Finanzen

EuGH-Urteil könnte Italien zu professioneller Banken-Rettung zwingen

Das jüngste EuGH-Urteil zur Bankenrettung stärkt die Steuerzahler und verlagert das Risiko auf die Gläubiger - also in der Regel auf andere Banken. In Italien erhöht sich damit der Druck auf eine gesetzeskonforme und professionelle Sanierung der maroden Banken. Die Regierung Renzi muss allerdings vielen Anlegern erklären, dass sie ihr Geld teilweise verlieren.
20.07.2016 02:47
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die in der EU geltenden Regeln zur Bankenrettung in seinem jüngsten Urteil legitimiert. Die Vorgabe der EU-Kommission, dass bei Bankenrettungen erst nachrangige Gläubiger und Aktionäre zur Kasse gebeten werden müssen, bevor Steuergeld eingesetzt werden könne, sei rechtens. Italien setzt sich derzeit in Brüssel dafür ein, Steuergelder zur Stabilisierung des Bankensektors einsetzen zu dürfen. Die EU-Kommission und Länder wie Deutschland und Österreich sind strikt dagegen.

Auf die laufenden Verhandlungen zwischen Italien und der EU-Kommission hat das Urteil offenbar aber keine konkreten Auswirkungen. Dies liegt vor allem daran, dass der EuGh das Bail-in-Prinzip zwar für rechtmäßig erklärte, jedoch Ausnahmen anfügte.

So sei es den EU-Staaten in Ausnahmensituationen auch weiterhin möglich, „die Inhaber nachrangiger Schuldtitel von der Rettung auszunehmen und den Banken mit Steuergeldern unter die Arme zu greifen. Dann bestehe aber das Risiko, dass solche Beihilfen von der EU-Kommission zurückgewiesen würden. Das Urteil könnte Italien in den Verhandlungen mit der Brüsseler Behörde helfen, da Ministerpräsident Matteo Renzi den Instituten seines Landes mit staatlichen Garantien zur Seite springen will2, schreibt das Finanzprotal Onvista.

„Während das Urteil vom Dienstag die Regeln der EU-Kommission unterstützt, steht die Tür im Fall von ‚außergewöhnlichen Umständen‘ weiterhin offen, die von Italien genutzt werden könnten, hofft das Wall Street Journal. Das WSJ ist das Sprachrohr der internationalen Banken, die naturgemäß eine Rettung von Banken aus Steuergeldern bevorzugen. Die meisten Gläubiger einer in Not geratenen Bank sind andere Banken. Bisher hatten es die Banken geschafft, sich jeweils vor dem Haircut aus der Affäre zu ziehen. Die konsequente Anwendung der BRRD, also der EU-Banken-Richtlinie ermöglicht eine Rettung von Banken, ohne die Staatshaushalte zu belasten. Die Verluste müssen die Banken tragen, die in der Regel genau wissen, welchen Risikograd ihre Investments bei anderen Banken haben.

„Während das Urteil klarstellt, dass die Beteiligung der Anleger und Gläubiger eine normale Praxis darstellt, ist es zugleich nicht verpflichtend. Die Regeln sehen nämlich eine Ausnahme vor, wenn ein Bail-in die Finanzstabilität gefährden oder zu unverhältnismäßigen Ergenbnissen führen würde. Jacopo Ceccatelli vom Mailänder Handelshaus Marzotto sagt, dass das Urteil wahrscheinlich ein ernsthaftes Hindernis für die Pläne Italiens darstellen werde“, schreibt Bloomberg. „Das Urteil des EuGH beinhaltet von allem etwas und zitiert im Grunde nur das bestehende Bail-in-Regime, wird Ceccatelli zitiert.

Mitglieder der EU-Kommission scheinen dies ähnlich zu sehen: Befragt, ob das Urteil Einfluss auf die Gespräche habe, sagte Wettbewerbskommissarin Vestager „nein“, berichtet euronews. Die Aktien italienischer Banken gaben am Dienstag nach. Titel von Banca Monte die Paschi di Siena gaben um über 6 Prozent nach. Papiere von Intesa Sanpaolo verloren rund 3 Prozent und jene von UniCredit rund 2,5 Prozent.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Technologie
Technologie DeepSeek zerstört Milliardenwerte: China-KI soll aus Europa verschwinden
02.07.2025

Ein chinesisches Start-up bringt Nvidia ins Wanken, Milliarden verschwinden in Stunden. Doch für Europa ist das erst der Anfang: Die...

DWN
Politik
Politik Gasförderung Borkum: Kabinett billigt Abkommen mit den Niederlanden
02.07.2025

Die Bundesregierung will mehr Gas vor Borkum fördern und stößt damit auf heftigen Widerstand von Umweltschützern. Das Vorhaben soll...

DWN
Immobilien
Immobilien Klimaanlage einbauen: Was Sie vor dem Kauf wissen müssen
02.07.2025

Die Sommer werden heißer – und die Nachfrage nach Klimaanlagen steigt. Doch der Einbau ist komplizierter, als viele denken. Wer nicht in...

DWN
Technologie
Technologie Balkonkraftwerke: 220.000 neue Anlagen binnen sechs Monaten
02.07.2025

Mehr als 220.000 neue Balkonkraftwerke sind in Deutschland binnen sechs Monaten ans Netz gegangen. Während Niedersachsen glänzt, fallen...

DWN
Politik
Politik USA frieren Waffenlieferungen an die Ukraine ein – Prioritäten verschieben sich
02.07.2025

Die USA stoppen zentrale Waffenlieferungen an die Ukraine. Hinter der Entscheidung steckt ein geopolitischer Kurswechsel, der Europa...

DWN
Politik
Politik Stromsteuer: Kommt jetzt die Entlastung für alle?
02.07.2025

Die Stromsteuer spaltet das schwarz-rote Bündnis – und mit ihr die Frage, ob Bürger und Betriebe wirklich entlastet werden. Während...

DWN
Panorama
Panorama Hitzewelle in Deutschland: Temperaturen bis 40 Grad und drohende Unwetter
02.07.2025

Deutschland ächzt unter extremer Hitze, örtlich steigen die Temperaturen auf bis zu 40 Grad. Experten warnen vor Unwettern, Waldbränden...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell stabil: Deutsche Goldinvestments erholen sich – wie Anleger jetzt reagieren sollten
02.07.2025

In den vergangenen Wochen war die Goldpreis-Entwicklung von Volatilität geprägt. Das ist auch zur Wochenmitte kaum anders: Obwohl sich...