Die jungen Briten hätten den Ausgang des Brexit-Votums offenbar maßgeblich beeinflussen können, wenn sie sich stärker an der Abstimmung beteiligt hätten. Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass ihre Wahlbeteiligung insgesamt niedriger war als bei den Alten.
Auf die mangelhafte Beteiligung der jungen Leute macht der Wirtschaftsjournalist Norbert Häring in einem Blogbeitrag aufmerksam. Der Ökonom verweist auf eine Schätzung, die von New Statesman veröffentlicht wurde. Demnach gingen nur 36 Prozent der 18- bis 24-Jährigen überhaupt zur Wahl. Bei den über 65-Jährigen waren es hingegen 83 Prozent.
% who got through our final #EUref poll turnout filter by age group:
18-24: 36%
25-34: 58%
35-44: 72%
45-54: 75%
55-64: 81%
65+: 83%
— Sky Data (@SkyData) 25. Juni 2016
Weiterhin verweist der Journalist auf Auswertungen der BBC und der FT. Das Ergebnis hier: In Wahlkreisen mit mehr jüngeren Leuten war die Wahlbeteiligung niedriger.
„Wir stellen fest, dass von den Jungen (...) nur knapp jeder Vierte zur Wahl ging und für den Verbleib in der EU stimmte. In den anderen Altersgruppen waren es durchgängig 33 bis 37 Prozent“, so Häring. „Es sieht ganz so aus, als wäre es sehr vielen jungen Briten entweder egal gewesen, oder der Anteil derer, die sich nicht zutrauten, sich eine Meinung über dieses hochkomplexe Thema zu bilden, war besonders hoch - oder eine Mischung aus beidem.“
51,9 Prozent der Briten hatten am Donnerstag für den Brexit gestimmt, 48,1 Prozent dagegen, berichtet die AFP. Bei den Bürgern im Rentenalter, die die Zeit vor dem Beitritt Großbritanniens zur damaligen Europäischen Gemeinschaft (EG) im Jahr 1973 noch gut in Erinnerung haben, war die Unterstützung für das „Leave“-Lager besonders groß.
Laut einer Umfrage des Instituts Michael Ashcroft unter 12.000 Referendumsteilnehmern votierten 60 Prozent der über 65-Jährigen für den Austritt aus der EU. Von den 18- bis 24-Jährigen Wählern sprachen sich hingegen 73 Prozent für einen Verbleib in der EU aus, bei den 25- bis 34-Jährigen waren es immerhin 62 Prozent.
Jetzt laden junge Briten erst einmal ihren Frust ab. Der Ausgang des EU-Referendums sei ein Rückschritt, schreibt der Cambridge-Student Matthew van der Merwe in einem Leserbrief an die Financial Times. „Viel von dem Optimismus, den ich mit den meisten meiner Generation geteilt habe, ist jetzt weg.“
Unter dem Schlagwort „#NotInMyName“ (Nicht in meinem Namen) machen junge Briten im Kurznachrichtendienst Twitter klar, dass sie ganz und gar nicht hinter der Brexit-Entscheidung stehen.
Dass es sich dabei aber nicht um ein rein britisches Phänomen handelt, zeigte bereits die Beteiligung an den Europawahlen. „2014 gingen 35,3 Prozent der jungen Europäer zwischen 21 und 24 zur Wahl. Bei den 25 bis 29-Jährigen lag die Wahlbeteiligung bei 36 Prozent“, berichtet DRadio Wissen. Das Fazit der Redaktion mit Blick auf Großbritannien: „Mit Wahlpflicht hätten sich die Briten womöglich für die EU entschieden.“