Politik

EU startet erstmals Straf-Verfahren gegen Spanien und Portugal

Lesezeit: 1 min
12.07.2016 14:18
Die Finanzminister der Euro-Zone eröffnen erstmals ein Strafverfahren gegen Mitgliedsländer wegen des Überschreitens der erlaubten Defizitgrenze. Das Strafmaß gegen Spanien und Portugal wird nun ermittelt. Um die Situation in der EU nicht noch weiter anzuheizen, könnte es sehr niedrig ausfallen. Andere Länder wie Frankreich verstoßen seit Jahren gegen die Regeln – ohne Konsequenzen fürchten zu müssen.
EU startet erstmals Straf-Verfahren gegen Spanien und Portugal

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Erstmals in der Geschichte der Währungsunion haben die Euro-Finanzminister Sanktionsverfahren gegen Mitgliedstaaten in Gang gesetzt. Sie stellten am Dienstag im Rahmen des EU-Finanzministertreffens fest, dass Spanien und Portugal die Haushaltsvorgaben wiederholt nicht eingehalten haben, berichtet AFP. Damit würden nun „Sanktionen ausgelöst“, erklärte der EU-Rat. Über die Höhe der Strafen muss noch entschieden werden.

In beiden Ländern seien die Anstrengungen zur Haushaltssanierung „deutlich hinter den Empfehlungen zurückgeblieben“, erklärte der EU-Rat. Die EU-Kommission habe nun 20 Tage, um dem Ministerrat Empfehlungen für Strafen vorzulegen. Sie könnten sich dabei auf eine Höhe von bis zu 0,2 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung belaufen.

Auch andere Länder wie Frankreich und Deutschland verfehlen seit Jahren die Defizitgrenzen, wurden dafür aber noch nie bestraft.

Allerdings könnten Spanien und Portugal binnen zehn Tagen noch einen „begründeten Antrag zur Reduzierung der Strafen einreichen“, hieß es weiter. Die Regierungen müssten darin überzeugend darlegen, warum sie das Defizitziel erneut nicht erreicht haben, und wie sie dies in Zukunft schaffen wollen. Die Kommission gibt dann eine Strafempfehlung ab. Der Rat hat danach weitere zehn Tage Zeit, um Strafen zu beschließen.

Spaniens Finanzminister Luis de Guindos verteidigte vor der Entscheidung die Bemühungen seines Landes, das Defizit zu senken. „Der Grund, warum ich optimistisch bin, ist, dass eine Strafe gegen Spanien einfach Unsinn wäre“, sagte er in Brüssel. Portugals Regierungschef Antonio Costa hatte vergangene Woche gewarnt, die Bußgelder gegen sein Land würden auch dort im Fahrwasser der Brexit-Entscheidung der Briten Europagegner stärken.

„Ich bin sicher, dass wir am Ende ein kluges und intelligentes Ergebnis haben werden“, erklärte der slowakische Finanzminister Peter Kazimir, dessen Land derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, nach der Sanktionsentscheidung. EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici hatte am Montag gesagt, die Strafen könnten auch auf „null“ festgesetzt werden. Die Kommission will nun einen „Dialog“ mit beiden Ländern starten.

Brüssel hatte bereits im Jahr 2009 Defizitverfahren gegen Spanien und Portugal eingeleitet, weil ihre Neuverschuldung wiederholt über drei Prozent der Wirtschaftsleistung lag. Trotz aller Ermahnungen rissen die beiden Länder auch im vergangenen Jahr diese Latte. Im Mai hatte die EU-Kommission Sanktionen mit Verweis auf die Parlamentswahl in Spanien Ende Juni vorerst verhindert.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Chinas Einfluss in Südostasien: Herausforderung für deutsche Firmen
04.05.2024

Deutsche Unternehmen suchen verstärkt nach Alternativen zum chinesischen Markt und richten ihr Augenmerk auf die aufstrebenden...

DWN
Technologie
Technologie CO2-Speicherung: Vom Nischenthema zum Wachstumsmarkt
04.05.2024

Anreize durch die Politik, eine neue Infrastruktur und sinkende Kosten: CO2-Speicherung entwickelt sich zusehends vom regionalen...

DWN
Politik
Politik Wahljahr-Turbulenzen: Biden im Kreuzfeuer der Gaza-Proteste
04.05.2024

Seit Monaten sind bei fast jedem öffentlichen Auftritt von Präsident Joe Biden propalästinensische Demonstrationen zu sehen, die sich im...

DWN
Politik
Politik Mindestlohn: Neues Streitthema köchelt seit dem Tag der Arbeit
04.05.2024

Im Oktober 2022 wurde das gesetzliche Lohn-Minimum auf zwölf Euro die Stunde erhöht. Seit Jahresanfang liegt es bei 12,41 Euro, die von...

DWN
Technologie
Technologie Deutsches Start-up startet erfolgreich Rakete
04.05.2024

Ein deutsches Start-up hat eine Rakete von zwölf Metern Länge entwickelt, die kürzlich in Australien getestet wurde. Seit Jahrzehnten...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Robert Habeck sollte endlich die Kehrtwende vollziehen - im Heizungskeller Deutschlands
03.05.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Finanzen
Finanzen Wirtschaftsstandort in der Kritik: Deutsche Ökonomen fordern Reformen
03.05.2024

Deutschlands Wirtschaftskraft schwächelt: Volkswirte geben alarmierend schlechte Noten. Erfahren Sie, welche Reformen jetzt dringend...

DWN
Politik
Politik Rheinmetall-Chef: Deutschland muss Militärausgaben um 30 Milliarden Euro erhöhen
03.05.2024

Armin Papperger, der CEO von Rheinmetall, drängt darauf, dass Deutschland seine Militärausgaben um mindestens 30 Milliarden Euro pro Jahr...