Politik

Erste Raiffeisen-Bank verlangt Strafzinsen für Privatkunden

Die Raiffeisen-Bank Gmund am Tegernsee führt Strafzinsen für Privatkunden ein: Sie ist die erste Bank aus dem Raiffeisen-Verbund. Der Verband der Raiffeisen- und Volksbanken sagt, diese Entscheidung werde nicht zwangsläufig in ganz Deutschland Nachahmer finden.
21.08.2016 02:57
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Eine kleine bayerische Genossenschaftsbank verlangt von September an von Privatkunden mit großen Summen auf dem Konto einen Strafzins. Josef Paul, Vorstandsmitglied der Raiffeisenbank Gmund am Tegernsee, bestätigte Reuters, dass das Institut für Einlagen von mehr als 100.000 Euro auf Giro- oder Tagesgeld-Konten ein "Verwahr-Entgelt" von 0,4 Prozent erheben werde. "Wir haben alle Großanleger gezielt angeschrieben und ihnen empfohlen, sich Gedanken zu machen", sagte Paul der Nachrichtenagentur Reuters. "Wenn man keine Anreize schafft, etwas zu verändern, verändert sich auch nichts", begründete er den Schritt. Viele Banken suchen nach Wegen, mit den niedrigen Zinsen fertig zu werden. Sie schaffen kostenlose Girokonten ab oder erhöhen die Gebühren für Kontoführung und Kreditkarten.

Strafzinsen, wie es sie für Firmenkunden und institutionelle Anleger seit fast zwei Jahren gibt, galten bei Privatkunden aber bisher als Tabu. Dabei zahlen die Banken selbst 0,4 Prozent, wenn sie überschüssige Einlagen über Nacht bei der Europäischen Zentralbank (EZB) parken. Auch die DZ Bank, das Spitzeninstitut der Volks- und Raiffeisenbanken, verlangt von seinen angeschlossenen Instituten dafür Zinsen.

Nur die Skatbank, eine zum Genossenschaftssektor gehörende Direktbank aus dem thüringischen Altenburg, hatte für Beträge über eine halbe Million Euro schon 2014 Negativzinsen eingeführt. Die ebenfalls genossenschaftliche Alternativ-Bank GLS plant im Kampf gegen das Zinstief von den Kunden einen monatlichen "Solidarbeitrag" zu erheben.

Der Bundesverband der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken (BVR) erwartet nicht, dass das Beispiel aus Oberbayern Schule macht. "Der BVR glaubt nicht, dass wir in Deutschland im Privatkundengeschäft in der Breite Negativzinsen sehen werden - nicht zuletzt auf Grund der intensiven Wettbewerbssituation im deutschen Bankenmarkt." Auch in Gmund sei das klassische Breitengeschäft nicht betroffen.

Laut Raiffeisenbank-Vorstand Paul hat der Strafzins schon Wirkung gezeigt. "Ein Teil der Kunden, die wir informiert haben, hat sich für alternative Anlagen entschieden, andere haben ihr Geld zu anderen Banken verlagert." Eine Ausweitung auf weniger wohlhabende Kunden sei nicht geplant.

Die Raiffeisenbank Gmund mit sechs Filialen rund um den Tegernsee und einer Bilanzsumme von 145 Millionen Euro eine der kleineren Genossenschaftsbanken in Deutschland. Sie hat einen deutlichen Einlagenüberhang, kann also die Einlagen ihrer Kunden nur zum Teil in Form von Krediten weitergeben.

Der Genossenschaftsverband Bayern (GVB), dem die 269 Volks- und Raiffeisenbanken im Freistaat angehören, äußert Verständnis für sein Mitglied vom Tegernsee. "Der extreme geldpolitische Kurs der EZB verursacht bei allen Banken erhebliche Kosten", sagte ein Sprecher. Auf Dauer könnten die Banken das nicht selbst tragen, und sichten nach Auswegen. "Dazu kann es in letzter Konsequenz auch gehören, einen Auslagenersatz für Einlagen ins Auge zu fassen." Der GVB kenne aber keine Bank mit solchen Plänen. Auch ein Sprecher des Sparkassen-Verbandes DSGV sagte, ihm sei unter den 408 Sparkassen keine bekannt, die eine Verwahrgebühr von Privatkunden verlange

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Erdgas aus Bayern? Probebohrung könnte Gasförderung einleiten
12.08.2025

Im oberbayerischen Reichling am Ammersee hat am vergangenen Freitag eine umstrittene Probebohrung nach Erdgas begonnen. Sollte sich dabei...

DWN
Finanzen
Finanzen Novo Nordisk-Aktie in der Krise: Anleger fordern Aktienrückkauf trotz Gewinneinbruch
12.08.2025

Die Novo Nordisk-Aktie ist seit ihrem Höchststand um mehr als 65 Prozent abgestürzt – nun verlangen Investoren milliardenschwere...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Solarförderung – Reiches Pläne sorgen für Gegenwind
11.08.2025

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) will die staatliche Förderung für neue kleine Solaranlagen streichen. Der...

DWN
Politik
Politik Betriebliche Altersvorsorge: Reform der bAV - das soll sich per Gesetz bei der Betriebsrente ändern
11.08.2025

Die betriebliche Altersvorsorge (bAV) soll die zweite Säule der Rente neben der gesetzlichen und der privaten Vorsorge sein. Leider ist...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Berentzen gibt nicht auf – Streit mit Paulaner um Spezi-Design eskaliert
11.08.2025

Im Rechtsstreit um das Spezi-Getränk zwischen dem niedersächsischen Getränkehersteller Berentzen und Paulaner startet die nächste...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Mercedes-Aktie kämpft schwer – Einblicke vom Konzernchef
11.08.2025

Mercedes-Benz meldete zuletzt einen deutlichen Gewinneinbruch. Konzernchef Ola Källenius spricht von einem komplexen Umfeld und benennt...

DWN
Finanzen
Finanzen KI-Sektor nicht nur Nvidia: Wo Anleger Wachstumspotenzial finden können
11.08.2025

KI ist mehr als Nvidia – doch ohne Strom, Daten und Infrastruktur droht der Hype zu platzen, warnt Kapitalmarktprofi Mantvidas Žėkas...

DWN
Finanzen
Finanzen Novo Nordisk-Aktie nach 5-Jahrestief volatil: Wie geht es weiter und welche Rolle spielen die US-Börsen?
11.08.2025

Die Novo Nordisk-Aktie zeigt sich zum Start in die neue Handelswoche volatil. Nach einer Abstufung der UBS war das Papier des dänischen...