Politik

Belgischer Finanzminister: Pessimisten sind schuld an Euro-Krise

Der belgische Finanzminister behauptet, sein Land sei ein gutes Beispiel dafür, wie leicht die Euro-Krise zu lösen sein. Die Krise werde nur zurückkehren, wenn die Pessimisten in Europa die Oberhand behalten. Analysten sehen dagegen jede Menge objektiver Gründe, warum Belgien noch lange nicht über den Berg ist.
28.03.2012 17:45
Lesezeit: 2 min

Der belgische Finanzminister Steven Vanackere lobt die positive wirtschaftliche Entwicklung seines Landes. Nach dem Risiko der Sanktionierung wegen einem zu hohen Haushaltsdefizit im vergangenen Jahr sei Belgien jetzt wieder „zurück im Spiel“. Er hat keine Zweifel daran, dass Belgien bis 2015 einen ausgeglichenen Haushalt haben wird. Statt großer Veränderungen, habe man viele kleine Maßnahmen getroffen. Damit könne das Land als Vorbild für andere EU-Länder dienen.

Peter De Keyzer, Chef-Ökonom der Bank BNP Paribas Fortis, erklärt die Ursachen des „belgischen Wunders“ im EU-Observer ganz anders: Die schnelle Verringerung des Haushaltsdefizits seien nichts auf besondere Maßnahmen der Regierung, sondern auf externe und nicht beabsichtigte Entwicklungen zurückzuführen.

Da Belgien bis Herbst vergangenen Jahres mehr als 500 Tage keine Regierung hatte, wurden auch, im Gegensatz zu den Nachbarländern, keine Sparmaßnahmen ergriffen. Somit kam es hier auch nicht zu Einschränkungen des Konsums und die Wirtschaft konnte weiter wachsen. Die Maßnahmen von der im Herbst angetretenen Regierung können noch gar nicht weitgehende Veränderungen erzielt haben.

Auch die geringen Zinsen auf belgische Staatsanleihen könne die Regierung nicht für sich verbuchen. Diese seien eher auf die Drei-Jahres-Tender der Europäischen Zentralbank und den Regierungswechsel in Italien zurückzuführen. Langfristig seien die geringen Wachstumserwartungen infolge der nun eingetretenen Sparpolitik in Belgien eines der größten Probleme.

Vanackere weiß auch heute schon, wer die Schuld an der künftigen Misere trägt. Im Grunde, so sagt er, sei die Schuldenkrise bereits überwunden. Allerdings könne Europa relativ leicht wieder in die Krise geraten – wenn nämlich die Kritiker der Schönfärberei die Oberhand behalten. Die größte Gefahr sei nach Einschätzung von Vanackere ist, dass „wieder Pessimismus und Irrationalität aufkommt“.

Beispielhaft für die um sich greifende, negative Haltung sei ein Treffen der EU-Finanzminister zu Griechenland gewesen. In allen Szenarien, die besprochen wurden, sei davon ausgegangen worden, dass das griechische BIP im Jahr 2020 geringer sein werde als 1996. „Das heißt wir erwarten, dass Griechenland nicht in der Lage sein wird, zu einem normalen Wirtschaftswachstum zurückzukehren“, so Vanackere.

An diese schlechte Aussicht habe man sich mittlerweile gewöhnt. Doch untereinander würden sich die Finanzminister ganz anders geben. Sie seien in Anbetracht der Maßnahmen zuversichtlich. Die Chancen, dass sich die EU bald wieder erholt stehen zwar hoch, doch die Art und Weise, wie damit umgegangen wird, könnte das Gegenteil bewirken. „Mit der großen Vorsicht, die an den Tag gelegt wird, um bei den Finanzmärkten glaubwürdig zu erscheinen, schneidet man sich ins eigene Fleisch“, sagt Vanackere.

Offenbar hat der belgische Finanzminister das Buch von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy gelesen, welches dieser zum Jahreswechsel an verschiedene Top-Politiker verschenkt hatte. Das Thema: „Die Kraft des positiven Denkens“.

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