Finanzen

Währungskrieg: China nutzt Brexit für Abwertung des Yuan

Lesezeit: 3 min
10.07.2016 02:44
Chinas Notenbank hat den Yuan in dieser Woche auf den niedrigsten Stand seit Ende 2010 abgewertet. Die Wirren um den Brexit helfen der chinesischen Regierung, die eigene Währung an Wert verlieren zu lassen. Das kurbelt den Export des Landes an und schadet der Industrie in der EU und in den USA.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Mit der Internationalisierung des Yuan sollte eigentlich auch eine Stabilisierung der chinesischen Währung einhergehen. Chinas Premier Li Kequian hatte dies in den vergangenen Monaten mehrmals betont. Doch statt die eigene Währung zu stabilisieren, setzt das Land scheinbar auf eine Deflation, eine Deflation, die aufgrund der derzeit angeschlagenen Weltwirtschaft durchaus auch auf andere Staaten überzugreifen droht.

Der Währungskorb des Landes war seit Beginn des Jahres um 12 Prozent geschrumpft. Kurz nach dem Brexit-Votum der Briten hatte sich diese Entwicklung noch einmal verstärkt. Das könnte darauf verweisen, dass die Nationalbank des Landes, die PBOC, versucht, die aktuellen politischen Geschehnisse für eine Abwertung zu nutzen. Sollte dies der Fall sein, müsste die Regierung des Landes bald mit einer erneuten Kapitalflucht rechnen. Eigentlich müsste die Nationalbank den Yuan stabilisieren, doch stattdessen lässt sie die Abwertung geschehen und büßt damit bei internationalen Investoren ihre Glaubwürdigkeit ein. Aber, um dann wieder eingreifen zu können, „muss sie stark intervenieren, um die Kontrolle zurückzuerhalten“, zitiert der britische Telegraph Mark Williams von Capital Economics.

Aktuell profitiert China von der Abwertung. Die Einkaufspreise der Industrie sind gesunken. Das stützt die angeschlagene Industrie, die eigentlich eines wirklichen Wandels bedarf. Die derzeitige Entwicklung federt den Abschwung der chinesischen Wirtschaft aufgrund des Weges hin zu einer Dienstleistungsgesellschaft ab.

Die günstigen Preise kurbeln die Wettbewerbsfähigkeit der chinesischen Unternehmen wieder an. Die Überkapazitäten in vielen Branchen des Landes werden quasi exportiert. Das zeigt sich nicht nur in der Stahlbranche, sondern auch in der Schifffahrt, der Solar-Branche oder der Plastikherstellung. Noch im Januar hatte Li Kequiang gesagt, „China habe nicht die Intention, die Exporte durch wettbewerbsfähigere Abwertung der Währung zu stimulieren.

„Sie scheinen ihre eigenen Modelle zu überschreiben und den Yuan fallen zu lassen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern“, so Hans Redeker von Morgan Stanley. Ähnlich sei auch Japan in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts vorgegangen, aber China betreibe diese Politik in einem viel größeren Ausmaß. „Die Weltwirtschaft ist nicht in der Lage, das zu absorbieren“, sagt Redeker.

Zusätzlich zu dieser vermeintlich passiven Abwertung des Yuans hat China auch wieder begonnen, den Wert des Yuan aktiv am Markt zu drücken, was schwerwiegende Folgen haben könnte. Das zumindest legen die vorläufigen Zahlen der Währungsreserven nahe. Diese zeigen, dass die chinesische Nationalbank im Juni ausländische Staatsanleihen im Wert von 34 Milliarden Dollar gekauft hat. Mark Williams von Capital Economics sagt jedoch, dass es noch zu früh sei, um zu sagen, dass dieser Kauf absichtlich zur Abwertung getätigt wurde. Aber, „wenn sie interveniert haben, würde das die Beziehung zu den USA torpedieren, gerade im Vorfeld der US-Wahlen.

Denn im Gegensatz zum Yuan hat der Dollar seit Mitte 2014 eine Aufwertung von etwa 20 Prozent erfahren. Und sowohl Clinton als auch Trump haben sich bisher im Wahlkampf für eine harte Position zu Chinas Geldpolitik ausgesprochen.

