Politik

Flüchtlingslager: Anwohner blockerien Zufahrt zum „Dschungel“ von Calais

Lesezeit: 2 min
06.09.2016 02:06
Anwohner des Flüchtlingslagers von Calais demonstrieren gegen die „haltlosen Zustände“ in der Nachbarschaft der umstrittenen Einrichtung. Die Demonstranten fordern finanzielle Unterstützung von der Regierung. Die Zustände in dem Lager sind in höchstem Maß menschenunwürdig.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Lastwagenfahrer, Landwirte und Anwohner haben gegen das Flüchtlingslager im nordfranzösischen Calais protestiert und eine schnelle Schließung gefordert. Die Demonstranten blockierten am Montag mit dutzenden LKWs und Traktoren eine Autobahn in der Region, wie Journalisten der Nachrichtenagentur AFP berichteten. Calais ist schon seit längerem einer der Brennpunkte der europäischen Flüchtlingskrise: In dem auch als „Dschungel“ bekannten Flüchtlingslager leben mindestens 6900 Menschen.

Dutzende Lastwagen und Traktoren fuhren am Montagmorgen von zwei Städten aus extra langsam Richtung Calais und sorgten so für lange Staus. Rund 400 Demonstranten – Ladenbesitzer, Hafenarbeiter und Bewohner der Region – setzten sich zudem von Calais aus zu Fuß in Bewegung. Viele von ihnen trugen T-Shirts mit der Aufschrift „Ich liebe Calais“, auf Spruchbändern standen Slogans wie „Die Bewohner von Calais sind eingesperrt, die Flüchtlinge sind frei!“

An der Demonstration beteiligte sich zwischenzeitlich auch die konservative Bürgermeisterin von Calais, Natacha Bouchart. Nahe der Zufahrt zum Tunnel unter dem Ärmelkanal blockierten die Protestierenden dann eine Autobahn.

„Wir werden uns nicht bewegen“, sagte Frédéric Van Gansbeke, Sprecher eines Zusammenschlusses von Ladenbesitzern und Unternehmern aus der Region. „Wir warten auf Antworten der Regierung.“ Er forderte unter anderem Finanzhilfen für Unternehmen: Viele Firmen hätten sich verschuldet, weil sie wegen der Flüchtlinge ihre Sicherheitsvorkehrungen hätten verstärken müssen.

Im Flüchtlingslager von Calais leben den Behörden zufolge 6900 Flüchtlinge und damit so viele wie nie zuvor seit seiner Entstehung im Frühjahr 2015. Hilfsorganisationen sprechen sogar von mehr als 9000 Bewohnern. Die meisten der Flüchtlinge hoffen, über den Ärmelkanal nach Großbritannien zu kommen.

Immer wieder stoppen Flüchtlinge vor dem Eingang des Hafens von Calais Lastwagen, um an Bord der Fahrzeuge versteckt auf Fähren zu gelangen. Transportunternehmen kritisieren die Zustände schon seit langem als unhaltbar. Einzelhändler in Calais beklagen negative Auswirkungen auf ihr Geschäft.

„Wir fragen uns jeden Morgen, ob unser Arbeitstag verdorben wird, ob ein Flüchtling eine LKW-Plane aufschlitzt“, sagte der Chef eines Transportunternehmens, Nicolas Lotin. „Wenn die Ladung beschädigt wird, dann müssen wir wieder ganz von vorne anfangen.“

Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve hatte Ende vergangener Woche zwar eine Schließung des Lagers angekündigt; einen präzisen Zeitplan nannte er aber nicht. Bereits im März hatten die Behörden den südlichen Teil des Flüchtlingslagers geräumt. Die Flüchtlinge wichen aber einfach in den nördlichen Teil des Lagers aus, die Zahl der Bewohner wuchs weiter.

Nach Frankreich sind viel weniger Flüchtlinge gekommen als beispielsweise nach Deutschland. Trotzdem hat das Land große Schwierigkeiten bei ihrer Unterbringung. Die Regierung will in Aufnahmezentren mehr Plätze schaffen – viele Flüchtlinge wollen aber gar nicht in Frankreich Asyl beantragen, sondern setzen auf eine Weiterfahrt nach Großbritannien.


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Deutsche Soldaten an Russlands Grenze: Ein Zeichen der Stärke für das Baltikum?
06.10.2024

Estland, Lettland und Litauen rüsten auf, auch mit deutscher Hilfe. Kann die Machtdemonstration einen weiteren Konflikt mit Russland...

DWN
Panorama
Panorama 75 Jahre DDR-Gründung: Was bleibt von damals?
06.10.2024

Vor 35 Jahren endete die DDR durch die friedliche Revolution – anders als die dramatischen Anfänge des SED-Regimes. Doch die Spuren der...

DWN
Finanzen
Finanzen Zinswende in USA und Europa: Wie Anleger sich jetzt ideal aufstellen
06.10.2024

Die Notenbanken treiben die Angst vor der Rezession um und veranlassten sie zu Zinssenkungen. Was bedeutet die Zinswende für Anleger und...

DWN
Immobilien
Immobilien Kaminofenverbot ab 2025: Neue Grenzwerte und bis zu 50.000 Euro Strafe
06.10.2024

Ab 2025 tritt ein bundesweites Immissionsschutzgesetz in Kraft, nachdem viele Kaminöfen in deutschen Haushalten entweder modernisiert oder...

DWN
Panorama
Panorama 66 Jahre und noch längst kein Ende: Was bedeutet es, heute alt zu sein?
06.10.2024

Die Generation der aktiven Senioren fährt E-Bike und trainiert im Fitnessstudio: Immer mehr Menschen in Deutschland werden deutlich älter...

DWN
Immobilien
Immobilien Immowelt-Umfrage: So viel kostet die Energiesanierung Immobilienbesitzer
06.10.2024

Laut einer Umfrage geben Immobilienbesitzer 2024 im Durchschnitt 37.000 Euro für Energiesanierungen aus. Ein stolzer Betrag, wobei mehr...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Umstellung auf die E-Rechnung ab 2025: Was das für Unternehmen bedeutet
05.10.2024

Ab Januar 2025 wird sie Pflicht – die E-Rechnung. Deutsche Unternehmen sind ab dann verpflichtet, im Geschäftsverkehr mit anderen...

DWN
Politik
Politik Nato-Führungswechsel: Startet Rutte eine neue Ära?
05.10.2024

Die Suche nach einem neuen Nato-Generalsekretär dauerte länger als ursprünglich gedacht. Nun kommt es jedoch zum erwarteten Wechsel....