „aggressive Rhetorik und ihre aggressiven Aktionen in der Nähe unserer Grenzen“.

Der Westen weise Angebote aus Moskau zum gemeinsamen Kampf gegen den „internationalen Terrorismus“ zurück – so wie er einst die Warnungen der Sowjetunion vor Adolf Hitler ignoriert habe. Nun werde versucht, Russland wegen der Ukraine-Krise zu isolieren, kritisierte der russische Staatschef.

Die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen befinden sich seit der Aufnahme der ukrainischen Halbinsel Krim im Frühjahr 2014 in russisches Staatsgebiet auf einem neuen Tiefstand. In Polen und den baltischen Staaten gibt es Befürchtungen vor russischem Expansionismus. Die Nato rüstete zuletzt an ihren Ostgrenzen auf. So beschloss die Militärallianz in der vergangenen Woche, ab 2017 vier Bataillone in den Baltenstaaten zu stationieren.

Mit Blick auf Großmanöver unter Teilnahme von Nato-Staaten hatte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) am Wochenende davor gewarnt, „durch lautes Säbelrasseln und Kriegsgeheul die Lage weiter anzuheizen“. Mit „symbolischen Panzerparaden an der Ostgrenze der Nato“ dürften keine Vorwände für eine Konfrontation geliefert werden, sagte er. Beim Koalitionspartner Union löste Steinmeier damit heftige Kritik aus.

Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen warf Steinmeier am Mittwoch im ZDF-Morgenmagazin vor, das zu kritisieren, was er als Regierungsmitglied mit beschlossen habe. Das beziehe sich sowohl auf die Beteiligung der Bundeswehr an Militärmanövern als auch auf die Tatsache, dass Deutschland in Litauen die Führung über einen Nato-Verband mit bis zu tausend Soldaten übernehme.

US-General Hodges sagte der Wochenzeitung „Die Zeit“: „Russland könnte die baltischen Staaten schneller erobern, als wir dort wären, um sie zu verteidigen.“ Er stimmte der Einschätzung von Militärexperten zu, wonach russische Truppen innerhalb von 36 bis 60 Stunden die baltischen Hauptstädte erobert haben könnten.

Hodges berichtete zudem von zahlreichen Mängeln, die Nato-Truppen aus 22 Ländern während des Großmanövers „Anakonda“ in Polen bei ihrer Zusammenarbeit festgestellt hätten. Dazu zähle, dass schweres Gerät nicht schnell genug von West- nach Osteuropa verlegt werden könnte. Große Sorgen mache ihm auch die Kommunikationstechnik innerhalb des Bündnisses, sagte Hodges. „Weder Funk noch E-Mail sind sicher. Ich gehe davon aus, dass alles, was ich von meinem Blackberry aus schreibe, mitgelesen wird.“

Die Nato hatte in den vergangenen Tagen in Polen das zehntägige Großmanöver „Anakonda 2016“ abgehalten. Die Militärübung, an der 31.000 Soldaten aus 24 Nato-Staaten teilnahmen, war das größte Nato-Manöver in Osteuropa seit dem Kalten Krieg. Am 8. und 9. Juli findet das Nato-Gipfeltreffen in Warschau statt.

Deutschland und Polen haben vor dem Hintergrund der Spannungen zwischen der Nato und Russland einen engen Schulterschluss demonstriert. Polens Regierungschefin Beata Szydlo dankte Deutschland am Mittwoch anlässlich der deutsch-polnischen Regierungskonsultationen für die „aktive Unterstützung“ bei der „Stärkung der östlichen Flanke der Nato“. Merkel betonte, beide Säulen, nämlich Abschreckung und Dialog, seien wichtig. Russlands Staatschef Wladimir Putin warf der Nato allerdings eine zunehmend aggressive Rhetorik vor.

Die polnische Ministerpräsidentin und ihr Kabinett hielten sich anlässlich der 14. bilateralen Regierungskonsultationen in Berlin auf. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Merkel sagte Szydlo, der Nato-Gipfel Anfang Juli in Warschau sei ein wichtiges Treffen „für die Sicherheit Europas und die Sicherheit der Welt“. Östlich von Polen gebe es einen Krieg, sagte sie mit Blick auf den Ukraine-Konflikt. Eine Lösung dafür sei nicht einfach.

Merkel sagte dazu, die Überschrift, unter der die Nato agiere, sei „Verteidigungsbereitschaft beziehungsweise Abschreckung“ auf der einen und ein Dialog mit Russland auf der anderen Seite. „Beide Säulen sind wichtig“, sagte Merkel, und beide Ansätze seien in der aktuellen Nato-Politik ausgeprägt.


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Bürgergeld: Habeck will Langzeitarbeitslosen Arbeit bezahlen - mit 1.000 Euro Motivationsprämie zusätzlich
08.10.2024

Ab Januar 2025 sollen Arbeitslose mit einer „Anschubfinanzierung“ von 1.000 Euro belohnt werden, wenn sie einen längerfristigen Job...

DWN
Politik
Politik AfD-Verbotsantrag? Ex-SPD-Chef Gabriel favorisiert ein anderes Vorgehen
08.10.2024

Soll der Bundestag einen AfD-Verbotsantrag vor das Bundesverfassungsgericht bringen? Die Meinungen über diesen parteiübergreifenden...

DWN
Panorama
Panorama Vor UN-Klimakonferenz: Studie präsentiert alarmierende Daten
08.10.2024

Ein Forscherteam hat 35 planetare Lebenszeichen analysiert. Über zwei Drittel dieser Daten zeigen einen besorgniserregenden Trend - es...

DWN
Panorama
Panorama Bahn bald 23 Prozent teurer? Länder warnen vor Erhöhung der „Schienenmaut“
08.10.2024

Die Nutzung der Schiene soll ab 2026 drastisch teurer werden - obwohl besagte Schiene nicht im allerbesten Zustand ist. Ganz im Gegenteil....

DWN
Politik
Politik Migrationsabkommen gegen den Fachkräftemangel: Wer profitiert wirklich?
08.10.2024

Das jüngst unterzeichnete Migrationsabkommen zwischen der Bundesrepublik und Kenia soll für beide Länder gewinnbringend sein. Doch was...

DWN
Immobilien
Immobilien Grundsteuerreform 2025: Wie viel Grundsteuer muss ich zahlen?
08.10.2024

Millionen Haushalte müssen mit deutlich höheren Kosten rechnen und es gibt bei der Grundsteuer auf Immobilien große Unterschiede. Je...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft China verhängt Anti-Dumping-Maßnahmen auf EU-Brandy
08.10.2024

China hat vorläufige Anti-Dumping-Maßnahmen gegen europäischen Branntwein (Brandy) verhängt. Hintergrund ist der andauernde...

DWN
Finanzen
Finanzen DWN-Marktreport: US-Arbeitsmarktdaten dämpfen Zinssenkungshoffnungen – Chinainvestoren jubeln
08.10.2024

Es bleiben spannende Zeiten: In den USA dürfte die Zeit der großen Zinsschritte bereits wieder vorbei sein, China könnte die Talsohle...