Politik

Börsen-Crash: Notenbanken intervenieren an den Devisen-Märkten

Die internationalen Zentralbanken mussten nach dem Brexit-Votum an den Devisenmärkten intervenieren. Vor allem der Schweizer Franken musste geschwächt werden, weil viele Anleger aus dem Pfund in den sicheren Hafen flüchteten. In Asien wurde der Dollar abgestoßen. Die EZB meldet, dass sie mobilisiert sei.
24.06.2016 11:37
Lesezeit: 2 min

Heftige Finanzmarkt-Verwerfungen nach dem Briten-Votum für einen EU-Ausstieg rufen Notenbanken weltweit auf den Plan. Die Schweizer Nationalbank (SNB) intervenierte am Devisenmarkt, um dem starken Anstieg des Franken einzudämmen. Die Bank von England stellte zusätzliche Mittel zur Geldversorgung der Finanzbranche des Landes bereit. Der Franken war am Freitagmorgen zum Euro auf den höchsten Stand seit Sommer 2015 gestiegen. Es war der stärkste Zuwachs an einem Tag seit der Aufhebung des Mindestkurses Anfang 2015. Das britische Pfund verzeichnete zum Dollar zeitweise den heftigsten Kursverlust seit mindestens 40 Jahren.

"Nach der Abstimmung Großbritanniens über einen Austritt aus der Europäischen Union ist der Schweizer Franken unter Aufwertungsdruck geraten", erklärte die SNB. Sie habe deshalb stabilisierend eingegriffen und bleibe am Markt aktiv. Großbritanniens Notenbank erklärte, sie stehe bereit, um Verwerfungen an den Finanzmärkten einzudämmen. Zur Geldversorgung der Bankenbranche stünden zusätzliche 250 Milliarden Pfund zur Verfügung, sagte der Chef der Bank von England (BoE), Mark Carney. Falls nötig, könne die britische Notenbank auch massive Liquidität in Fremdwährung bereitstellen. "Es wird unvermeidlich eine Zeit der Unsicherheit und der Anpassung geben nach diesem Ergebnis", warnte er.

Frankreichs Notenbankchef Francois Villeroy de Galhau sagte am Freitagmorgen in einer ersten Reaktion: "Wir sind mobilisiert und entschlossen." Zum Votum der Briten wollte sich das Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB) aber nicht weiter äußern. Experten begrüßten, dass sich die Notenbanken handlungsbereit zeigen. Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, sagte der Nachrichtenagentur Reuters: "Es ist von fundamentaler Bedeutung, dass sie beruhigen und Vertrauen schaffen." Er erwarte ein starkes Signal der führenden Währungshüter, um die Panik an den Finanzmärkten zu lindern.

In Fernost griffen Händlern zufolge mindestens zwei Notenbanken auf dem Devisenmarkt ein. Laut Börsianern verkaufte die Zentralbank Südkoreas Dollar, um den Fall der Landeswährung Won zu begrenzen. Indiens Notenbank hat Händlern zufolge ebenfalls US-Währung über staatseigene Banken verkauft, um einen Kursrutsch der Landeswährung Rupie zu begrenzen. Die Zentralbank Japans stimmt sich nach den Worten ihres Vize-Chefs, Hiroshi Nakaso, eng mit heimischen und ausländischen Behörden ab. Sie werde sicherstellen, dass Schritte zur Beruhigung der Märkte eingeleitet würden. Dazu zählte Nakaso auch bestehende Devisen-Swap-Vereinbarungen mit anderen Notenbanken. Mit solchen Abkommen stellen sich die Währungshüter gegenseitig Liquidität in Fremdwährung zur Verfügung. Damit wollen sie unter anderem sicherstellen, dass ihre heimischen Geschäftsbanken im Notfall ausreichend Zugang zu Devisen haben.

Der Austritt Großbritanniens aus der EU hat die Computersysteme des Online-Brokers Consorsbank zeitweise in die Knie gewzungen. Die deutsche Tochter der französischen Bank BNP Paribas sei für die Kunden am Freitag zeitweise über das Internet nicht erreichbar gewesen, sagte ein Sprecher des Nürnberger Instituts. Die Kunden hätten wegen der Vielzahl von Zugriffen auf das System keinen Zugang zu ihren Consors-Konten gehabt. "Wir hatten bis zum Zehnfachen der üblichen Last, vor allem wegen Aktien- und Derivate-Handelsgeschäften", sagte der Sprecher. Die Lage habe sich gebessert, das Problem sei aber noch nicht ganz behoben.

Die Consorsbank hat rund eine Million Kunden. Die ebenfalls zu BNP Paribas gehörende Online-Bank DAB Bank sei nicht betroffen gewesen, sagte der Sprecher.

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik Brüssel kapituliert? Warum die USA bei den Zöllen am längeren Hebel sitzen
03.07.2025

Die EU will bei den anstehenden Zollverhandlungen mit den USA Stärke zeigen – doch hinter den Kulissen bröckelt die Fassade. Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen USA dominieren die Börsen
03.07.2025

Die Börsenwelt bleibt fest in US-Hand, angeführt von Tech-Giganten wie Nvidia und Apple. Deutsche Unternehmen spielen nur eine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Pokémon-Karten als Geldanlage: Hype, Blase oder Millionen-Geschäft?
03.07.2025

Verstaubte Karten aus dem Kinderzimmer bringen heute tausende Euro – doch Experten warnen: Hinter dem Pokémon-Hype steckt eine riskante...

DWN
Finanzen
Finanzen Politische Unsicherheit: Warum Anleger jetzt Fehler machen
03.07.2025

Trumps Kurs schürt Unsicherheit an den Finanzmärkten. Wie Anleger jetzt kühlen Kopf bewahren und welche Fehler sie unbedingt vermeiden...

DWN
Politik
Politik Keine Stromsteuersenkung: Harsche Kritik der Wirtschaftsverbände
03.07.2025

Die Strompreise bleiben hoch, die Entlastung fällt kleiner aus als versprochen. Die Bundesregierung gerät unter Druck, denn viele Bürger...

DWN
Politik
Politik USA drosseln Waffenhilfe – Europa unter Zugzwang
03.07.2025

Die USA drosseln die Waffenhilfe für Kiew. Europa muss die Lücke schließen. Wie geht es weiter?

DWN
Unternehmen
Unternehmen Baywa Milliardenverlust: Sanierung bleibt trotz Rekordminus auf Kurs
03.07.2025

Baywa steckt tief in den roten Zahlen – doch der Sanierungsplan bleibt unangetastet. Der traditionsreiche Konzern kämpft mit Altlasten,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Seltene Erden: China kontrolliert deutsche Industrie
03.07.2025

Die deutsche Industrie gerät zunehmend in die Abhängigkeit Chinas, weil Peking bei seltenen Erden den Weltmarkt kontrolliert....