Wirtschaft

Deindustrialisierung: Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende - Industriestandort gefährdet

Nach dem Verlust von über 100.000 Industriearbeitsplätzen richten ostdeutsche Betriebsräte einen dramatischen Appell an Kanzler Merz. Der Brandbrief kritisiert die Energiepolitik scharf und fordert einen sofortigen Kurswechsel.
11.07.2025 19:32
Lesezeit: 2 min
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Deindustrialisierung: Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende - Industriestandort gefährdet
Betriebsräte von Arcelor Mittal und BASF schreiben Brandbrief an Kanzler Merz: „Noch nie waren so viele Arbeitsplätze bedroht." (Foto: dpa) Foto: Soeren Stache

Betriebsräte von Arcelor Mittal und BASF schreiben Brandbrief an Kanzler Merz

Die Betriebsräte von Arcelor Mittal in Eisenhüttenstadt und BASF Schwarzheide haben einen Brief an Kanzler Merz geschrieben. Sie fordern ein Umdenken bei der Energieversorgung und den Erhalt von Arbeitsplätzen. Die einseitige Förderung erneuerbarer Energien gefährdet aus Sicht der Betriebsräte die wirtschaftliche Substanz ganzer Regionen (welt: 07.07.25).

Betriebsräte fordern Energiewende-Moratorium

Im Schreiben, das unter anderem von den Belegschaftsvertretern von BASF Schwarzheide, Arcelor Mittal und dem Kraftwerksbetreiber Leag stammt, ist von einer existenziellen Krise die Rede. „Noch nie waren so viele gute Arbeitsplätze bedroht wie heute.“ Diese Einschätzung konterkariert die politischen Versprechen eines „grünen Wirtschaftswunders“. Die Unterzeichner fordern stabile Rahmenbedingungen statt planloser Subventionen.

Auch Wirtschaftsministerin Katherina Reiche konnte mit ihren angekündigten Kurskorrekturen das Vertrauen nicht zurückgewinnen. Zu viel steht auf dem Spiel: Wertschöpfung, Energieversorgung und soziale Stabilität.

Symptome bekämpfen statt Ursachen beheben

Aktuelle Entlastungsmaßnahmen, etwa beim Strompreis oder bei Netzentgelten, reichen nach Einschätzung der Betriebsräte nicht aus. Toralf Smith von Leag kritisiert: Die Energiekrise entstehe nicht durch hohe Preise allein, sondern durch den Verlust gesicherter Leistung und steigende Systemkosten bei Wind- und Sonnenstrom. Die tatsächlichen Ursachen bleiben ungelöst.

Auch Ökonomen schlagen in die gleiche Kerbe. Die fehlende Grundlast, teures Gas und überbordende Bürokratie gefährden die Wettbewerbsfähigkeit ganzer Branchen. Die Industrie braucht Planungssicherheit – keine Flickschusterei.

Industrieprojekte stehen vor dem Aus

Arcelor Mittal lehnte kürzlich über eine Milliarde Euro an Subventionen ab. Der Einsatz von Wasserstoff lasse sich wirtschaftlich nicht abbilden. Auch bei BASF fallen Produktionslinien weg. Die Leag kommt mit dem Umbau der Lausitz kaum voran. Von den geplanten sieben Gigawatt grünem Strom ist bisher nicht einmal einer realisiert. Projekte zur Wasserstofferzeugung wurden gestoppt.

„Der Patient droht, auf dem OP-Tisch zu sterben“, heißt es im Brief. Die Energiewende, einst als wirtschaftlicher Heilsbringer gefeiert, hat sich aus Sicht der ostdeutschen Industrie zu einer existenziellen Bedrohung entwickelt.

Versorgung unsicher, Strompreise explodieren

Seit Jahrzehnten profitieren Wind und PV von gesetzlichen Privilegien. Der Beitrag zur Versorgungssicherheit bleibt dennoch gering. Gleichzeitig explodieren die Netzkosten. „Noch nie war unsere Stromversorgung so teuer und unsicher“, urteilen die Verfasser.

Ein sofortiger Ausbaustopp für nicht netzdienliche Solar- und Windanlagen erscheint aus Sicht der Betriebsräte unausweichlich. In Norddeutschland herrscht Windkraft-Überschuss, im Süden dominiert schwache Solarproduktion. Die notwendige Infrastruktur fehlt, während Subventionen steigen.

Kohleausstieg ohne Ersatz gefährdet Stabilität

Die Abschaltung von Kraftwerken ohne gesicherte Ersatzleistung gefährdet die Stromversorgung. Deshalb fordern die Betriebsräte ein Moratorium für weitere Abschaltungen. Klimaschutz solle international abgestimmt erfolgen, nicht einseitig zu Lasten Europas.

Ein Blick auf China, das Klimaneutralität erst für 2060 plant, zeigt die globale Ungleichheit. Europa plant dagegen das Ziel für 2050, Deutschland sogar für 2045. Diese Vorreiterrolle droht zur wirtschaftlichen Hypothek zu werden.

Kanzler Merz unter Zugzwang

„Die Zeit für wohlfeile Worte ist vorbei.“ Für die ostdeutschen Industriebelegschaften geht es um weit mehr als Klimaziele. Es geht um den Erhalt ihrer Lebensgrundlage. Vom Handeln der Bundesregierung hängt nicht nur der Standort Deutschland ab – sondern die Zukunft von Millionen Arbeitsplätzen.

Die Antwort der Bundesregierung steht noch aus. Doch die Zeit drängt: Mit jedem Tag, an dem die Politik an ihrer verfehlten Energiestrategie festhält, verschwinden weitere Arbeitsplätze – und mit ihnen die Zukunft des Industriestandorts Deutschland.

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