Grünen-Chefin Eva Glawischnig teilt mit:
Das Verfassungsgericht hat entschieden: Die Bundespräsidenten-Stichwahl wird wiederholt. Wir werden dafür kämpfen, dass Alexander Van der Bellen ein zweites Mal gewinnt. Ich bin fest davon überzeugt, dass wieder eine breite Bewegung gemeinsam dafür kämpfen wird, damit Alexander Van der Bellen ein zweites Mal die Stichwahl gewinnt.
Der Verfassungsgerichtshof hat entschieden, und das Erkenntnis ist zu akzeptieren. Das Vertrauen in den Rechtsstaat ist das Fundament unserer Demokratie. Das Wahlergebnis hat dem WählerInnenwillen entsprochen – eine Mehrheit hat Alexander Van der Bellen zum Bundespräsidenten gewählt“, betont Eva Glawischnig, Klubobfrau und Bundessprecherin der Grünen. „Einige Wahlleiter in wenigen Bezirken tragen durch ihren schlampigen Vollzug die volle Verantwortung für die Wiederholung der Stichwahl“, kommentiert Glawischnig.
Ein Präsident, der Österreich gut nach außen vertreten kann und nach innen verbindet, ist wichtiger denn je.
„Viele Bürgerinnen und Bürger sind jetzt verärgert, ein drittes Mal wählen gehen zu müssen. Ich bin fest überzeugt, dass wieder eine breite Bewegung gemeinsam dafür kämpfen wird, damit Alexander Van der Bellen ein zweites Mal die Stichwahl gewinnt. Ein Präsident, der Österreich gut nach außen vertreten kann und nach innen verbindet, ist wichtiger denn je“, so Glawischnig.
"Gemeinsame Zukunft in Österreich und Europa"
„Die FPÖ und Norbert Hofer haben in den letzten Wochen wieder gezeigt, wo sie stehen. Sie haben ihre Verbündeten Le Pen, Petry und die anderen Spitzen der rechtsnationalen und rechtsextremen Parteien nach der verlorenen Stichwahl nach Wien eingeladen, um alte nationale Konflikte zu befeuern. Sie wollen damit das Friedenswerk Europa zerstören und sehenden Auges Arbeitsplätze vernichten. Marine Le Pen hat deutlich gesagt: ,Unser Ziel ist die Zerstörung der EU.' Die wirtschaftlichen und politischen Folgen der Brexit-Abstimmung, bei der von Rechtpopulisten mit falschen Argumenten und zum Teil mit Lügen gearbeitet wurde, zeigen, dass wir jetzt in einer breiten Allianz für eine gemeinsame Zukunft in Österreich und Europa kämpfen und werben müssen“, betont Glawischnig.
FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache kommentiert das Urteil des Verfassungsgerichts auf Facebook mit einem Bild:
FPÖ-Präsidentschaftskandidat Hofer werde sich als Dritter Nationalratspräsident nicht karenzieren lassen, berichtet derweil Kurier at. Dies wäre ein „Riesenfehler”, sei doch Erfahrung, die er mitbringe, in dieser Situation von Vorteil. Die Nationalratspräsidenten übernehmen nun interimistisch die Geschäfte des Staatsoberhauptes. Hofer betonte, die Aufgaben klar trennen zu können: „Ich werde beweisen, dass ich überparteilich auftrete.” Wahlkampfmüde sei er keinesfalls, so das Blatt.
Auf der offiziellen Seite der FPÖ ist unterdessen Folgendes zu lesen:
Der Verfassungsgerichtshof hat sich an fünf Verhandlungstagen vor den Augen der Öffentlichkeit mit den wichtigsten Beschwerdepunkten in der Anfechtungsschrift der FPÖ auseinandergesetzt.
