Politik

Deutschland will schwache Exporte mit Waffen-Deals beleben

Lesezeit: 2 min
06.07.2016 11:15
Die deutsche Industrie verbucht einen enttäuschenden Mai beim Auftragseingang. Die weltweite Rezession schlägt auf die deutsche Wirtschaft durch. Durch die Russland-Sanktionen hat sich Deutschland zusätzlich geschwächt. Nun ruhen die Hoffnungen auf der Rüstungs-Industrie.
Deutschland will schwache Exporte mit Waffen-Deals beleben

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die deutsche Industrie hat im Mai wegen schwächelnder heimischer Nachfrage überraschend wenige Aufträge erhalten. Die Bestellungen verharrten auf dem Niveau des Vormonats, wie das Bundeswirtschaftsministerium am Mittwoch mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten mit einem Anstieg von 1,0 Prozent gerechnet, nachdem es im April noch einen Rückgang von 1,9 Prozent gegeben hatte.

Das unerwartet schwache Abschneiden geht auf die Binnennachfrage zurück, die um 1,9 Prozent schrumpfte. Die Auslandsaufträge nahmen dagegen um 1,4 Prozent zu. Das lag vor allem an den guten Geschäften mit den Euro-Ländern, die um 4,0 Prozent wuchsen. Die Bestellungen aus dem Rest der Welt nahmen um 0,3 Prozent ab. Der Anteil der Großaufträge war diesmal unterdurchschnittlich.

Die Hersteller von Maschinen und anderen Investitionsgütern erhielten im Mai 1,9 Prozent mehr Aufträge. Die Bestellungen für Vorleistungsgüter nahmen dagegen um 2,9 Prozent ab, die von Konsumgütern fielen um 0,4 Prozent.

Die Chefvolkswirte urteilen:

ALEXANDER KRÜGER, BANKHAUS LAMPE:

"Die stagnierende Auftragsentwicklung im Mai ist eine klare Enttäuschung. Auch mit Blick auf die Vorjahresrate zeigt sich, dass in der Industrie momentan nicht viel los ist. Der Juni-Wert steht zwar noch aus, gegenüber dem ersten Quartal wird der Auftragseingang aber mit hoher Wahrscheinlichkeit schrumpfen. Dies hat nichts mit Brexit-Nachwehen zu tun, sondern ist das Ergebnis der schon länger lediglich verhalten wachsenden Weltwirtschaft."

DIRK SCHLOTBÖLLER, DIHK:

"Die Aufträge entwickeln sich weiterhin kraftlos. Abgesehen von einzelnen monatlichen Ausreißern stagnieren die Bestellungen seit mittlerweile zwei Jahren. Selbst bei den Inlandsbestellungen treten wir auf der Stelle - trotz der guten Konsumkonjunktur. Mögliche Auswirkungen des Brexit-Referendums sind kurzfristig nicht zu erwarten."

THOMAS GITZEL, VP BANK:

"Festzuhalten bleibt: Es gab schon bessere Tage, aber auch schon schlechtere Tage für die deutsche Industrie. Grund zum Wehklagen besteht aber nicht. Die wirtschaftliche Erholung in der Euro-Zone hilft dem produzierenden Gewerbe über die schwache weltwirtschaftliche Entwicklung teilweise hinweg."

Viele Alternativen hat Deutschland nicht, zumal die geopolitische Lage die Spielräume einengt. Die Russland-Sanktionen schlagen bei der Entwicklung durch: Die geringeren Bestellungen aus dem Inland (-1,9 %) und aus dem Nicht-Euroraum (-0,3 %) wurden durch kräftige Auftragseingänge aus den Ländern des Euroraums (+4,0 %) kompensiert

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat sich vor einigen Tagen bereits vorausschauend für mehr europäische Rüstungsprojekte ausgesprochen und dafür eine Lockerung der Exportrichtlinien gefordert. "Mit unserem Rüstungsexportkontrollregime sind wir nicht europatauglich", sagte der CDU-Politiker am Sonntagabend in der ARD. "Wenn wir in bestimmten Punkten europäische Lösungen wollen, muss jeder bereit sein, auch wir, einige nationale Regelungen ein Stück weit danach überprüfen zu lassen, was denken eigentlich die anderen", fügte Schäuble hinzu.

Der Minister bekräftigte seine Forderung, Europa besser zu vermitteln. Es gehe darum, klar zu machen, welche Dinge nur Europa lösen könne. "Das müssten wir dann beweisen." Europa müsse schnell sichtbare Ergebnisse liefern, etwa im Zusammenhang mit dem Zustrom von Flüchtlingen. Angesichts der Krisen vor der Haustür Europas und der Bedrohung durch den islamistischen Extremismus sei eine gemeinsame Verteidigungs- und Rüstungspolitik dringend notwendig. Der Minister schlug vor, dass einige Länder - etwa Deutschland und Frankreich - hier vorangingen. "Ein paar Rüstungsprojekte gemeinsam wären schon ein Schritt in die richtige Richtung."

Bereits im Vorjahr sind die Rüstungsexporte drastisch gestiegen. 


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Finanzen
Finanzen Platzt die ETF-Blase – was dafür, was dagegen spricht
04.05.2024

Kaum eine Investmentform konnte in den zurückliegenden Jahren die Gunst der Anleger derart erlangen wie dies bei Exchange Traded Funds,...

DWN
Immobilien
Immobilien Streikwelle auf Baustellen droht: Gewerkschaft kündigt Massenstreiks an
04.05.2024

Die Bauindustrie steht vor Massenstreiks: Gewerkschaft kündigt flächendeckende Arbeitsniederlegungen mit rund 930.000 Beschäftigten an.

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Chinas Einfluss in Südostasien: Herausforderung für deutsche Firmen
04.05.2024

Deutsche Unternehmen suchen verstärkt nach Alternativen zum chinesischen Markt und richten ihr Augenmerk auf die aufstrebenden...

DWN
Technologie
Technologie CO2-Speicherung: Vom Nischenthema zum Wachstumsmarkt
04.05.2024

Anreize durch die Politik, eine neue Infrastruktur und sinkende Kosten: CO2-Speicherung entwickelt sich zusehends vom regionalen...

DWN
Politik
Politik Wahljahr-Turbulenzen: Biden im Kreuzfeuer der Gaza-Proteste
04.05.2024

Seit Monaten sind bei fast jedem öffentlichen Auftritt von Präsident Joe Biden propalästinensische Demonstrationen zu sehen, die sich im...

DWN
Politik
Politik Mindestlohn: Neues Streitthema köchelt seit dem Tag der Arbeit
04.05.2024

Im Oktober 2022 wurde das gesetzliche Lohn-Minimum auf zwölf Euro die Stunde erhöht. Seit Jahresanfang liegt es bei 12,41 Euro, die von...

DWN
Technologie
Technologie Deutsches Start-up startet erfolgreich Rakete
04.05.2024

Ein deutsches Start-up hat eine Rakete von zwölf Metern Länge entwickelt, die kürzlich in Australien getestet wurde. Seit Jahrzehnten...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Robert Habeck sollte endlich die Kehrtwende vollziehen - im Heizungskeller Deutschlands
03.05.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...