Politik

Europarat zeigt Verständnis für Vorgehen der Türkei nach Putschversuch

Der Generalsekretär des Europarats hat Verständnis für das Vorgehen der Türkei nach dem gescheiterten Putsch gezeigt. Es sei notwendig, gegen das Netzwerk vorzugehen, welches die staatlichen Einrichtungen unterwandert habe. Allerdings müssten dabei die Menschenrechte geachtet werden.
03.08.2016 23:03
Lesezeit: 2 min

Zweieinhalb Wochen nach dem Putschversuch in der Türkei hat Europarats-Generalsekretär Thorbjörn Jagland Verständnis für das Vorgehen Ankaras gegen mutmaßliche Anhänger der Gülen-Bewegung gezeigt. Bei einem Besuch in Ankara ermahnte er am Mittwoch die türkische Regierung zugleich, dabei die Menschenrechte zu achten. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan forderte die USA erneut auf, den Prediger Fethullah Gülen auszuliefern.

Ankara macht Gülens einflussreiches Netzwerk für den versuchten Staatsstreich von Mitte Juli verantwortlich. Der im US-Bundesstaat Pennsylvania lebende Prediger bestreitet, der Drahtzieher zu sein. Seit dem gescheiterten Militärputsch wurden in der Türkei bereits mehr als 18.000 Menschen festgenommen, zumeist weil ihnen nachgesagt wurde, der Gülen-Bewegung nahezustehen.

Es sei „notwendig, gegen diejenigen vorzugehen, die hinter dem Coup gesteckt haben, und auch gegen dieses geheime Netzwerk, das die staatlichen Institutionen, die Armee und die Justiz infiltriert hat“, sagte Jagland nach einem Gespräch mit dem türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu. Von Europa habe es bislang „zu wenig Verständnis“ dafür gegeben, welche „Herausforderung“ der Putschversuch „für die demokratischen und staatlichen Institutionen der Türkei bedeutet“. Über die Gülen-Bewegung sei Europa „schon sehr lange informiert“ gewesen. „Deshalb sehen wir eine Notwendigkeit, da zu säubern.“

Bei der Strafverfolgung müssten aber die Prinzipien der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Rechtsstaatlichkeit eingehalten werden, forderte Jagland. Dazu gehöre „das Prinzip, dass jeder so lange unschuldig ist, solange seine Schuld nicht bewiesen wurde“. Der Europaratschef lobte in dieser Hinsicht die Zusammenarbeit Ankaras mit dem Europarat. Cavusoglu sagte, die Türkei habe nie ihre Zusagen hinsichtlich des Europarats vergessen. „Wir haben in unserem Verständnis von Demokratie nie Kompromisse gemacht und werden das auch nie tun.“

Der Europarat setzt sich für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in seinen Mitgliedstaaten ein, zu denen auch die Türkei zählt. Jagland wollte am Mittwoch auch Erdogan treffen. Dieser kritisierte die USA erneut dafür, Gülen noch nicht ausgeliefert zu haben. Dem mexikanischen Sender Televisa sagte er, die Türkei habe im „Kampf gegen den Terrorismus keine Zeit zu verlieren“.

Bereits mehrfach forderte die türkische Führung von den USA die Auslieferung Gülens, Washington fordert jedoch zunächst Beweise für dessen angebliche Verstrickung in den Putschversuch. Erdogan sagte dazu: Man müsse „blind“ sein, „um nicht zu verstehen, dass er hinter all dem steckt“.

Bei der türkischen Bevölkerung entschuldigte sich Erdogan am Mittwoch für seine einst engen Verbindungen zu Gülen. „Ich bin traurig, dass es mir nicht viel früher gelungen ist, das wahre Gesicht dieser verräterischen Organisation aufzudecken“, sagte er bei einer Religionskonferenz in Ankara. Er habe die Bewegung trotz unterschiedlicher Auffassungen persönlich unterstützt, weil er geglaubt habe, dass es einen „gemeinsamen Nenner“ gebe. „Wir haben sie toleriert, weil sie 'Allah' gesagt haben“, sagte Erdogan.

Nach dem Putschversuch hatte es auch auf dem Luftwaffenstützpunkt Incirlik Festnahmen gegeben, wo auch die Bundeswehr präsent ist. Inzwischen gelten dort erhöhte Sicherheitsmaßnahmen. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sagte am Mittwoch, die "Auswirkungen der Umbruchsituation in den türkischen Streitkräften" seien in Incirlik spürbar. Die USA und "andere befreundete Nationen auf der Basis in Incirlik" hätten deshalb die Sicherheitsmaßnahmen hochgefahren. "Das haben wir auch getan." Es handele sich um eine "reine Vorsorgemaßnahme zum Schutz unserer Soldaten".

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundesbank: Deutsche Exportwirtschaft verliert deutlich an globaler Stärke
14.07.2025

Die deutsche Exportwirtschaft steht laut einer aktuellen Analyse der Bundesbank zunehmend unter Druck. Branchen wie Maschinenbau, Chemie...

DWN
Immobilien
Immobilien Gebäudeenergiegesetz: Milliardenprojekt für 1,4 Billionen Euro – hohe Belastung, unklare Wirkung, politisches Chaos
14.07.2025

Die kommende Gebäudesanierung in Deutschland kostet laut Studie rund 1,4 Billionen Euro. Ziel ist eine Reduktion der CO₂-Emissionen im...

DWN
Politik
Politik EU plant 18. Sanktionspaket gegen Russland: Ölpreisobergrenze im Visier
14.07.2025

Die EU verschärft den Druck auf Moskau – mit einer neuen Preisgrenze für russisches Öl. Doch wirkt die Maßnahme überhaupt? Und was...

DWN
Technologie
Technologie Datenschutzstreit um DeepSeek: Deutschland will China-KI aus App-Stores verbannen
14.07.2025

Die chinesische KI-App DeepSeek steht in Deutschland unter Druck. Wegen schwerwiegender Datenschutzbedenken fordert die...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 unter Druck – Sommerkrise nicht ausgeschlossen
14.07.2025

Donald Trump droht mit neuen Zöllen, Analysten warnen vor einer Sommerkrise – und die Prognosen für den S&P 500 könnten nicht...

DWN
Politik
Politik Wenn der Staat lahmt: Warum die Demokratie leidet
14.07.2025

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnt eindringlich vor den Folgen staatlicher Handlungsunfähigkeit. Ob kaputte Brücken,...

DWN
Politik
Politik Fluchtgrund Gewalt: Neue Angriffe in Syrien verstärken Ruf nach Schutz
14.07.2025

Trotz Versprechen auf nationale Einheit eskaliert in Syrien erneut die Gewalt. Im Süden des Landes kommt es zu schweren Zusammenstößen...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersarmut nach 45 Beitragsjahren: Jeder Vierte bekommt weniger als 1300 Euro Rente
14.07.2025

Auch wer sein Leben lang gearbeitet hat, kann oft nicht von seiner Rente leben. Dabei gibt es enorme regionale Unterschiede und ein starkes...