Andererseits sagen Ökonomen von Nomura, dass der Yuan eigentlich noch immer um sechs Prozent überbewertet ist. Die einstige Kopplung an den Dollar sorgte damals für die massive Aufwertung, steigende Lohnkosten und die Abschwächung des Wachstums hatten dazu in der Vergangenheit beigetragen. Gleichzeitig belaufen sich die Anlageinvestitionen des Landes auf einen Wert von 5 Billionen Dollar – mehr als die USA und die Europa zusammen.

Zu stark hatte Chinas Regierung in der Vergangenheit auf Wachstum durch Investitionen gesetzt. Großbritannien war lange Zeit Nutznießer dieser Strategie. Doch die hochverschuldeten Staatsunternehmen Chinas zeigen, dass diese Strategie schon längst nicht mehr funktioniert. Doch die aktuelle Situation der Weltwirtschaft macht es eben für China derzeit extrem schwer, hier einen Wandel zu vollziehen. Eine Abwertung, die aus der Logik Chinas heraus notwendig wäre, kann von den anderen Staaten derzeit kaum getragen werden. Und so versucht die Nationalbank die stumme Abwertung, die jedoch auch Konsequenzen für die Weltwirtschaft haben wird.

Die massive Überproduktion im Stahlbereich, die auch die Märkte in Europa zu zerstören droht, zeigt, wie schnell die Deflation systemisch werden kann. Die Wachstumszahlen für China liegen dank staatlicher Förderungen noch bei 4 bis 4,5 Prozent. Und die Regierung greift weiter an. Bloomberg zufolge erwägt die Regierung weitere Staatshilfen für angeschlagene Staatsunternehmen. Es gehe um mögliche Finanzhilfen, Fusionen und unterstützende politische Maßnahmen für die Unternehmen. Unter den rund zehn Firmen, für die Hilfen im Gespräch seien, sei auch der Stahlhersteller Sinosteel.

Die hohe Verschuldung des Landes und der Unternehmen kann aber im Zuge des wirtschaftlichen Abschwung mit einer neuen Immobilienblase zu einer gefährlichen Mischung werden: für China und die Welt.

 


Mehr zum Thema:  

DWN
Finanzen
Finanzen Boom-Segment aktive ETFs: BlackRock startet fünf neue Fonds
07.09.2024

Blackrocks ETF-Tochter iShares erweitert ihr Angebot in Europa um fünf neue aktive ETFs. Ziel der Fonds ist es, Anlegern kostengünstige...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Flexible Arbeitszeiten: Sind Vollzeitjobs ein Auslaufmodell?
07.09.2024

Eine repräsentative Befragung der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass nur noch eine Minderheit eine Stelle mit festen Arbeitszeiten...

DWN
Finanzen
Finanzen Derivate Erklärung: So funktionieren Zertifikate, CFDs und Optionsscheine
07.09.2024

Derivate wie Futures, Optionen, Zertifikate, Optionsscheine, Swaps und CFDs sind heftig umstritten. Einige sehen darin notwendige...

DWN
Technologie
Technologie Wasserstoffprojekt in Namibia könnte KZ-Gedenkstätte gefährden
07.09.2024

Deutschland unterstützt ein Großprojekt zur Herstellung von grünem Wasserstoff in Lüderitz. An diesem Ort befand sich einst das erste...

DWN
Immobilien
Immobilien Tag des offenen Denkmals: 7 ungewöhnliche Monumente in Deutschland
07.09.2024

Ob Schloss Neuschwanstein oder Siegessäule: Viele Denkmäler in Deutschland sind international bekannt. Hier werfen wir einen Blick auf...

DWN
Technologie
Technologie Stromerzeugung aus Windkraft: Die Dynamik nimmt ab
07.09.2024

Im vergangenen Jahr war Windkraft erstmals die Hauptquelle der hiesigen Stromerzeugung, weit vor Kohle. Doch in diesem Jahr ist eine...

DWN
Politik
Politik Trump-Erfolg im Schweigegeld-Prozess: Urteil erst nach US-Wahl
07.09.2024

Im New Yorker Prozess wegen Schweigegeldzahlungen von Ex-Präsident Donald Trump wird das Strafmaß erst nach der Präsidentschaftswahl...

DWN
Panorama
Panorama Studie: Ungesunde Ernährung bereits bei Kleinkindern weit verbreitet
07.09.2024

Laut einer aktuellen Studie ernähren sich bereits Kleinkinder zu süß und ungesund. Wie das Max Rubner-Institut (MRI) in Karlsruhe, ein...