Am Freitag um 12:00 Uhr verkündete Präsident Gerhart Holzinger die Entscheidung des Höchstgerichts: Die Stichwahl zur Bundespräsidentschaftswahl wird erstmalig in der Geschichte Österreichs aufgehoben. Somit war die Wahlanfechtung der Freiheitlichen erfolgreich. „Wahlen sind das Fundament unserer Demokratie. Pflicht des Verfassungsgerichtshofes ist es, dieses Fundament funktionstüchtig zu erhalten. Die Entscheidung macht niemanden zum Verlierer und niemanden zum Gewinner, sie soll vielmehr das Vertrauen in unseren Rechtsstaat und in unsere Demokratie stärken“, erklärte Holzinger in seinen Ausführungen.
Insgesamt 77.926 rechtswidrige Stimmen
Insgesamt 77.926 Stimmen wurden rechtswidrig erfasst, die entweder dem FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer oder dem Grünen-Kandidaten Alexander Van der Bellen zufallen hätten können. Entscheidend für die Aufhebung des zweiten Wahlganges waren Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung der Briefwahlstimmen in 14 von 20 untersuchten Bezirken. Diese betreffen die Vollziehung der Wahlrechtsvorschriften in diesen Bezirkswahlbehörden. Als unzulässig erachtete der VfGH zudem die Veröffentlichung von Wahlergebnissen durch die Bundeswahlbehörde vor Ende der Wahl.
Holzinger betonte, dass die Schuld nicht bei den Wahlbeisitzern liege. Man müsse diese zukünftig besser informieren bzw. schulen, um die Attraktivität dieser freiwilligen Leistung gewährleisten zu können. Zudem müssen die Wahlbeisitzer rechtzeitig über alle Amtshandlungen rund um die Wahl und Auszählung informiert werden. Ein Hinweis in einer Einladung, an der Auzählung teilnehmen zu dürfen, reiche dazu nicht aus.
Der neue Wahltag ist von der Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptauschuss des Nationalrates auf einem Sonntag oder gesetzlichen Feiertags festzulegen.
Bundeskanzler Christian Kern äußerte sich ebenfalls kurz nach dem Urteil. Er betonte, dass man den Wahlbeisitzern keine Schuld zuschieben solle, so Kurier.at. „Wir brauchen diese Menschen, sie stehen mit ihrem Engagement dafür ein, dass wir unseren demokratischen Rechten nachkommen können”, zitiert ihn das Blatt. Das Urteil des Verfassungsgerichtshofes solle „kein Anlass für Emotionen sein", so Kern. „Es zeigt lediglich, dass unser Rechtsstaat funktioniert.”
Der Kanzler wünsche sich demnach einen kurzen Wahlkampf, besonders wichtig sei ihm, dass „die Bürgerinnen und Bürger Österreichs von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen”. Dafür werde er auch eintreten, so Kern. Einen Imageschaden für Österreich sieht der Kanzler nicht: „Es ist keine Erfreulichkeit, aber ich glaube, dass wir hiermit sehen können, dass in Österreich Demokratie und Rechtsstaat funktionieren.”
Mit einem Appell an die Österreicherinnen und Österreicher reagiert Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH). In einer Mitteilung heißt es:
„Die Entscheidung des VfGH ist zu akzeptieren. Auch wenn viele enttäuscht darüber sind, dass aufgrund Fehler Einzelner und die Anfechtung teilweise von jenen stammt, deren Vertreter selbst nicht korrekt gehandelt haben, die Wahl wiederholt werden muss, so ist es gerade jetzt wichtig, die Menschen davon zu überzeugen und zu motivieren, von ihrem demokratischen Wahlrecht Gebrauch zu machen. Die Chance, seine Meinung zu bestätigen, sollte jede und jeder nutzen.”
Innenminister Wolfgang Sobotka von der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) sprach von fatalen Fehlern und Schlampereien bei der Auszählung. Die Regierung werde nun „zeitnah” eine neue Stichwahl ansetzen. Er will nun zusammen mit Außenminister Sebastian Kurz (beide ÖVP) dafür sorgen, dass in den Bezirken, die Fehler gemacht hatten, Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) eingesetzt werden, so die dpa. Ob es in den Behörden personelle Konsequenzen geben werde, sei noch unklar, meinte Sobotka. Über das genaue Datum der Stichwahl um das höchste Amt im Staat will die Regierung kommende Woche beraten.
