Deutschland

Merkel: ESM und EFSF können theoretisch Staatsanleihen kaufen

Lesezeit: 2 min
21.06.2012 01:49
Bundeskanzlerin Angela Merkel hält die Rettung von in Bedrängnis geratenen europäischen Staaten über den EFSF und den ESM für eine theoretische Möglichkeit. Wenn daran harte Bedingungen geknüpft sind, kann sich Merkel diese Variante wohl auch praktisch vorstellen.

Beim G 20 Gipfel hat der italienische Premier Mario Monti angeregt, der EFSF solle Staatsanleihen von notleidenden Euro-Staaten kaufen (hier). Unterstützung für diese Forderung erhielt Monti vom französischen Präsidenten Francois Hollande (hier). Die Bond-Märkte sind von dieser Idee ausgesprochen irritiert, weil die bisherigen Halter von Staatsanleihen durch diesen Schritt im Rang hinter die offiziellen Gläubiger zurücktreten müssten. Dies ist für die großen institutionellen Anleger wie Pensionsfonds nicht hinnehmbar, weil sie damit den Verlust der von ihnen verwalteten Vermögen riskieren (hier). In Brüssel wird bereits an Alternativen gearbeitet, von denen jedoch noch keiner genau weiß, wie sie aussehen können (hier).

Bei einer Pressekonferenz mit dem niederländischen Regierungschef Mark Rutte nahm Merkel erstmals offiziell zu der Möglichkeit Stellung. Ein Journalist fragte sie: „Frau Bundeskanzlerin, es gab heute mehrere Zeitungsmeldungen, wonach es Gedankenspiele in Bezug darauf gibt, der Rettungsschirm EFSF könnte spanische Anleihen kaufen. In diesen Meldungen stand auch, Sie könnten sich mit diesem Gedanken anfreunden und hätten nichts dagegen. Meine Frage: Ist das so? Wenn Spanien einen solchen Antrag stellen sollte, wären Sie dafür, dass die EFSF Anleihen kauft? Welche anderen Möglichkeiten sehen Sie, das spanische Zinsproblem zu lösen?”

Merkels Antwort war diplomatisch und doch bemerkenswert. Die Kanzlerin bestritt zunächst, dass das Thema in Mexiko diskutiert worden sei: „Ich habe von solchen Dingen nichts gehört.“

Allerdings ließ sie anklingen, dass das Thema nicht aus der Luft gegriffen ist. Merkel: „Richtig ist, dass sowohl der EFSF als auch dem ESM unter den Optionen, die vertraglich möglich sind, der Ankauf von Sekundäranleihen am Markt möglich ist. Dies steht jetzt aber nicht zur Debatte. Wir wissen, dass Spanien einen Antrag auf die Rekapitalisierung der Banken stellen will, und ich glaube, jetzt ist es sehr wichtig, dass dieser Antrag dann, wenn er kommen wird, auch spezifiziert ist, damit die Märkte wissen, was dahinter steckt. Dann wird, glaube ich, auch wieder mehr Sicherheit eintreten, weil hierbei gerade die Banken eine Schlüsselfunktion innehaben.“

Für Merkel scheint die Idee, das Problem der steigenden Zinssätze für Staatsanleihen mit Zahlungen aus den Rettungsschirmen zu lösen, noch nicht aktuell zu sein: „Es gibt keine konkreten Planungen, die mir bekannt sind, aber es gibt die Möglichkeit für EFSF und ESM, auf dem Sekundärmarkt Staatsanleihen zu kaufen, natürlich immer mit einer Konditionalität verbunden. Aber das ist eine rein theoretische Aussage zur vertraglichen Lage.“

Rein praktisch fordern jedoch immer mehr europäische Leistungsträger, die Rettungsfonds zu aktivieren. Das französische Direktoriumsmitglied Benoît Cœuré sagte der FT: „Es ist sicherlich ein Mysterium, warum man dem EFSF vor fast einem Jahr erlaubt hat, Interventionen auf dem Sekundärmarkt vorzunehmen, und warum sich die Regierungen noch nicht dazu entschlossen haben, diese Möglichkeit zu nutzen.“ Die EZB sei jedenfalls nicht dazu da, stellte Cœuré klar. Die Europäische Zentralbank hat seit Monaten keine Staatsanleihen mehr gekauft. Sie vertritt den Standpunkt, die europäische Staatsschuldenkrise müsse politisch gelöst werden und nicht über das Instrument der Geldpolitik.

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Politik
Politik Europaparlament billigt neue EU-Schuldenregeln nach langwierigen Debatten
23.04.2024

Monatelang wurde über Europas neue Regen für Haushaltsdefizite und Staatsschulden diskutiert. Die EU-Abgeordneten sprechen sich nun für...

DWN
Immobilien
Immobilien Bauministerin: Innenstädte brauchen vielfältigere Angebote
23.04.2024

Klara Geywitz wirbt für mehr Vielfalt in den deutschen Innenstädten, um damit stabilere Immobilienmärkte zu unterstützen. Ein Mix von...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Palantir: Wie Vorurteile die sinnvolle Anwendung von Polizei-Software behindern
23.04.2024

Palantir Technologies ist ein Software-Anbieter aus den USA, der entweder Gruseln und Unbehagen auslöst oder Begeisterung unter seinen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen 20 Jahre EU-Osterweiterung: Wie osteuropäische Arbeitskräfte Deutschland unterstützen
23.04.2024

Zwei Jahrzehnte nach der EU-Osterweiterung haben osteuropäische Arbeitskräfte wesentlich dazu beigetragen, Engpässe im deutschen...

DWN
Finanzen
Finanzen Der DWN-Marktreport: Spannung und Entspannung – Geopolitik sorgt für Bewegung bei Aktien und Rohstoffen
23.04.2024

Die hochexplosive Lage im Nahen Osten sorgte für reichlich Volatilität an den internationalen Finanz- und Rohstoffmärkten. Nun scheint...

DWN
Finanzen
Finanzen Staatsverschuldung auf Rekordhoch: Steuerzahlerbund schlägt Alarm!
23.04.2024

Der Bund Deutscher Steuerzahler warnt: Ohne Kehrtwende droht der fiskalische Abgrund, trotzdem schöpft die Bundesregierung das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Zahl der Apotheken in Deutschland sinkt weiter - Verband alamiert
23.04.2024

Laut neuen Zahlen gibt es immer weniger Apotheken-Standorte. Der Apothekerverband spricht von „alarmierenden Zeichen“ und erklärt,...

DWN
Finanzen
Finanzen Silber im Aufschwung: Das Gold des kleinen Mannes holt auf
23.04.2024

Silber hinkt traditionell dem großen Bruder Gold etwas hinterher. In den letzten Wochen hat der Silberpreis massiv zugelegt. Was sind die...