Umfragen, welcher der beiden Kandidaten bei einer Neuwahl die besten Chancen hat, gibt es bislang nicht, so Reuters. Unklar ist auch, inwieweit das Brexit-Votum zum Austritt Großbritanniens aus der EU Einfluss auf die Abstimmung haben könnte. FPÖ-Kandidat Hofer hatte kürzlich Aufsehen erregt, als er unter bestimmten Bedingungen auch für Österreich ein Referendum über den Verbleib in der EU in Aussicht stellte.
Besonders der erste Wahlgang zum Bundespräsidenten im April stand noch unter dem Eindruck der Flüchtlingskrise und des Streits in der EU über den Umgang damit. Die Kandidaten der beiden etablierten Parteien ÖVP sowie der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) landeten damals weit abgeschlagen. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) gab daraufhin Anfang Mai sein Amt auf, der ehemalige Bahnmanager Christian Kern (SPÖ) löste ihn ab.
FPÖ-Kandidat Hofer forderte kürzlich erneut, es müsse Neuwahlen auch zum Parlament geben. Die FPÖ kommt derzeit in Umfragen auf Bundesebene auf über 30 Prozent und wäre damit klare Nummer eins. Die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP kommen auf jeweils 20 bis 25 Prozent. Dem Politologen Peter Hajek zufolge kann die EU-kritische Haltung der FPÖ aber auch „ein Schuss ins Knie” sein. Wesentlich sei, wie sich die EU künftig gegenüber Großbritannien verhalten werde und wie es wirtschaftlich weitergehe, sagte der Experte. Van der Bellen ist ein klarer EU-Befürworter. Er machte deutlich, eine FPÖ-geführte Regierung nicht vereidigen zu wollen, da er „größte Bedenken” hätte, einer Partei die Kanzlerschaft zu übertragen, die das vereinte Europa untergraben wolle.
Die Kompetenzen des Präsidenten in Österreich sind weitreichender als etwa in Deutschland. Neben der Ernennung und Vereidigung des Regierungschefs kann er den Bundeskanzler oder die gesamte Bundesregierung auch entlassen. In der politischen Praxis ist er aber gezwungen, die Mehrheitsverhältnisse im Nationalrat zu berücksichtigen.
Die Bundesregierung sieht wegen der gerichtlich angeordneten Wiederholung der Bundespräsidentenwahl in Österreich keine Konsequenzen für das Verhältnis zwischen Berlin und Wien, berichtet die dpa. Auf die Frage, ob es irgendwelche Auswirkungen auf die Politik Deutschlands in Verbindung zu Österreich gebe, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag: „Nein.”
Kurz nach der Verkündung gibt es erste internationale Reaktionen. So schreibt etwa die Neue Züricher Zeitung:
Die unbefriedigende Konsequenz ist, dass nun für mehrere Millionen Euro eine Wahl wiederholt werden muss, deren Ergebnis nach dem sehr ernsthaften und transparenten Verfahren des Verfassungsgerichts niemand ernsthaft anzweifelt. Dem Land steht neuerlich ein polarisierender Wahlkampf bevor, der politische Kräfte absorbiert. Zudem muss Österreich mit dem peinlichen Makel leben, womöglich über Jahre im Prinzip irreguläre Wahlen durchgeführt zu haben.
Die spanische Zeitung El Pais schreibt:
Die FPÖ hat nicht nur eine erfolgreiche Anfechtung und eine zweite Chance, einen der Ihren an die Staatsspitze zu hieven, erreicht. Sie sieht auch ihre Strategie verstärkt, das System und ihre Institutionen in Frage zu stellen. Andererseits stellt der Richterspruch einen heftigen Schlag gegen das Image der Regierungskoalition aus Sozialdemokraten und Konservativen dar. Auch wenn keine Beweise für Betrug gefunden wurden, zeigten sich doch Irregularitäten bei der Auszählung.